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Warum ghosten Männer nach gutem Sex? Die Wahrheit, die wehtut

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Aktualisiert
Lesezeit
14 min

©Unsplash

Er hat dir tief in die Augen geschaut. Der Sex war intensiv, vielleicht sogar der beste seit langem. Ihr habt danach noch geredet, gelacht, gekuschelt. Und dann – nichts. Keine Nachricht, kein Anruf, Funkstille. Wenn dir das bekannt vorkommt, bist du nicht allein. Und nein, du hast nichts falsch gemacht.

Das passiert häufiger als du denkst

Du liegst nicht um drei Uhr nachts wach und fragst dich als Einzige, was zum Teufel passiert ist. Ghosting nach Sex ist so verbreitet, dass es fast schon ein Dating-Klischee geworden ist – nur dass es sich jedes Mal wieder anfühlt wie ein Schlag in die Magengrube.

Das Perfide daran: Gerade wenn der Sex gut war, trifft es uns härter. Wäre er mittelmäßig gewesen, könnten wir uns einreden, dass es eben nicht gepasst hat. Aber wenn die Chemie stimmte, wenn es sich nach Verbindung anfühlte, dann macht die Funkstille danach keinen Sinn.

Oder doch?

Die unbequeme Wahrheit vorweg

Bevor wir in die Psychologie eintauchen, hier die wichtigste Erkenntnis: Sein Ghosting hat nichts mit dir zu tun. Es sagt nichts über deinen Wert, deine Attraktivität oder deine Fähigkeiten im Bett aus.

Es sagt alles über ihn.

Ein Mann, der nach intimem Sex einfach verschwindet, zeigt dir damit, wer er ist: jemand, der nicht in der Lage oder nicht willens ist, respektvoll mit anderen Menschen umzugehen. Das ist keine Reflektion deiner Person – das ist ein Charakterdefizit seinerseits.

Trotzdem wollen wir verstehen, was in seinem Kopf vorgeht. Nicht um sein Verhalten zu entschuldigen, sondern um es einordnen zu können.

Warum Männer nach gutem Sex ghosten

Es gibt verschiedene Gründe, und keiner davon macht sein Verhalten okay:

Er wollte von Anfang an nur Sex

Die einfachste – und leider häufigste – Erklärung. Manche Männer sind von Beginn an nur auf Sex aus, spielen aber das "Ich will dich kennenlernen"-Spiel mit, weil sie wissen, dass das ihre Chancen erhöht.

Sobald sie bekommen haben, was sie wollten, verschwindet das Interesse. Der intensive Blickkontakt, die bedeutungsvollen Gespräche, das Kuscheln danach – alles Teil einer Strategie, nicht Ausdruck echter Gefühle.

Das ist manipulativ und respektlos. Aber es ist auch wichtig zu verstehen: Du konntest das nicht wissen. Solche Männer sind oft sehr gut darin, echtes Interesse vorzutäuschen.

Die "Post-Nut Clarity"

Es gibt ein Phänomen, über das Männer untereinander sprechen, aber selten mit Frauen: die sogenannte "Post-Nut Clarity" – der Moment nach dem Orgasmus, in dem plötzlich alle rosaroten Brillen abfallen.

Während der sexuellen Erregung werden Entscheidungen anders getroffen. Hormone überfluten das Gehirn, die Person gegenüber erscheint attraktiver, interessanter, kompatibler als sie vielleicht ist. Nach dem Sex, wenn der hormonelle Nebel sich lichtet, sehen manche Männer die Situation plötzlich "klarer" – und entscheiden, dass sie doch nicht interessiert sind.

Das ist natürlich keine Entschuldigung fürs Ghosten. Ein erwachsener Mensch kommuniziert das. Aber es erklärt, warum er sich während des Dates so anders verhalten hat als danach.

Er hat Gefühle entwickelt – und ist weggerannt

Klingt paradox, ist aber real: Manchmal ghosten Männer gerade dann, wenn der Sex emotional wurde. Wenn sie gemerkt haben, dass da mehr ist als nur körperliche Anziehung.

Für Männer mit Bindungsangst kann echte Intimität sich anfühlen wie eine Bedrohung. Die Nähe, die während des Sex entstanden ist, löst Panik aus. Und die einfachste Art, mit dieser Panik umzugehen, ist Flucht.

Das macht es nicht besser. Aber es zeigt: Sein Verschwinden kann ein Zeichen dafür sein, dass die Verbindung zu intensiv wurde – nicht zu schwach.

Hat es mit dem Sex zu tun?

Die Frage, die dich wahrscheinlich am meisten beschäftigt: War ich nicht gut genug im Bett? Habe ich etwas falsch gemacht?

Die kurze Antwort: Nein.

Die längere Antwort: Selbst wenn der Sex aus seiner Sicht nicht perfekt war – was sowieso subjektiv ist – rechtfertigt das kein Ghosting. Erwachsene Menschen verschwinden nicht einfach, weil eine sexuelle Erfahrung nicht ihren Erwartungen entsprochen hat.

Und noch etwas: Wenn er während des Sex enthusiastisch war, wenn er danach noch geblieben ist, wenn er am nächsten Morgen noch Interesse gezeigt hat – dann lag es nicht am Sex. Männer, die den Sex schlecht fanden, verhalten sich meistens auch so.

Hör auf, dir Szenarien auszumalen, in denen du irgendetwas hättest anders machen können. Der Sex war gut. Das Problem liegt woanders.

Die Sache mit der "Eroberung"

Ein unschöner, aber realer Aspekt: Für manche Männer geht es beim Dating primär um die Jagd. Der Reiz liegt im Erobern, im Überzeugen, im "Kriegen". Sobald das Ziel erreicht ist – der Sex – verlieren sie das Interesse.

Das hat nichts mit dir persönlich zu tun. Du könntest die perfekteste Frau der Welt sein – für diese Männer wärst du trotzdem nur ein weiterer "Erfolg", der seinen Reiz verliert, sobald er erzielt wurde.

Solche Männer sind oft charmant, aufmerksam, sagen genau das Richtige. Sie haben das Spiel perfektioniert. Und genau deshalb ist ihr plötzliches Desinteresse so verwirrend: Alles schien doch zu stimmen.

Die bittere Wahrheit ist: Für sie war es nie um dich gegangen. Du warst austauschbar – nicht weil du nicht besonders bist, sondern weil für sie alle Frauen austauschbar sind.

Bindungsangst: Wenn Nähe zur Bedrohung wird

Bindungsangst ist mehr als ein Modewort. Es ist ein echtes psychologisches Muster, das oft in der Kindheit wurzelt.

Menschen mit Bindungsangst – Männer wie Frauen – können sich durchaus zu anderen hingezogen fühlen. Sie können sich verlieben, sie können intimen Sex haben, sie können sogar kurzfristig echte Nähe zulassen. Aber sobald die Beziehung eine gewisse Schwelle überschreitet, schaltet ihr System auf Alarm.

Die Nähe, die für die meisten Menschen erstrebenswert ist, fühlt sich für sie bedrohlich an. Wie Ersticken. Wie der Verlust von Autonomie. Und die instinktive Reaktion ist Flucht.

Ghosting ist für bindungsängstliche Menschen eine "Lösung", weil es ihnen erlaubt, den Konflikt zu vermeiden. Kein schwieriges Gespräch, keine Erklärungen, kein Umgang mit den Gefühlen der anderen Person. Einfach weg.

Das entschuldigt nichts. Aber es erklärt, warum jemand sich genau dann zurückzieht, wenn es gerade am schönsten wurde.

Ghosting als Konfliktvermeidung

Manche Männer ghosten, weil sie schlicht feige sind. Sie wissen, dass sie kein weiteres Date wollen, aber sie bringen es nicht über sich, das auszusprechen.

In ihrem Kopf ist Ghosting die "nettere" Option. Sie müssen dir nicht ins Gesicht sagen, dass sie nicht interessiert sind. Sie müssen deine Enttäuschung nicht sehen. Sie vermeiden das unangenehme Gespräch – auf deine Kosten.

Was sie nicht verstehen oder nicht verstehen wollen: Ghosting ist nicht netter. Es ist grausamer als jede ehrliche Absage. Es lässt dich im Ungewissen, lässt dich an dir selbst zweifeln, nimmt dir die Möglichkeit, abzuschließen.

Aber für sie zählt in diesem Moment nur, dass sie sich das unbequeme Gespräch ersparen.

Was sein Ghosting über DICH aussagt (Spoiler: nichts)

Lass uns das noch einmal ganz deutlich sagen: Sein Verhalten ist keine Bewertung deiner Person.

Du bist nicht zu viel. Du bist nicht zu wenig. Du hast nicht zu früh mit ihm geschlafen. Du hast nicht das Falsche gesagt. Du warst nicht zu enthusiastisch, nicht zu zurückhaltend, nicht zu irgendetwas.

Ein Mann, der ghostet, tut das, weil er so ist – nicht weil du so bist.

Stell dir vor, eine Freundin würde dir erzählen, was dir passiert ist. Würdest du ihr sagen, dass sie etwas falsch gemacht hat? Dass sie nicht gut genug war? Natürlich nicht. Du würdest ihr sagen, dass er ein Idiot ist und sie Besseres verdient.

Das gilt auch für dich.

Wie du mit dem Ghosting umgehst

Erlaube dir, wütend zu sein

Du hast jedes Recht, sauer zu sein. Ghosting ist respektlos. Du wurdest schlecht behandelt. Unterdrücke diese Wut nicht – sie ist berechtigt.

Aber bleib nicht zu lange in der Wut

Irgendwann wird die Wut zu Gift, das nur dir selbst schadet. Er denkt wahrscheinlich nicht mehr an dich. Lass nicht zu, dass er trotzdem weiter Raum in deinem Kopf einnimmt.

Rede darüber

Mit Freundinnen, mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Das Gefühl, nicht allein zu sein, hilft. Und manchmal braucht man einfach jemanden, der sagt: "Er ist ein Arsch, und du verdienst Besseres."

Mach keinen Detektiv-Modus

Hör auf, seine Social-Media-Profile zu stalken. Hör auf, nach Hinweisen zu suchen, was du hättest anders machen können. Es gibt keine geheime Erklärung, die alles besser macht.

Zieh deine eigenen Schlüsse

Sein Ghosting ist eine Information. Sie sagt dir: Dieser Mann war nicht der Richtige. Nicht weil du nicht gut genug warst, sondern weil er nicht in der Lage ist, dich so zu behandeln, wie du es verdienst.

Solltest du ihm schreiben?

Die Versuchung ist groß. Eine letzte Nachricht, um Klarheit zu bekommen. Um ihm zu sagen, wie sehr er dich verletzt hat. Um vielleicht doch noch eine Erklärung zu hören.

Hier ist die Wahrheit: Du wirst wahrscheinlich keine befriedigende Antwort bekommen. Entweder er antwortet gar nicht – was dich noch schlechter fühlen lässt. Oder er kommt mit einer halbherzigen Ausrede, die nichts erklärt.

Eine Nachricht ist okay, wenn du sie für dich selbst brauchst. Wenn du das Gefühl hast, du kannst nur abschließen, wenn du noch etwas gesagt hast. Aber schreibe sie ohne Erwartung einer Antwort. Schreibe sie, um einen Punkt zu setzen – nicht um ein Gespräch zu eröffnen.

Und wenn du dich entscheidest, nicht zu schreiben? Das ist genauso valid. Manchmal ist Schweigen die würdevollste Antwort auf sein Schweigen.

Woran du Männer erkennst, die ghosten werden

Leider gibt es keine Garantie. Aber es gibt Muster:

Er spricht nie über die Zukunft – nicht mal in vagen Andeutungen wie "Wir könnten mal zusammen..."

Er ist vage über sein Leben – du weißt wenig über seine Freunde, seine Familie, seinen Alltag.

Er meldet sich nur, wenn es ihm passt – und reagiert langsam oder gar nicht, wenn du schreibst.

Er drängt früh auf Sex – ohne echtes Interesse an dir als Person zu zeigen.

Er macht große Komplimente, aber keine konkreten Pläne – viel "Du bist so toll", wenig "Lass uns am Samstag..."

Dein Bauchgefühl warnt dich – und du ignorierst es, weil er so charmant ist.

Diese Zeichen sind keine Garantie, dass er ghosten wird. Aber sie sind Hinweise, dass er vielleicht nicht nach dem Gleichen sucht wie du.

Am Ende bleibt eine Wahrheit, die wehtut, aber auch befreit: Du kannst Ghosting nicht verhindern, indem du dich anders verhältst. Du kannst nur Menschen aussortieren, die dich so behandeln – und deine Energie für die aufheben, die sie verdienen.

Er hat dir durch sein Verschwinden gezeigt, wer er ist. Glaub ihm. Und dann geh weiter – zu jemandem, der bleibt.

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