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Kinderimpfungen: Wer entscheidet darüber?

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7 min
Kinderimpfungen

Was gibt es alles zu beachten?

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Die Impfung von Kindern wird teils als emotional aufgeladene Debatte geführt und erregt die Gemüter. Müssen Eltern ihre Kinder impfen lassen? Was ist, wenn Eltern sich nicht über eine Kinderimpfung einig sind?

Eltern wünschen sich das Beste für ihr Kind. Schwierig wird es erst, wenn die guten Wünsche der Eltern, was das Beste für ihr Kind ist, weit auseinanderklaffen. Oft ist es so, dass sich Menschen nach einer Trennung (oder auch manchmal schon davor) in unterschiedliche Richtungen entwickeln und gerade bei Themen, die polarisieren gegensätzliche Positionen einnehmen. Impfungen generell und die Kinderimpfung im speziellen rufen sehr starke Reaktionen bei vielen Menschen hervor.

Möchte ein Elternteil die gemeinsamen Kinder impfen zum Beispiel gegen Masern oder Meningokokken lassen und der andere Elternteil ist eher ein:e Impfgegner:in, kann das regelrechte Grabenkriege auslösen. Eine Schwierigkeit ist, dass es wenig Kompromissmöglichkeiten gibt: Entweder wird das Kind nämlich geimpft oder eben nicht. Ein bisschen geimpft geht nicht.

Wie sieht die rechtliche Situation hinsichtlich der Kinderimpfung aus?

Wenn Eltern sich einig sind, können sie gemeinsam für oder gegen eine Kinderimpfung entscheiden. Es gibt trotz Empfehlung des Gesundheitsministeriums für bestimmte Impfungen bei Kindern keine Pflicht für Eltern ihre Kinder impfen zu lassen. Das Gericht kann aber in Ausnahmefällen eingeschalten werden, wenn unterlassene Impfungen eine Kindeswohlgefährdung bedeuten.

Was hat die Impfung mit der Obsorge zu tun?

Schwierig wird es meist erst, wenn Eltern sich nicht einig sind. Entscheidend ist dann, wer die Obsorge für das Kind innehat. Diese beinhaltet nämlich auch die Kompetenz, in medizinischen Fragen für ein nicht einsichtsfähiges (unter 14) Kind zu entscheiden. Ist nur ein Elternteil obsorgeberechtigt, kann dieser allein über medizinische Behandlungen, also auch über die Kinderimpfung entscheiden. Der andere Elternteil muss aber informiert werden.

Wie ist die Situation bei gemeinsamer Obsorge?

Anders ist die Situation, wenn beide Eltern obsorgeberechtigt sind. Auch bei gemeinsamer Obsorge kann jeder Elternteil das Kind nach außen hin allein vertreten. Das heißt, ein Elternteil kann mit einem Kind allein zum Kinderarzt oder zur Kinderärztin gehen um das Kind untersuchen, ärztlich behandeln oder auch impfen zu lassen. Dafür muss nicht die Zustimmung des anderen Elternteils nachgewiesen werden. Es reicht für den Arzt oder die Ärztin aus, wenn ein (obsorgeberechtigter) Elternteil zustimmt

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Tapfer!

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Was passiert, wenn ein Elternteil ohne die Zustimmung des anderen das Kind impft?

Allerdings gibt es bei Eltern, die gemeinsam obsorgeberechtigt sind, das Einvernehmlichkeitsgebot zu beachten. Einvernehmlichkeitsgebot klingt kompliziert, bedeutet aber vereinfacht gesagt, dass die Eltern versuchen sollten, bei wichtigen Angelegenheiten im Leben der Kinder, eine Einigung zu finden und sich abzusprechen.

Lässt man ein Kind also einfach ohne das Wissen oder vielleicht gegen den erklärten Willen des anderen Elternteils impfen, wird dies in einem ersten Schritt nicht für gutes Wetter sorgen und im schlechtesten Fall vielleicht sogar zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung führen.

Der Elternteil, der mit der Impfung des Kindes nicht einverstanden war, könnte, wenn er nachträglich von der Impfung erfährt, möglicherweise einen Antrag auf Entzug der Obsorge im Teilbereich Medizin stellen. Wenn Eltern sich nicht auf eine Vorgehensweise betreffend der Kinderimpfung einigen können, könnte der einer Impfung ablehnend gegenüberstehende Elternteil im Vorfeld versuchen, diese mit vorläufigen gerichtlichen Maßnahmen zu untersagen.

All diese gerichtlichen Maßnahmen sind allerdings nicht die beste Herangehensweise in einer solchen Situation. Muss ein Gericht über die Frage entscheiden, ob ein Kind geimpft wird oder nicht ist das plakativ gesagt eine Niederlage.

Ein Kind bekommt mit, wenn sich Eltern nicht einig sind, ob es geimpft werden soll oder nicht. Führt dann beispielsweise eine gerichtliche Entscheidung dazu, dass es geimpft wird oder eben nicht, kann das vor allem für das Kind mit großen Verunsicherungen verbunden sein.

Eine empfehlenswertere Herangehensweise anstatt des gerichtlichen Weges könnte sein, sich (gemeinsam) die Expertise von Fachleuten, wie Kinderärzt:innen einzuholen und Ängste offen anzusprechen. Das kann helfen, um Unsicherheiten zu beseitigen und vielleicht doch noch zu einer gemeinsamen Entscheidung finden zu können.

Wann kann das Kind selbst entscheiden?

Ab 14 Jahren können Kinder, wenn sie die notwendige Einsichtsfähigkeit aufweisen, selbst entscheiden, ob sie sich impfen lassen wollen oder nicht, dies auch gegen den Willen ihrer Eltern.

Was die Entscheidung des Gerichts beeinflussen kann

Sollte trotz allem eine gerichtliche Entscheidung notwendig sein, kann Folgendes gesagt werden: Entscheidungen des zuständigen Pflegschaftsgerichts sind immer Einzelfallentscheidungen. Bei diesen stehen das Wohl des Kindes und eine konkrete Kosten-Nutzen-Abwägung für das Kind im Vordergrund.

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Der Verfassungsgerichtshof in Wien

© Elke Mayr

Das Gericht hat die Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um das Wohl und die Gesundheit des Kindes zu sichern. Die Entscheidung des Gerichtes wird regelmäßig auch davon beeinflusst werden, ob ein Impfstoff zugelassen ist oder ob es für die beabsichtigte Impfung eine Empfehlung des Gesundheitsministeriums gibt bzw. ob diese Teil des üblichen Impfplanes für Kinder ist.

Grundsätzlich folgen Gerichte in medizinischen Fragen der Expertise von Sachverständigen bzw. der Empfehlung von Expert:innen aus der Medizin. Die Impfungen, für die es eine Empfehlung des Gesundheitsministeriums gibt, bzw. die Impfungen, die laut Impfplan für Kinder vorgesehen sind, werden üblicherweise nach dem Stand der Wissenschaft dem Kindeswohl entsprechen.

Eine weitere Rolle spielt allerdings die jeweilige körperliche Verfassung des Kindes, etwa ob ein Kind einer Risikogruppe angehört oder vielleicht Allergien oder Unverträglichkeiten bezüglich bestimmter Medikamente aufweist.

Es wird einen Unterschied machen, ob ein Elternteil konkrete Bedenken hat, die sich auch fachärztlich begründen lassen, die gegen eine Impfung sprechen oder ob Impfungen jedweder Art kategorisch abgelehnt werden, ohne dass dies wissenschaftlich begründbar ist.

Dies kann als letzte Konsequenz sogar dazu führen, dass jenem Elternteil die (Teil-) Obsorge für diesen Bereich entzogen wird und dem anderen Elternteil die Entscheidungskompetenz für diesen zukünftig allein zukommt.

Familienrecht

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