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Angelina Jolie als Maria Callas: So verschieden und doch so ähnlich

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Angelina Jolie in "Maria"
Designer Massimo Cantini Parrini kreierte für Jolie in "Maria" mehr als 60 Kostüme, Perfekte Rekonstruktionen der Kleider der Callas, die in den 1960er-Jahren eine Fashion-Ikone war.©Studiocanal/Pablo Larrain
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In "Maria" beweist Angelina Jolie endlich wieder ihre Superstar-Qualität. Für die Rolle der Opernlegende Maria Callas absolvierte die Hollywoodschauspielerin ein hartes Training. Mit Erfolg: Die sechsfache Mutter und Menschenrechtsaktivistin spielt die Callas nicht nur, sie ist es auch. Ein Porträt.

"Es gibt für mich kein Leben ohne die Bühne." – Sie wirkt müde, man fühlt ihren Schmerz über den verblassten Ruhm nach dem Verlust ihrer großen Liebe. Vor Jahren noch auf dem Olymp der Publikumsgunst, lebt sie jetzt verbittert, zurückgezogen und medikamentenabhängig in ihrer Pariser Wohnung. Nur die Erinnerungen sind geblieben …

Angelina Jolie als Maria Callas (1923-1977) im Biopic "Maria" (Kinostart: 6. Februar). Doch im Gegensatz zur "größten Sopranistin aller Zeiten", die mit nur 53 Jahren einem Herzinfarkt erlag, feiert Angelina Jolie mit knapp 50 ein fulminantes Comeback. Bei näherer Betrachtung nicht erstaunlich. Zunächst beeindrucken die grandiosen Bilder in "Maria". So sieht man die Diva als "Madame Butterfly", als "Aida" und in einigen weiteren Karrierehöhepunkten, mit ihrer großen Liebe Aristoteles Onassis oder mit ihrer Köchin und ihrem Butler in ihrer Pariser Luxuswohnung. All das wird getragen von Jolies Darstellung. Sie verschmilzt mit ihrer Figur. Erschien ihre unterkühlte Eleganz bisher oft als zu abweisend und unnahbar, passt sie hier perfekt. Jolie ist Callas. Zurückhaltend, dezent, unaufgeregt, ohne theatralische Gefühlsausbrüche. Der Weg zum Oscar scheint geebnet zu sein.

Vor vier Jahren war die 49-Jährige zuletzt im Kino präsent – im mäßig erfolgreichen Science-Fiction-Film "Eternals". Dass sie als Superstar Maria Callas überzeugt, mag auch daran liegen, dass sie sich in die seelischen Leiden des Opernstars so gut einfühlen konnte. "Ich teile ihre Verletzlichkeit mehr als alle anderen", sagte die Schauspielerin auf der Pressekonferenz bei den Festspielen in Venedig, wo der Film mit Standing Ovations geehrt wurde. "Callas hatte auch einen extrem weichen Teil, war herzlich, fürsorglich und emotional", zieht die Aktrice Vergleiche zu sich selbst.

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Angelina Jolie in "Maria"

Angelina Jolie absolvierte für ihre Rolle unzählige Gesangsstunden und lernte die Geschichte der Oper: "Meine Lippenbewegung und meine Atmung mussten mit der von Maria Callas übereinstimmen."

 © Studiocanal/Pablo Larrain

An die Grenzen gehen

Die Arbeit an "Maria" habe die Oscarpreisträgerin (1999 für "Durchgeknallt") jedenfalls gefordert, denn: "Ich musste meine Figur verstehen. Die Musik war Callas’ Leben. Ihre Beziehung zu ihrer Stimme und ihrem Körper, ihre Bühnenpräsenz und Kommunikation mit dem Publikum waren einzigartig." Es habe ihr gefallen, dass Regisseur Pablo Larraín so hart zu ihr war, betont Jolie: "Ich musste Italienischunterricht nehmen und die Welt der Oper studieren." Darüber hinaus bekam die 49-Jährige, die 2001 mit "Lara Croft: Tomb Raider" den internationalen Durchbruch schaffte, Gesangsunterricht. Nicht um sich Callas’ unerreichbaren stimmlichen Höhen anzunähern, sondern: "Man hätte sonst in meinem Gesicht abgelesen, dass ich nicht wirklich singe. Die Atmung musste am Punkt sein." Und noch eines: "Dieses Training war die Therapie, von der ich nicht wusste, dass ich sie brauchte. Die Herausforderung war keine technische, sondern eine emotionale. Ich musste meine Stimme finden, in meinem Körper sein, mich ausdrücken. Wenn Opernsänger:innen Schmerz zum Ausdruck bringen, kommt das aus ihrem tiefsten Inneren. Es erfordert alles, was du hast. Und Callas war eine Meisterin darin."

Maria Callas und Aristoteles Onassis
Maria Callas und Aristoteles Onassis. Sie war schwanger von ihm. Da er das Kind nicht wollte, ließ sie es abtreiben. Ein Fehler, den sie nie verarbeitete. 1986 tauschte Onassis die Callas eiskalt gegen Jackie Kennedy aus. Maria zerbrach daran. © Getty Images, Getty Images
Angelina Jolie und Haluk Bilginer
Angelina Jolie in einer Szene mit ihrem Filmliebhaber Aristoteles Onassis, dargestellt von Haluk Bilginer. © Studiocanal/Pablo Larrain

Harte Zeiten

Mit Schmerz kennt sich Angelina aus. Der Rosenkrieg mit Brad Pitt, den sie 2005 ausgerechnet bei den Dreharbeiten zum Action-Liebesdrama "Mr. & Mrs. Smith" kennenlernte, ist trotz der Scheidung 2019 noch nicht ausgestanden. Der rechtliche Kampf um das französische Weingut Château Miraval setzt sich fort. Dabei wird sie mit harten Vorwürfen konfrontiert – nicht nur von Brad Pitt. Die Hollywoodgröße, die auch als Menschenrechtsaktivistin respektiert wird, verkaufte ihre Hälfte des Anwesens ausgerechnet an einen russischen Oligarchen.

Doch nicht nur das Scheidungsdrama setzte der 49-Jährigen zu. 2013 überraschte sie mit einer Mitteilung in der New York Times. Die sonst privat äußerst zurückhaltende sechsfache Mutter offenbarte, dass sie sich einer beidseitigen Mastektomie unterzogen habe, um ihr hohes Brustkrebsrisiko zu minimieren. Die enorme Medienpräsenz bewirkte, dass sich Frauen weltweit vermehrt für Brust-Diagnostik und genetische Beratung interessierten (Jolie-Effekt). Zwei Jahre später ließ sie prophylaktisch ihre Eierstöcke entfernen. Jolie hat dieses Schicksal, zumindest in der Öffentlichkeit, gut weggesteckt.

Sie habe das auch für ihre Kinder getan, denn: "Ich will für sie da sein. Man kann mir alles andere wegnehmen, nur sie sind mir wichtig." Maddox, 23, Pax, 21, und Zahara, 19, – die drei sind aus Entwicklungsländern adoptiert – sowie Shiloh, 18, und die Zwillinge Knox und Vivienne, 16, hängen an ihr. Auch beim Scheidungsdrama der Eltern haben sie sich letztendlich auf die Seite ihrer Mutter geschlagen. Die Volljährigen haben sogar "Pitt" aus ihrem Nachnamen streichen lassen. "Brad leidet sehr unter deren Zurückweisung", sagen Insider. Selten begleiten die sechs Angelina zu Events oder Filmpremieren, ihre Privatsphäre ist ihnen weitaus wichtiger. Nur bei den Dreharbeiten zu "Maria" in Paris waren Maddox und Pax mit an Bord. Sie assistierten dem Regieteam. "Eine erstaunliche Erfahrung", zeigt sich Jolie überrascht, die ihre Mutterqualitäten durchaus kritisch sieht: "Ich bin keine perfekte Mom und fühle mich zu Hause keinesfalls für alles verantwortlich. Ich bin nicht der Boss. Die Kinder hatten und haben alle einen großen Einfluss aufeinander."

Sätze, die eine ehemalige Nanny nach ihrer Kündigung bei einem Interview mit dem OK!-Magazin mit harten Worten unterstreicht: "Angelina ist eine Mutter, die von ihren persönlichen Problemen und ihrer Arbeit sehr abgelenkt wird, was auf ein Desaster hinausläuft. Sie denkt, sie sei die coole Mama, indem sie ihre Kids wie Erwachsene behandelt. Sie macht mehr kaputt, als dass sie Gutes tut. Die Kinder kennen keine Grenzen." Der Hollywoodstar äußerte sich nicht zu den Vorwürfen, in Interviews spricht Jolie viel lieber über ihre Zukunftspläne. Dabei blickt die Schauspielerin und Regisseurin, die in jungen Jahren Bestattungsunternehmerin werden wollte, auf ihre erfolgreiche Karriere mit kritischem Blick zurück.

Sie empfinde Hollywood als keinen gesunden Ort: "Als ich anfing, war mir nicht bewusst, mein Leben öffentlich führen und teilen zu müssen", sagte sie dem Wall Street Journal. Obwohl sie in Los Angeles aufwuchs und auch ihre Eltern Schauspieler waren, habe die Filmmetropole sie nie beeindruckt. Sie überlegt sogar, sie zu verlassen: "Die permanente Verfolgung durch Paparazzi treibt mich dazu, hier endlich wegzuziehen. Mir fehlt ein soziales Leben." Nach der Trennung von Brad Pitt habe sie zusätzlich die Möglichkeit verloren, "frei zu leben und zu reisen, weil ich für die Kinder Auflagen erfüllen muss". Künftig hoffe sie, mehr Zeit in ihrem Haus in Kambodscha – sie besitzt auch die kambodschanische Staatsbürgerschaft – zu verbringen. Sohn Maddox studiert dort. Ihr Job im Filmgeschäft sei schön, aber: "Es gibt weitaus Wichtigeres."

Wenn Opernsänger:innen Schmerz ausdrücken, kommt das aus ihrem tiefsten Inneren. Maria Callas beherrschte das perfekt.

Angelina JolieSchauspielerin

Engagement

Zum Beispiel ihr humanitäres Engagement. 20 Jahre lang war sie Sondergesandte für das UN-Flüchtlingshilfswerk, 2022 legte sie diese Aufgabe nieder: "Ich möchte lieber direkt mit Flüchtlingen und Organisationen vor Ort arbeiten." Frauen, die sich gegen Ungerechtigkeiten auflehnen, haben es ohnehin nicht leicht, schrieb sie in der Elle: "Hätte ich in früheren Zeiten gelebt, wäre ich auf dem Scheiterhaufen gelandet." Weil sie sich für ein unabhängiges Sexleben einsetze, ihre politische Meinung äußere und für Menschenrechte eintrete: "Wenn das Bösartigkeit ist", so die Aktivistin, "dann braucht die Welt mehr böse Frauen. Dennoch wollen wir auch weich, fürsorglich, anmutig und liebevoll sein." Ihr Lösungsvorschlag: "Wir sollten mit den vielen großartigen Männern, die uns als gleichberechtigt respektieren, zusammenarbeiten."

Maria Callas und Angelina Jolie – so verschieden und doch so ähnlich. Wenn sie könnten, würden sie sich wohl gegenseitig applaudieren.

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