
Soulmates: Sängerin Joy Denalane und der Rapper Max Herre sind seit über 25 Jahren ein Paar.
©Oliver HelbigSie verliebten sich, sie trennten sich und fanden dann wieder zueinander: Ihre gemeinsame Gefühlsreise präsentiert das Musikerpaar Joy Denalane und Max Herre auf dem Debüt „Alles Liebe“. Wie man offen bleibt füreinander – das Gespräch.
Mit dir steht die Zeit still, du bist, was ich will …“ – Wer kann sich noch an ihren ersten gemeinsamen Hit erinnern? Als Soulqueen Joy Denalane, 51, und Deutsch-Rapper Max Herre, 51, 1999 das erste Mal aufeinandertrafen und sich mit ihrem bittersüßen Liebesduett in die Herzen Tausender Fans sangen, war eines klar: Das ist etwas ganz Großes zwischen den beiden. Und damit war jetzt nicht nur die Musik gemeint. 25 Jahre später kehrt das Duo dorthin zurück, wo alles begonnen hat: Mit „Alles Liebe“ veröffentlicht das Couple, das privat auch mal für ein paar Jahre getrennt war und mittlerweile zwei erwachsene Söhne hat, zum ersten Mal ein gemeinsames Album. Am 20. Juli gastieren sie in der Arena Wien. Wir haben mit dem Musiker-Paar über das schönste Gefühl der Welt gesprochen, über ihre Liebe und das, was sie verbindet – mit allen Ups & Downs …
Auf Ihrem ersten gemeinsamen Album „Alles Liebe“ erzählen Sie Ihre gemeinsame Love-Story. Was bedeutet Liebe für Sie?
Wir leben ein klassisches Modell der Liebe. Wir sind ein monogames Paar. Heteronormativ, verheiratet, also sehr traditionell.
Wir glauben, dass es in der Liebe darum geht, immer wieder auszutarieren, was man gemeinsam möchte und was jeder Einzelne möchte. Wie man seine Freiräume findet, wo man zusammenkommt und welche Ideen man für die Zukunft entwickelt – miteinander. Es ist wichtig, all diese Bedürfnisse in Balance zu bringen. Paarbeziehungen gehen ja weit über die romantische Liebe hinaus.
Sie haben 1999 mit „Mit dir“ eine Hymne für alle Romantikfans kreiert. Wie hat sich denn Ihr Romantikbegriff im vergangenen Vierteljahrhundert verändert?
Ich weiß nicht, ob wir je eine feststehende Vorstellung davon hatten. Der Song entstand ja aus einer sehr jugendlichen Idee. Es geht um einen One-Night-Stand, aus dem sich dann mehr entwickelt. Ansonsten sind wir keine großen Expert:innen für Romantik, obwohl wir auch nicht unromantisch sind.
Wie kann man sich das vorstellen?
Ja, also wir feiern die Liebe, aber Jahrestage vergessen wir gern mal. (lacht)
Na ja, also mich überkommt schon ein romantisches Liebesgefühl in so kleinen Momenten, die Max vielleicht gar nicht bemerkt, in denen er etwas sagt oder macht. Ich bin total glücklich, wenn ich sehe, dass er glücklich ist. Max ist für mich ein wahnsinnig liebenswerter Mensch. Aber wir feiern jetzt keine klassisch romantisch besetzten Anlässe oder so. Da sind wir nicht gut drin.


Im Rahmen ihrer „Alles Liebe“-Tour gastieren Max Herre, Joy Denalane und Band am 20. Juli in der Wiener Arena.
© Jan BebenWas hat Sie Ihre langjährige Verbindung gelehrt?
Wir sind in den letzten 25 Jahren gemeinsam durchs Leben gegangen und zusammen erwachsen geworden. Klar haben wir viel voneinander gelernt und auch über uns. Liebe ist ein Arbeitsprozess, um es mal zu entromantisieren. Es ist ein Investieren in ein Übereinkommen. Unsere Aufgabe ist es, den anderen zu sehen, zu verstehen, und das passiert natürlich nicht immer. Es sind nun mal zwei Individuen, die da aufeinanderstoßen, und damit beginnt auch die Arbeit. Das bedeutet, immer wieder von sich Abstand zu nehmen und sich zu fragen: Was meint der andere? Und wie finden wir einen Konsens.
Wie war das für Sie, wenn man als Langzeitpaar auch noch gemeinsam an einem Album arbeitet?
Wir lernten uns im Jahr 1999 beim Musikmachen kennen und sind uns von da an auch als Paar begegnet. Das gemeinsame Arbeiten und Leben ist so sehr in unsere Beziehung eingeschrieben, wir können das gar nicht mehr auseinanderdividieren, weil wir es gar nicht anders kennen. Uns verbindet eine unglaubliche Liebe für das Musikmachen, das Produzieren und auf die Bühne zu gehen. Nach der Arbeit treffen wir dann uns als Liebespaar – herausfordernd war es allerdings schon immer.
Inwiefern?
Man muss immer stark austarieren, was der andere will, was man selber will. Welche Vorschläge bringt man, was kann der andere annehmen, wie kann man sich gegenseitig in seinen Visionen unterstützen. Das geht nur mit dem Abklopfen von Bedürfnissen und Erwartungshaltungen.
Man muss offen bleiben füreinander. Das haben wir mittlerweile über die vielen Jahre hinweg gelernt.
Liebe ist ein Arbeitsprozess, um es mal zu entromantisieren.
Wann merken Sie, dass Sie mal eine Pause voneinander brauchen?
Es gibt sowieso immer Pausen, weil wir ja nicht 24/7 jedes Jahr durcharbeiten. Wir haben unglaublich konzentrierte Phasen, etwa wenn wir gemeinsam im Studio stehen. Da ziehen wir fokussiert an einem Strang und können das Private weitgehend raushalten. Dadurch, dass wir ein ähn-liches Arbeitsethos besitzen, klappt das gut. Zwischendurch gibt es immer wieder Freiräume. Aber es ist jetzt nicht so, dass wir ein Album machen und dann ein halbes Jahr Auszeit voneinander brauchen. (lacht)
Freiräume finde ich wichtig, aber wir haben nie um sie kämpfen müssen.
Sie gehören zu den bekanntesten deutschen Musiker:innen der letzten 25 Jahre. Wann fühlen Sie sich erfolgreich?
Erfolg ist für mich, dass ich Dinge umsetzen kann, die mir vorschweben. Das empfinde ich als unglaubliches Privileg. Wir sind frei von allen Anforderungen oder Vorstellungen, die von außen auf uns projiziert werden. Es ist für mich ein totaler Erfolg, wenn ich ein Album fertiggestellt habe, von dem ich sagen kann: Genau so wollte ich es machen.
Erfolg misst sich für uns nicht so sehr an Verkaufszahlen, sondern daran, ob wir unsere musikalische Vision umsetzen konnten und nach wie vor dafür brennen, was wir tun. Es macht unglaublich Spaß, Konzerte zu geben und im Austausch mit den Menschen zu sein, die unsere Musik hören. Dadurch entsteht ein ganz neuer kollektiver Raum, der einem dann zusammen gehört – einem selbst und den Leuten, die da sind. Ein Raum, in dem man sich begegnen kann. Das ist für mich Erfolg, unabhängig davon, wie groß das Konzert ist.
Klappt es denn immer gleich gut, sich so komplett frei zu machen von der Erwartungshaltung der Unterhaltungsindustrie?
Bevor mich stresst, was andere von mir erwarten, geht es mir vielmehr darum, das, was wir uns künstlerisch vorgenommen haben, auf ein Album oder in ein Konzert zu übersetzen. Ich hatte nie das Gefühl, dass da jemand ist – auf der Plattenfirmenseite zum Beispiel –, der mich gedrängt hat: Wann lieferst du endlich ab!?
Ja, ich glaube auch, dass es viel um eigene Erwartungen geht, aber jetzt auch gar nicht im negativen Sinn, sondern eher, was unsere Neugier und Ambition betrifft.
Auf „Alles Liebe“ gewähren Sie auch zutiefst private Einblicke in Ihr Beziehungsleben. Ist es für Sie phasenweise auch problematisch, wenn Sie sich und Ihr Innerstes so exponieren?
Wir empfinden das nicht so. Meine Frau ist Soulmusikerin. Soul ist Musik über die Seele und die Liebe, dabei wurde schon immer das Innenleben thematisiert. Und mir geht es so, dass die Musik, die ich am liebsten höre, auch vom Leben erzählt und biografisch ist. Wenn beispielsweise Bob Dylan schöne Liebessongs singt, dann habe ich nicht das Gefühl, dass das eine Nabelschau ist, sondern ich merke: Da verhandelt jemand etwas, was mich auch angeht. Dadurch kann ich mich in Bezug dazu setzen. Ich hoffe, dass es mit unserer Musik auch so ist und die Leute viel weniger uns darin exemplarisch sehen als Themen, die uns alle angehen.