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Warten auf Ringo Starr in Monaco

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Wann treffe ich den Ex-Beatle?

Ich wurde von einer Luxuspflegemarke nach Monaco eingeladen. Sehr viele Blogger*innen aus aller Welt kamen zu diesem internationalen Drei-Tages-Event und ein paar wenige Journalist*innen. Aus Österreich war ich die einzige. Noch vor ein paar Jahren war es genau umgekehrt: da traf man auf diesen glamourösen Veranstaltungen vorwiegend Journalist*innen und ein paar wenige Blogger*innen. Sie heißen heute auch nicht mehr Blogger und Bloggerinnen, sondern nennen sich „Content Creator.“ Zu Recht, übrigens: Sie produzieren in Dauerschleife Inhalte, die sie sofort bearbeiten, vertonen, zusammenschneiden und dann auf Instagram oder Tik Tok hochladen. Das ist viel Arbeit. 

Dafür verdienen die Content Creators auch viel mehr als Journalist*innen. Einer kam aus dem asiatischen Raum, ich glaube aus Taiwan. Er war keine 30, hatte sich aber für den Aufenthalt einen Mercedes mit Chauffeur gemietet, der ihn zu den einzelnen Locations fuhr. Unser Shuttle-Service hat er verweigert. Andere Content-Macher*innen stürmten im Vorbeigehen Monte Carlos Luxusboutiquen, kauften sich schnell mal ein Paar Lederschlapfen bei Hermès oder einen Ring bei Cartier, warum auch nicht, wenn man gerade mal hier ist. Journalist*innen können sich neben ihnen leicht arm und alt vorkommen.

Eigentlich aber wollte ich über Monaco schreiben. Dass ich dort das erste Mal mit 15 war, mit meinen Eltern und meinem Bruder. Wir haben einen Camping-Urlaub an der italienischen Rivera gemacht, mit einem großen Wohnzelt und einem Kajakboot. Mit dem Boot am Autodach sind wir damals, es war 1984, für einen Tag nach Monte Carlo gefahren. Ich weiß noch, dass mich die Lifte und Rolltreppen sehr beeindruckt haben, mit denen man über die steilen Felsen rauf zur Altstadt kam, ohne dass man sich anstrengen musste, Meeresblick inklusive.

ALS TEENAGER VOR DEN TÜREN DES CASINOS

Interessiert hat mich aber nur das Casino. Ich wollte unbedingt hinein, war aber zu jung dafür. Dabei wollte ich gar nicht den Jackpot knacken, sondern Ringo Starr treffen. Schon in den Siebzigern soll der Ex-Beatle schließlich viel Zeit in Monaco verbracht haben, bevorzugt im Casino und selten nüchtern. Ich rechnete mir also gute Chancen aus. Und so stand an einem heißen Nachmittag im Juli 1984 ein Teenager in roten Shorts vor den imposanten Eingangstüren des Belle Époque Gebäudes, drückte sich die Nase platt und wartete und wartete. Vergebens. Möglicherweise wäre ein Zeitfenster rund um Mitternacht günstiger gewesen, aber da stand das Familienauto mit dem Kajak am Dach längst wieder am Campingplatz an einem weit weniger mondänen Ort.

Natürlich war ich enttäuscht. Und so ließen meine Freundin G. und ich ein paar Jahre später Monaco aus, als wir per Interrail erst durch ganz Frankreich und schließlich an die Côte d’Azur reisten. Blöderweise wurde mir in Saint Tropez mein Reisepass gestohlen und nie hätte ich es für möglich gehalten, dass ich es mit dem Wisch, den mir die Polizeibeamten nach meiner Verlustanzeige ausstellten, tatsächlich wieder bis heim nach Wieselburg schaffen würde. 

Kurz muss ich daran denken, dass wir mit unseren Rucksäcken überall nächtigten, auf Bahnhöfen, Stränden oder den versifften Böden in überfüllten Zügen, als ich mich im feinen Hôtel Hermitage allein ins weiche Doppelbett fallen lasse. Und natürlich bin ich hier in Monte Carlo gleich mal zum Casino gelaufen und jetzt raten Sie mal, wen ich wieder nicht getroffen habe.

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