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Nein sagen lernen: Tipps und Übungen, um Grenzen zu setzen

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Ein eigentlich simples Wort, dennoch so schwer auszusprechen ...

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Es fällt allen von uns so schwer - und ist gleichzeitig so wichtig: Ein "Nein" hilft dir, dich abzugrenzen oder vor Überlastung zu schützen. Wie es auf nette Art und ohne schlechtes Gewissen gelingt.

Warum fällt es uns so schwer, "Nein" zu sagen? Weil wir harmoniesüchtige Trullas sind, die Angst haben, bei Verweigerung auf Ablehnung zu stoßen. Man könnte uns ja nicht mehr mögen, wenn wir uns abgrenzen, wenn wir nicht bei allem den Kopf schütteln. Wir wollen es allen recht machen. Das ist eigentlich ganz schön dumm. Denn so lasten wir uns oft mehr auf als wir schaffen können, geraten in Stress, sind überlastet – und werden krank. Burn-Out, Erschöpfungszustände: Das alles kommt nicht von ungefähr.

Wir sagen zu oft "Ja" zu arbeitsbedingten Projekten, zu After-Work-Drinks mit Freund:innen, zu spontanen Urlauben, zum Helfen bei Umzügen - und ehe ich mich versehe, sitze ich an einem Freitagabend bei einem Bekannten und helfe bei der Buchhaltung, weil ich eben so ein netter und hilfsbereiter Mensch bin.

Ein "Nein" wäre also definitiv Selbstschutz, ein Schritt zu mehr Freiheit und Selbstbestimmung, mit einem Wort: Extrem notwendig. Die Zeit läuft uns davon, daher sollten wir sie auch mit Dingen nutzen, die wir gerne tun! Aber wie lehnen wir ab, ohne unhöflich oder – unsere größte Angst – zickig zu wirken? Kann man NEIN-Sagen lernen? Kann man ... und sollte man.

Kann man es lernen, mehr für sich einzustehen?

Zunächst muss dir einmal klar sein, was du eigentlich willst. Tut mir das gut? Wenn ich das auch noch erledige … dann, weil es notwendig ist? Oder weil ich mir selbst Schuldgefühle einrede? Je genauer du weißt, warum du etwas ablehnst, desto klarer kannst du auch kommunizieren.

Denn wir können unser Nein erklären, unsere Wünsche deutlich machen. Dadurch können wir den Blickwinkel verändern. Aus Ablehnung gegenüber dem Bittsteller wird auf diese Weise Zustimmung zu unseren Wünschen.

"Immer, wenn du etwas zusagst, das du eigentlich nicht wirklich willst, hast du ein Ja weniger zur Verfügung", erklärt Autorin Sarah Knight. Gleichzeitig hast du auch weniger Zeit, Energie und Geld für das, was dir eigentlich guttut.

3 Fragen, die sich jede:r vor dem Nein sagen stellen muss

Anders gesagt: Stelle dir am besten diese 3 Fragen, wenn du mal wieder lieber "Jein" anstatt eines klaren "Ja" sagen möchtest ...

  1. Woher kommt der Drang, ständig noch mehr machen zu wollen?

  2. Warum willst du überhaupt "Ja" sagen?

  3. Was kostet dich dieses simple "Ja" an Zeit und Energie?

Gerate aber nicht in die Falle, dich zu sehr zu erklären. Du hast deine Gründe, die nennst du in einem Satz: "Tut mir leid, aber Nein. Ich muss selbst noch meine Präsentation fertig bekommen." Oder: "Nein, ich kann die Kinder leider am Sonntag nicht vom Fußballplatz zu dir bringen. Ich habe ein Treffen vereinbart, das wird sonst zu knapp."

Es ist nicht deine Aufgabe, dein "Nein" bis ins Detail so zu formulieren, dass der andere kein bisschen enttäuscht ist und dich immer noch mag. Viel eher ist es wichtig, dieses "Nein" vor dir zu rechtfertigen.

Verschiedene Gründe, wieso ihr öfter Nein sagen solltet

Es gibt unendlich viele Gründe, wieso sich ein "Nein" oft eher anbietet als ein "Ja" - die wichtigsten fünf Aspekte kannst du hier nachlesen.

  1. Du bist keine unbegrenzte Ressource

    An manchen Tagen fühlt es sich befriedigend an, dutzende Aufgaben zu erledigen und das kleine, aber wichtige Häckchen auf die To-Do-Liste zu setzen. Aber genau das sind die Tage, die an einem vorbeiziehen, ohne, dass man irgendetwas von der Außenwelt mitbekommen hätte. Häufen sich solche Tage, wird man schlichtweg krank.

    Zeit, Geld und Aufmerksamkeit stehen auch Powerfrauen wie uns nur begrenzt zur Verfügung. Je mehr wir von uns selbst geben, desto mehr erwarten unsere Mitmenschen auch. Es wird nicht weniger werden, wenn man es nicht selbst in die Hand nimmt und anfängt Nein zu sagen!

  2. Nein sagen macht dich nicht zum Buhmann

    Es ist schon wieder eine Einladung zur nächsten Party hinein geflattert? Cool, endlich wieder neue Leute kennenlernen und abtanzen. Dabei bin ich eigentlich total müde von der anstrengenden Arbeitswoche. Wie lautet mein Kompromiss?

    Man sagt ab. Genau da fangen die Zweifel an: "Was, wenn ich nie wieder eingeladen werde? Was, wenn mich jetzt niemand mehr mag?" Halt Stopp: Verwerft diese Gedanken sofort, denn wenn die Person ein:e wahre:r Freund:in ist, wird er:sie eure Entscheidung, einmal früher schlafen gehen zu wollen, schon verstehen.

  3. Deine eigenen Ziele sind wichtig

    Findest du dich manchmal in einer Situation wieder, in der du Dinge für andere machst, diese aber nie für dich selbst in Erwägung ziehst? Sei es das Fenster putzen, Gartenhaus aufräumen oder sonstige Aktivitäten. Du bist wichtig. Du solltest Prioritäten haben - die das eine oder andere Mal auch wirklich dich involvieren.

  4. Du brauchst keinen Grund, um Nein zu sagen

    Ich habe immer das Bedürfnis, mich rechtfertigen zu müssen, wenn ich einmal Nein sage. Der Grund muss gut sein, sonst ... Sonst was? Natürlich kann ich die Wahrheit sagen, aber ehrlicherweise geht es mein Gegenüber doch nichts an! Sie haben gefragt, ob ich etwas für sie tun kann, ich antworte mit "Nein, tut mir Leid" - um ehrlich zu sein, tut es mir oft nicht einmal Leid. Nicht selten handelt es sich um dumme Kleinigkeiten, die jede:r selbst erledigen kann, dann aber auf andere abwirft - in der Hoffnung, sich nicht selbst darum kümmern zu müssen.

  5. "Nein" ebnet den Weg für "Ja"

    Im Grunde wissen wir eigentlich immer, wann wir Nein sagen sollten. Aus gesellschaftlichen Gründen oder dank unserer Erziehung können wir dieses simple Wort einfach nicht in den Mund nehmen. Wir sollten aber öfter auf uns und unser Bauchgefühl hören und auch öfter Nein sagen, denn Nein ebnet den Weg für das Ja.

    Wer öfter Nein zu unnötigen Dingen sagt, spart Ressourcen, Zeit sowie Geld und eröffnet sich dadurch neue Türen für die wirklich wichtigen Dinge, zu denen wir aus vollem Halse "JAAA" schreien!

Wie übe ich, Nein zu sagen?

Der erste Schritt: Nimm' das Wort ganz bewusst in deinen Wortschatz auf. Es geht wirklich darum, das "Nein" möglichst oft in den Mund zu nehmen.

  • "Nein, ich möchte keinen Wein mehr."

  • "Nein, da bin ich leider nicht deiner Meinung."

  • "Nein, wir sollten das anders machen ..."

Stelle dir auch vor, was das allerschlimmste Horrorszenario wäre, wenn du eine Bitte ablehnst. Wie wird sich dein Gegenüber verhalten? Sind deine Schultern breit genug, um eine Leidensmiene der Kolleg:innen auszuhalten? Wir gehen davon aus ...

Fakt ist: Die Reaktionen auf dein "Nein" sind bei Gott nicht so negativ, wie vielleicht befürchtet. Denn niemand ist ein fieser Egoist oder ein Kolleg:innenschwein, wenn er einmal nicht das macht, worum er gebeten wird. Im Gegenteil: Ein "Nein" schärft dein Profil und sorgt im besten Fall sogar dafür, dass dir mehr Respekt entgegen gebracht wird.

Denk aber daran: Es ist ein wenig wie bei der Kindererziehung. Ein "Nein" muss ein "Nein" bleiben. Wenn du deinen Standpunkt paar Minuten später aufweichst und dir die zusätzliche Arbeit doch aufhalst, dann wird man auch in Zukunft dein Veto nicht ernst nehmen. Sorry, not sorry!

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