Es war Liebe auf den ersten Blick“, erinnert sich Lisa, 31. Während sie von ihrer ersten Begegnung mit ihrer Freundin Bianca, auch 31, erzählt, streichelt diese ihr liebevoll übers Knie. Das lesbische Paar hat sich vor sieben Jahren in einer Wiener Bar kennengelernt, in einem „normalen Lokal, keinem Szeneschuppen“. Lisa hat an diesem Tag mit ihrer damaligen Partnerin Schluss gemacht. Eine gemeinsame Bekannte hat ihr dann Bianca vorgestellt. Seitdem sind die zwei unzertrennlich. „Wir haben uns gleich für den nächsten Abend verabredet“, so Bianca. Zwei Wochen später waren sie ein Paar: „Ab da habe ich jeden Tag bei Lisa übernachtet, jedes Mal ein bisschen mehr von meinen Sachen mitgenommen und dort gelassen, bis ich schließlich ganz geblieben bin. Das ging alles ziemlich schnell bei uns. Aber wozu warten, wenn man von einer Sache überzeugt ist? Ein bisschen was muss man für die Liebe immer riskieren.“
Seit etwa zwei Jahren arbeiten die beiden sogar als Assistentinnen zusammen im Unternehmen von Lisas Bruder, einem Zahnlabor. „Wir kleben wirklich rund um die Uhr aufeinander. Das muss man mögen. Uns ist das auch nach so vielen Jahren noch nicht zu viel.“ Immer Bussi, Bussi, Sonnenschein spielt’s dennoch nicht: „Natürlich streiten wir auch. Das gehört zu einer Beziehung dazu. Die Frage ist nur, wie man damit umgeht. Viele werfen viel zu schnell das Handtuch und versuchen nicht mal, einander zu verstehen. Wir sind immer um eine Lösung bemüht und reden sehr, sehr viel miteinander. Und das Wichtigste: Wir arbeiten ständig an unserer Partnerschaft und sehen einander nicht als selbstverständlich an.“

Regenbogenfamilie.
Lisa brachte zwei Kinder mit in die gleichgeschlechtliche Beziehung: Lisa und Lara, beide zwölf, sind Zwillinge und stammen aus einer früheren Partnerschaft mit einem Mann. Mit ihm war Lisa fünf Jahre liiert, obwohl sie schon damals wusste, dass sie eigentlich auf Frauen steht: „Ich konnte nicht immer so offen mit meiner Homosexualität umgehen. Ich habe bulgarische Wurzeln, und dort ist das noch immer eher ein Tabuthema. Also habe ich jahrelang ein Scheinbild aufrechterhalten und Männer gedatet. Dann aber kam der Punkt in meinem Leben, an dem ich mich fragte: Wozu machst du das eigentlich? Ich wollte nicht mehr anderen entsprechen, sondern endlich zu mir selbst stehen.“ Der Vater der Kinder, ein Thailänder, ging nach dem Liebes-Aus vor etwa zehn Jahren zurück in seine Heimat nach Südostasien und lebt seitdem dort. Der Kontakt ist überschaubar. Lisa und er sind auf Facebook miteinander befreundet, wo er immer wieder Bilder der Familie likt.
Ihre Verwandten haben das Outing übrigens gelassener hingenommen als erwartet. Das Paar lebt mit den Kids sogar zusammen mit Lisas Mutter in einem Haus. Bianca ist für die Mädchen längst zur Zweitmama geworden, bringt sich gleich viel in die Erziehung mit ein wie die „echte“ Mutter. Entscheidungen werden gemeinsam, gleichberechtigt besprochen, ein Gegeneinander-Ausspielen ist da nicht drin. „Dürfte ich mich nicht in die Erziehung einbringen oder hätte ich das Gefühl, dass meine Meinung weniger zählt, könnte das auf Dauer nicht funktionieren. Ich würde mich ausgeschlossen fühlen, als würde ich nicht dazu gehören. Entweder ist man eine Familie oder eben nicht.“ Und wer von den beiden ist die strengere Mama? „Definitiv ich“, schmunzelt Bianca, „Außer in Sachen Schule. Da ist Lisa strenger. Ich bin vor allem dann konsequent, wenn ich mal Nein zu etwas gesagt habe. Da bleibe ich dann dabei. Lisa kann man da schon noch eher umstimmen.“ Nachsatz: „Aber sie dürfen Bibi zu mir sagen. Und das erlaube ich sonst echt niemandem!“ Die beiden Frauen sind sich aber ohnehin einig, wenn es um die Erziehung geht: „Es gibt Werte, die wir den Mädels unbedingt mit auf den Weg geben möchten. Zum einen sind das Respekt und Höflichkeit. Außerdem sollen sie zu selbstständigen Menschen heranwachsen. Wir haben nicht vor, ihnen noch mit 30 die Wäsche zu waschen. Und sie sollen ein Gefühl dafür bekommen, dass Geld nicht auf den Bäumen wächst.“
Deshalb werden die Zwillinge auch im Haushalt eingespannt. Einmal die Woche putzen sie ihr Zimmer, staubsaugen die Wohnung und kümmern sich um das Geschirr. „Bei vier Mädels in einer Wohnung geht’s rund. Da muss jeder mitanpacken, damit kein zu großes Chaos entsteht.“ Klassischer Familienalltag eben. Und viel traditioneller als vielleicht vermutet. „Wir legen zum Beispiel sehr viel Wert auf Feste wie Ostern und Weihnachten. Nur das mit dem
Singen lassen wir. Das wollen wir unseren Kids nicht antun“, lacht Lisa. Und Bianca fügt hinzu: „Apropos Religion: Ich war als Kind auf einer Schwesternschule. Hilft also auch nichts.“

»Ich habe jahrelang ein Scheinbild aufrechterhalten und Männer gedatet. Dann kam der Punkt, an dem ich nicht mehr anderen entsprechen, sondern endlich zu mir selbst stehen wollte.«
Lisa, 31
»Eltern haben oft eine Vorstellung vom Lebensweg ihrer Kinder. Eine gleichgeschlechtliche Liebe kommt da nicht vor … Dieses Umdenken braucht bei manchen einfach ein bisschen Zeit.«
Bianca, 31
Liebe im web.
Seit zwei Jahren betreiben die beiden auch einen Instagram-Account unter dem Namen „Lisbia“. Es ist eine Kombi aus Lisa und Bianca, und es ist gleichzeitig eine Anspielung auf ihre sexuelle Orientierung. Auf ihrer Site posten sie Bilder von sich – meist Händchen haltend, sich innig umarmend, einander küssend, verliebt und glücklich. Ihre Botschaft: „Liebe ist etwas Wunderschönes!“ Die Message kommt an: Über 45.000 Leute folgen ihrer Site. Darunter hauptsächlich junge Frauen, viele von ihnen ebenfalls lesbisch. „Es erreichen uns regelmäßig Nachrichten von Leuten, die Angst haben, sich zu outen, weil sie nicht wissen, wie ihr Umfeld darauf reagieren wird. Ich finde, man sollte sich keinesfalls für andere verbiegen. Das macht einen unglücklich, und man zerbricht daran. Mein persönliches Glück stand für mich immer über den Erwartungen anderer. Aber ich hatte es auch nie wirklich schwer“, sagt Bianca. Sie selbst wusste schon sehr früh, dass sie auf Frauen steht, und ging schon immer selbstbewusst damit um. Jungs haben sie einfach nie gereizt. Für ihre Mutter war das nie ein Thema. „Sie ist ein offener Mensch, mit ihr kann man über alles reden. Mein Papa hat es in meiner Jugend anfangs als Phase abgetan. Als er aber merkte, dass dem nicht so ist, hat auch er es akzeptiert und ist mit Lisa an meiner Seite extrem glücklich“, erzählt die 31-Jährige.
„Für Eltern ist das bestimmt nicht einfach, weil die meisten eine ziemlich genaue Vorstellung vom Lebensweg ihrer Kinder haben. Eine gleichgeschlechtliche Liebe kommt da nun mal nicht vor. Dieses Umdenken braucht bei manchen einfach ein bisschen Zeit. Wir haben es aber schon sehr gut erwischt, mussten unsere Beziehung nach außen eigentlich nie groß rechtfertigen, verteidigen oder verstecken. Bei vielen Paaren ist das anders.“ Nur ab und zu kassieren sie beim Weggehen einen blöden Spruch. „Wenn so was kommt, reagieren wir darauf. Aus Prinzip, weil es nicht sein kann, wie ignorant manche Menschen durchs Leben gehen und was sich einige an Frechheiten herausnehmen. Da müssen wir etwas sagen. Das ist einfach unser Naturell. Wir machen uns bei Ungerechtigkeiten sofort stark, auch für andere.“
Kommentare