
Die Sendung „Raus aus Teufelsküche“ brachte Alain Weissgerber wieder vor die Kamera – was lange Zeit nicht sein Ding war.
©Sophie KirchnerSternekoch Alain Weissgerber erzählt WOMAN beim Lunch von seiner neuen Kulinarikshow – und warum er in vielen Lokalen eher ungern isst.
Schlecht gehende Lokale treffen auf die messerscharfe Expertise von Spitzenköch:innen, so das Konzept der international erfolgreichen Sendung „Raus aus Teufelsküche“, deren Österreich-Version am 20. Mai auf PULS 4 und JOYN startet. Mit dabei ist der Koch des Jahres 2024 Alain Weissgerber, der mit Ehefrau Barbara Eselböck das Sternerestaurant „Taubenkobel“ samt kunstsinnigem Hotel und Greißlerei in Schützen am Gebirge führt.
Wir sitzen in einer ruhigen Ecke des Taubenkobels, Sie haben sich für einen frühen Lunch freigespielt. Beim Warten habe ich Ihr Team beobachtet: Jeder Handgriff sitzt, die Abläufe wirken unaufgeregt, harmonisch, souverän. Und ich habe mir gedacht: Kein Wunder, dass man Ihnen eine Show angeboten hat, in der es darum geht, Lokale zu retten. Sie wissen offensichtlich, was Sie tun.
Wir sind ein super Team, meine Frau, ich, die Mitarbeiter:innen. Das ist ein großer Teil des Erfolgs, egal welche Art von Gastronomie du machst. Das Drumherum ist mindestens genauso wichtig wie die Küche, vielleicht sogar oft wichtiger. Das Essen muss schon schmecken, aber die Menschen kommen nur dann wieder, wenn sie sich wohlgefühlt und eine Gaudi gehabt haben. Wenn es mir geschmeckt hat, aber der Raum schirch oder der Kellner mit den weißen Handschuhen unangenehm steif war, dann bleibt es bei dem einen Besuch. Wir setzen ja ganz unterschiedliche Konzepte um, vom Fine Dining bis zur Greißlerei. Überall ist es so, dass du dich immer wieder erfinden und auf neue Gegebenheiten einstellen musst, dabei aber deine Identität und Philosophie kennen und diesen treu bleiben musst. Wenn das Gesamtkonzept stimmt, bist du schon mal gut beraten. Das ist bei uns definitiv so.


Lunchtalk: Susanne Jelinek lauschte Weissgerbers „Teufelsküche“-Anekdoten. Der Sternekoch erinnert sich besonders gern an jene Kandidat:innen, die nicht wussten, wer er war.
© Sophie KirchnerSie können sich nicht gerade über zu wenig Arbeit beschweren. Was hat Sie daran gereizt, noch eine Aufgabe zu übernehmen und Teil einer Fernsehproduktion zu sein?
Ich habe vor langer Zeit schon mal fürs Fernsehen gedreht, und ehrlich: Dorthin zurückzukehren, war nie mein Plan. Es war eben nicht mein Ding, ich habe mich vor Kameras nie wirklich wohlgefühlt. Nach den Dreharbeiten zu „Raus aus Teufelsküche“ ist das anders, ich tue mir jetzt leichter. Ich musste diese Sendung nicht machen. Das klingt arrogant, ist aber nicht so gemeint. Was ich damit nur sagen will, ist, dass ich sowieso genug zu tun habe. Und ich habe auch kein Interesse daran, berühmt zu sein. So etwas ist mir egal. Mich hat einfach das Konzept gereizt, es war für mich mal etwas anderes. Beim Drehen selbst habe ich dann gemerkt, dass es mich nicht anstrengt und ich es spannend finde. Vieles hat mich sehr berührt, weil es nicht nur ums Kochen oder Wirtschaftliches ging, sondern um die Menschen. Nach kurzer Zeit kamen jedes Mal Dinge ans Licht, die die jeweilige Situation interessant und überraschend gemacht haben.


Das Auge isst mit: Forelle und Rettich mit Molke und Nelkenblüten.
© Sophie KirchnerHaben Sie eigentlich schon einige der Folgen gesehen?
Ja, ich habe zum Teil Tränen gelacht. Es ist ja so: Hier im Taubenkobel wissen alle, wer ich bin, und so verhalten sich die Menschen mir gegenüber dann auch. Nicht so in diesen Lokalen. Da gab es so Statements wie: „Was glaubt der eigentlich? Kommt hierher und macht sich wichtig!“ Und ich habe auch ungeschönt gesagt, wie ich die Dinge sehe. Etwa wenn etwas so schrecklich war, dass ich es nicht essen konnte. Na ja, und dann gibt es halt auch Momente, wo es mich beim Anschauen drückt, weil sie so emotional sind und Tränen fließen.
Denken Sie, dass Sie mit dem, was während der Sendung in einem Lokal passiert, nachhaltig etwas verändern können?
Realistisch betrachtet: In drei Drehtagen etwas herumzubiegen, ist schwierig. Aber von manchen Gastronom:innen bekomme ich immer noch Mails, in denen sie sich bedanken und berichten, wie es jetzt läuft. Einige haben die Ratschläge angenommen. Was langfristig herauskommt, wird sich zeigen.
Ihrer Erfahrung nach: Welchen Fehler machen die meisten Gastronominnen und Gastronomen, bei denen es nicht läuft?
Es gibt die einen, die viel Geld auf der Seite haben und sich denken, ein Restaurant sei ein super Investment. Und dann gibt es die anderen, die kein Geld haben und das Ganze total romantisieren. Beides funktioniert meistens nicht. Heutzutage ist es sehr hart, etwas aufzusperren. Du musst richtig gut sein, besser als das Umfeld, wirkliche Ahnung von dem haben, was du tust, und ein super Team haben – sonst überlebst du nicht.


Der „Taubenkobel“: Vom sternegekrönten Fine Dining über das kunstsinnige Hotel bis zur heimeligen Greißlerei – ein gekonntes Gesamtkonzept. taubenkobel.com
© Sophie KirchnerWomit haben Sie sich in den Lokalen eigentlich am schwersten getan?
Mit der Sauberkeit. Oft wollte ich einen Neoprenanzug anziehen. Wenn du in den Tiefkühler schaust oder die verklebte Lüftung siehst – grausam.
Gehen Sie seither noch gern essen?
Da war ich aus diesem Grund sowieso immer wählerisch. Ich bin jemand, der nicht oft Neues ausprobiert, sondern lieber in die Restaurants, denen er vertraut, regelmäßig geht. In Wien sind das etwa das „Fabio’s“ und das „Everybody’s Darling“, das eben einen Stern bekommen hat. Dort passen Geschmack, Qualität, Team, Ambiente – und die Öffnungszeiten. Die sind für uns Gastronom:innen ja oft gar nicht so einfach, weil wir nur essen gehen können, wenn die meisten Lokale geschlossen sind. Vor Kurzem war ich etwa sehr spät im „Thell“, dem früheren „Motto“, das dafür bekannt ist, dass die Küche lange geöffnet hat. Das Rinder- filet war fantastisch, das Publikum lebendig und lustig, die Stimmung super. In solche Restaurants gehe ich gerne wieder.