Logo

Demi Moore: Comeback mit "The Substance"

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
10 min
Schauspielerin Demi Moore

Schauspielerin Demi Moore mit ihrem ersten Golden Globe.

©IMAGO/Sipa USA
  1. home
  2. Elevate
  3. People

Als beste Hauptdarstellerin gewann Demi Moore für "The Substance" ihren ersten Golden Globe. In der Rolle einer Hollywood-Diva, die ihre besten Jahre hinter sich hat, gibt sie sich authentisch und verletzlich wie nie zuvor. Als ginge es um ihr Leben …

Hast du jemals davon geträumt, eine bessere Version deiner selbst zu sein, nur in jeder Hinsicht besser? Dann musst du unbedingt dieses neue Produkt ausprobieren. Es heißt "The Substance". Es erschafft ein anderes Du. Ein neues, jüngeres, schöneres, perfekteres Du. Es gibt nur eine Regel: Du musst deine Zeit teilen. Eine Woche für dich. Eine Woche für dein neues Ich. Jeweils sieben Tage. Die perfekte Balance. Ganz einfach, oder? Was kann schon schiefgehen?

Eine Box mit diesem Angebot liegt einfach so im Postkasten. Der einstige Hollywood-Star nimmt es an. Geradezu gierig stürzt sich Demi Moore auf die Möglichkeit, wieder in ihr jugendliches Ich voller Tatendrang und Karrierechancen zurückzukehren – oder besser gesagt es aus ihr rausschlüpfen zu lassen. Zumindest in der Figur der Elisabeth Sparkle bekommt die 62-Jährige im Body-Horror-Film "The Substance" (seit 20. September im Kino) die Chance einer Koexistenz ihrer realen Persönlichkeit mit dem Körper ihres jungen, geschmeidigen Pendants. Der Beginn einer grausig anzusehenden, selbstzerstörerischen Abwärtsspirale.

Es geht um den Wunsch nach Anerkennung und weiterhin gesehen zu werden.

Demi MooreSchauspielerin & Produzentin

Parallelen zu Moores persönlichem Weg

Nur Fiktion, denn in der Realität dreht sich Demi Moores Erfolgsspirale gerade in neue Höhen. Und dennoch erkennt man Parallelen zu ihrem persönlichen Weg. Doch erst mal: Sie ist zurück auf der Kinoleinwand! Und wie! "The Substance" bildet den vorläufigen Höhepunkt einer wieder aufgeflammten Karriere, nachdem Moore bereits Anfang des Jahres Lob für ihren Auftritt in der zweiten Staffel der Anthologieserie (jede Folge hat neue Schauspieler:innen) "Feud" erhielt. Bei den Festspielen in Cannes wurde "The Substance" mit 13 Minuten Standing Ovations gefeiert und erhielt die Goldenen Palme für das beste Drehbuch. Beeindruckend, die dreifache Mutter in schauspielerischer Höchstform zu erleben.

Eigentlich war sie nie so gut. Völlig uneitel und ängstlich, geradezu schmerzvoll authentisch trägt sie in dem Body-Horror-Streifen einen zunehmenden Selbsthass zur Schau. Er ist voller Metaphern über Hollywood-Frauen, die Altern einfach nur als grausam empfinden. Sie spielt so intensiv, als ginge es um alles oder nichts, als könne sie sich nur zu gut mit der ehemaligen Film-Diva Elisabeth Sparkle identifizieren. Und ja, wahrscheinlich ist es auch so. "Es geht um Anerkennung. Darum, gesehen und geschätzt zu werden, nach wie vor dazuzugehören. Und darum, was es bedeutet, sich abgelehnt zu fühlen und vermittelt zu bekommen, dass mit mir etwas nicht stimmt", erklärte die Schauspielerin dem IndieWire-Magazin ihre Rolle und offenbarte damit wohl auch Einblicke in ihr reales Ich. Sie ergänzte: "Das ist hart. Wenn man den Aspekt des Alterns, über das man ja keine Kontrolle hat, hinzufügt, wird man schmerzvoll an seine Grenzen geführt."

Blurred image background

Co-Star Margaret Qualley, die Demi Moores jüngeres Ich in "The Substance" hervorragend performt.

 © IMAGO/Landmark Media

Höhen & Tiefen: Sie fühlt diese Figur, sie ist diese Figur

Man muss sich nur ihre Biografie ansehen. Die Schulabbrecherin, geprägt von familiären Problemen und einem alkohol- und spielsüchtigen Vater, floh schon mit 14 Jahren in die Scheinwelt von Alkohol und Drogen. Und dennoch scheint sie überaus belastbar und zielorientiert zu sein, denn ohne ihren Erfolgshunger wäre sie heute nicht da, wo sie ist. Nach Gastrollen in "General Hospital" nahm ihre Karriere Mitte der 1990er-Jahre Fahrt auf. Vom Teenager-Drama "St. Elmo’s Fire" über "Ein unmoralisches Angebot" mit Robert Redford und den Film "Ghost", für den sie eine Golden-Globe-Nominierung bekam, bis zu "Striptease". Dafür wollte sie perfekt sein und legte sich unters Messer, in einer Zeit, als Beauty-Eingriffe noch nicht einmal in Hollywood en vogue waren. Zugleich erreichte sie damit ihren finanziellen Höhepunkt – zwölf Millionen US-Dollar Gage. Inklusive bissiger Kommentare wie "Gimme Moore". Noch dazu waren die Kritiken und Einspielergebnisse schlecht. Ab da verlagerte sich ihre Karriere auf kleinere Rollen. Privat hingegen lief es, zumindest von außen betrachtet, gut. Mit Mega-Star Bruce Willis war sie ab 1987 zehn Jahre lang verheiratet. Ein Power-Couple, das drei Töchter bekam. Später gab sie zu: "Bruce war meiner Arbeit gegenüber ambivalent eingestellt. Er wollte mich lieber mehr mit den Kindern sehen als am Filmset." Heute sind sie nach wie vor eng befreundet, Demi kümmert sich mit seiner Familie und ihren gemeinsamen Töchtern rührend um den mittlerweile an Demenz erkrankten Schauspieler.

Auch die Ehe mit ihrer zweiten großen Liebe, dem 16 Jahre jüngeren Ashton Kutcher, wurde nach acht Jahren geschieden. Nach einer vorläufigen Trennung 2011 fiel sie in ein schwarzes Loch, längst überstanden geglaubte Suchtprobleme flammten erneut auf: "Ich wurde rückfällig. Ich weiß noch, wie ich einen Zug synthetisches Gras genommen habe. Dann erinnere ich mich nur mehr, dass alles verschwommen war und ich mich selbst von oben gehen habe. Ich lag zuckend auf dem Boden." Eine Erniedrigung und Demütigung, die sie in ihrer Biografie "Inside Out" offen preisgibt: "Wenn du eine Quelle der Scham und eines ungelösten Traumas in dir trägst, kann kein Geldbetrag, kein Maß an Erfolg oder Berühmtheit sie füllen."

Demi war nun Ende 40, und man fand sie nur mehr als "Geschiedene von …", Suchtgefährdete oder Ex-Filmstar mit verzweifelten Comebackversuchen in den Schlagzeilen. Dazu kamen die alteingefahrenen Strukturen im Filmgeschäft, die alternde Frauen von der Leinwand verdrängten. Hier hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert. Weltweit setzen sich Schauspielerinnen für mehr Sichtbarkeit ein. Demi Moore ging als positives Beispiel voran. Kollegin Gwyneth Paltrow beschreibt das Engagement ihrer Freundin: "Sie wurde in einer Zeit zu einem Filmstar, in der Frauen nicht in das System passten. Sie war die Erste, die für Lohngleichheit kämpfte und sie auch bekam. Der Preis war, dass sie selbst durch ihre aufmüpfige Art einen Rückschlag erlitt, aber wir haben alle von ihr profitiert." Und Demi zeigt sich heute wieder in ihrer vollen Stärke: "Ja, das Bewusstsein hat sich geändert, sowohl hinsichtlich Rasse und Geschlecht als auch Alter. Wir haben noch viel Arbeit vor uns, aber es fühlt sich an, als wären zumindest die Scheuklappen abgenommen worden."

Blurred image background

Im Badezimmer findet die grausige Transformation der Körper statt.

 © IMAGO/Landmark Media

Mut zur Wahrheit: "Diese Nacktheit ist nicht sexualisiert"

"The Substance" greift genau diese Problematik hart an der Schmerzgrenze auf. Die 62-Jährige scheut nicht davor zurück, sich minutenlang völlig nackt zu zeigen, sich übertrieben selbstkritisch im Spiegel zu betrachten: "Diese Nacktheit ist nicht sexualisiert, es geht vielmehr um Verletzlichkeit, darum, zu zeigen, was es bedeutet, sich selbst wahrzunehmen." Dass der Film im Zuge der Handlung zum Horror mutiert, nimmt die Schauspielerin, die für die bizarren Körperverformungen bis zu neun Stunden in der Maske verbrachte, eher mit Humor. "Ja, es ist ein Body-Horror-Movie. Das heißt, radikale Veränderungen des menschlichen Körpers stehen im Mittelpunkt. Es ist crazy, einfühlsam, zart, auch lustig und ja, ekelerregend. Aber mir machen diese Grauslichkeiten überhaupt nichts aus, vielleicht weil ich von innen an die Sache herangehe, an den Kern dessen, was diese Frau, Elisabeth Sparkle, ausmacht", sagt Demi und fügt lachend hinzu: "Im Übrigen kann ich mir jede Serienmördersendung ansehen und super dabei einschlafen. Ich weiß, es ist seltsam, aber mich entspannt das."

Blurred image background

Elisabeth Sparkle alias Demi Moore betrachtet sich voller Inakzeptanz im Spiegel.

 © IMAGO/Landmark Media

Demi Moore: in Balance gekommen

Demi scheint endlich zu sich selbst gefunden zu haben, auch wenn sie in Interviews zerbrechlich zart wirkt und man ihr die zahlreichen Beauty-Eingriffe ansieht. Auf Instagram gibt sie erfrischend private Einblicke, und man wünscht es ihr, dass sie der Realität entsprechen. Der Star trägt fast immer Oversized-Jeans, T-Shirt, und schwarze Brille und ist ungeschminkt. Sie präsentiert sich im Kreis ihrer Familie – "meine Töchter und ihre Kinder sind alles für mich" –, tanzt ausgelassen, offenbart ihre Oma- Qualitäten beim Family-Picknick im Park, macht Selfies beim Lesen im Bett und kuschelt ständig ihre kleinen Hunde. Dazwischen Glamour-Pics. Ein kontrastreiches, buntes Leben. Es gibt nichts hinzuzufügen.

Auf die Frage, welchen Rat sie jenen gibt, die heute in der Branche Fuß fassen möchten, meint sie, dass Ehrgeiz immer noch die entscheidende Eigenschaft sei. "Das muss man wirklich wollen. Man muss bereit sein, sich anzustrengen, denn man weiß, dass man auf jede Menge Ablehnung stoßen wird", warnt sie. "Ich rate, nichts persönlich zu nehmen und nicht nach Bestätigung durch andere zu suchen. Das ist das Um und Auf." Welche neuen Türen sich durch den absehbaren Erfolg von "The Substance" für sie öffnen werden, wird sich noch zeigen, aber: "Er hat mir jedenfalls die Gelegenheit gegeben, aus meiner Komfortzone herauszufinden. Ich habe mich dabei nicht nur als Schauspielerin, sondern auch persönlich weiterentwickelt und bin irgendwie aufgewacht. Die Jagd nach Perfektion führt doch allzu oft dazu, dass man irgendwann schlechter dasteht als zuvor." Demi hat ihre Balance gefunden und möchte "alles dafür tun, dass es so bleibt".

Schauspieler:innen

Über die Autor:innen

Logo
-20% auf das WOMAN-Abo

Hol' dir WOMAN im Jahresabo und spare -20%

Ähnliche Artikel