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Hilfe, wir streiten wegen jeder Kleinigkeit!

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7 min
Frau und Mann, die miteinander streiten

©Elke Mayr
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"Immer bin ich die Böse!" Oder: "Du hörst mir nie zu!" Wer kennt solche Sätze nicht? Manche Paare streiten wegen jeder Kleinigkeit. Beziehungscoach Dominik Borde hat Tipps, wie du aus der Streitfalle rauskommst.

"Streiten gehört dazu und ist ein wichtiger Faktor in einer Beziehung", ist sich Beziehungsexperte Dominik Borde sicher. Kein Paar kann immer einer Meinung sein, kein Mensch kann immer alle Botschaften des jeweils anderen richtig verstehen und nie etwas persönlich nehmen. Und niemand wird es schaffen, emotionslos für seine persönlichen Bedürfnisse einzutreten. Aber: "Wenn sich Paare wegen jeder Kleinigkeit streiten, dann zermürben sie sich. Der tägliche Dauerkrieg ist schlecht fürs Beziehungskarma", so der Beziehungsexperte.

Offengebliebene Streits und psychische Verletzungen sind ein Minus auf unserem Beziehungskonto. Wird dieses Minus nicht durch klärende Gespräche aufgelöst und durch genügend schöne Erlebnisse wieder aufgefüllt, dann leert sich unser Beziehungskonto langsam aber sicher, bis keine Liebe mehr übrig ist. Wenn Paare in die Praxis von Dominik Borde kommen, dann beherrschen sie diese Art der Selbstzerstörung nahezu perfekt. "Während Männer oft durch Nicht-Reden, Nicht-Zuhören, Rechthaberei, Rückzug und fehlendes Verständnis für die Emotionen der Partnerin glänzen, bevorzugen Frauen die psychologische Kriegsführung, in dem sie sich in der Opferrolle sehen oder sich körperlich zurückziehen", berichtet Borde.

Frauen erwarten häufig, dass ihre Partner automatisch wissen, was sie wollen. Und reagieren mit vielsagendem, beleidigtem Schweigen als Bestrafung oder mit Vorwürfen. Was beide Geschlechter jedoch gleich gut beherrschen, ist die Unerbittlichkeit, mit der sie die Fehler des anderen erkennen und nützen. Der Hintergrund ist immer derselbe: Die Partner können oder wollen sich nicht wirklich auf einander einlassen und suchen lieber nach Fehlern als nach gemeinsamen Lösungen. Viele Paare verstricken sich derart in gegenseitige Vorwürfe, dass sie selbst nur schwer wieder aus dieser Spirale rauskommen.

Raus aus der Streitfalle – Tipps vom Beziehungscoach

1. Streitkultur
Der klassische Rat ist meist, Ich-Botschaften statt Du-Botschaften zu formulieren. Aber prinzipiell ist es egal, ob man sagt "Du kommst schon wieder zu spät" oder "Ich ärgere mich, wenn du zu spät kommst". Viel wichtiger ist, auch beim Streiten noch respektvoll miteinander umzugehen. Schimpfwörter sollten ebenso tabu sein, wie Vergleiche mit anderen, Sätze mit "immer" und "nie" oder der Versuch, den anderen lächerlich zu machen und abzuwerten. Das alles ist kontraproduktiv und trägt nur zu einer Eskalation des Konfliktes bei.

2. Unterschiede bejahen
Man muss nicht immer einer Meinung sein und kann sich auch auf "Zweinigkeit" einigen. Mit sich selbst einer Meinung zu sein ist leicht, aber nicht wertvoll. Wenn manche Gegensätze und Unterschiede als Hindernis anstatt als Bereicherung gesehen werden, wird jede Mann-Frau Beziehung erschwert.

3. Mut zum Klartext reden
Viele Paare streiten oft monatelang an Nebenschauplätzen herum, ohne dass das eigentliche Thema angesprochen wird. Besser ist, sich selbst über seine Bedürfnisse klar zu werden und rechtzeitig ehrlich zu sein. Wer zum Beispiel ehrlich zugibt, dass ihm die Arbeit über den Kopf wächst und mehr Unterstützung einfordert, wird mehr Verständnis ernten als für ständige Gereiztheit.

4. Bedürfnisse ansprechen
Weit wirksamer als dem Partner zu sagen, was mit ihm nicht stimmt oder welche Fehler er unterlassen sollte ist es, ihm zu sagen wie er oder sie zum eigenen Wohlbefinden beitragen kann! Anstatt: "Dir bin ich scheinbar egal, nie hast du Zeit." besser: "Hey, wenn du mich wirklich glücklich machen willst, lass uns diese Woche einmal zu zweit essen gehen."

5. Persönliche Stimmung hinterfragen
Es gibt Tage, an denen müssen wir uns ständig ärgern. Aber wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, dann liegt es meist nicht am anderen, sondern an uns selbst. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass wir, wenn wir selbst unzufrieden sind, Aussagen und auch das Verhalten unseres Partners viel negativer beurteilen. Diese sogenannte Stimmungskongruenz lässt uns alle Dinge stärker wahrnehmen, die unserer aktuellen Stimmung entsprechen. Eine knappere Antwort, am Smartphone tippen, eine unabgesprochene Verabredung mit Freunden - das alles wird dann überbewertet. Nach dem Motto: "Er ist ja so ignorant" oder umgekehrt "Immer zickt sie rum, ich weiß gar nicht, was sie will". Besser: einmal kurz durchatmen und sich selbst hinterfragen.

6. Versöhnung
Wenn die erste Wut verraucht ist und die Partner Zeit hatten, über den Streit nachzudenken, dann ist Zeit für eine Versöhnung. Damit kann der Streit abgeschlossen werden. Wichtig ist nur, dass die beiden tatsächlich aktiv eine Versöhnung ansprechen und nicht einfach weiterwursteln.

7. In die Zukunft schauen
Wer ständig in der Vergangenheit wühlt, wird sich nicht vom Fleck bewegen, sondern auch noch nach zwanzig Jahren den vergessenen Geburtstag hervorkramen. Sinnvoll ist das aber nicht. Achtet lieber darauf, die Vergangenheit abzuschließen und daraus zu lernen. Wenn er tatsächlich deinen Geburtstag vergessen hat, kann ihn zum Beispiel heute eine App daran erinnern. Manche Dinge muss man auch stehen lassen oder verzeihen können. Das ist nicht immer einfach, aber wertvoll, dass Gute an der negativen Vergangenheit ist, sie ist vorbei!

8. Rechtzeitig aktiv werden
Wartet nicht, bis schon Ebbe am Beziehungskonto ist, sondern werdet schon bei den ersten großen Konflikten aktiv. Im Beziehungscoaching lernen Pärchen zum Beispiel, wie sie ihre Konflikte rascher bewältigen können.

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Dominik Borde ist führender Beziehungscoach und Gründer des Unternehmens Sozialdynamik. Neben seiner Tätigkeit als Trainer und Coach ist er viel zitierter Beziehungsexperte im deutschsprachigen Raum und Autor von mehreren Fachbüchern zum Thema Beziehungsgestaltung. sozialdynamik.at

© Bianca Kübler
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