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Mittelschule: Was ist der Unterschied zum Gymnasium?

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Mittelschule

Mittelschule

©Elke Mayr
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In Österreich kann nach der Volksschule die vierjährige Mittelschule (MS) – ehemalige Neue Mittelschule (NMS) oder Hauptschule – besucht werden. Für welche Kinder sich die Mittelschule eignet und was sie vom Gymnasium (AHS) unterscheidet.

Die Mittelschule: Hauptschule neu benannt?

Die Mittelschule – vormals Neue Mittelschule (NMS) –, durch die die Hauptschule ersetzt wurde, verbindet offiziell in ihrem Lehrplan den Leistungsanspruch der AHS-Unterstufe mit einer neuen Lehr- und Lernkultur. Dabei steht die individuelle Förderung der Schulkinder im Fokus der Ausbildung. So weit so gut. Denn das klingt nach der Kombination von zwei sehr guten Seiten.

Einerseits gute Lernziele, andererseits individuelle Förderung. Doch warum hat die Mittelschule dann ein so negatives Image? Bevor wir dieser Frage genauer auf den Grund gehen und zeigen, für welches Kind die Mittelschule eine gute Wahl sein kann, hier einmal einige allgemeine Informationen zur Mittelschule.

Der Unterschied zum Gymnasium (AHS)

So hat die Mittelschule die Aufgabe, Schüler:innen je nach Interesse, Neigung, Begabung und Fähigkeit für den Übertritt in weiterführende mittlere und höhere Schulen zu befähigen. Darüber hinaus spielt auch die Vorbereitung auf die Polytechnische Schule oder das Berufsleben eine wichtige Rolle.

Hier ist das Ziel einer Mittelschule, Schüler:innen bestmöglich zu fördern um so Chancengleichheit zu ermöglichen. So bildet eine fundierte Bildungs- und Berufsorientierung die Grundlage des Mittelschullehrplans. Darüber hinaus erhalten Schülerinnen und Schüler, aufbauend auf ihre Stärken, gezielte Beratung, um eine verbesserte Bildungs- und Berufsentscheidung nach dem Mittelschulabschluss sicherzustellen.

Lernziele der Mittelschule

Dies spiegelt sich auch in den Lernzielen einer Mittelschule wider. Denn grundsätzlich werden in der Mittelschule alle Schüler:innen in allen Unterrichtsgegenständen gemeinsam in der Klasse unterrichtet. So sollen Schüler:innen einander unterstützen und von einander profitieren.

Während allgemein ein Gesamtunterricht stattfindet, wird in den Pflichtgegenständen Deutsch, Mathematik und Lebende Fremdsprache sowie in Pflichtgegenständen eines (schulautonomen) Schwerpunktbereiches der Unterricht stärker individualisiert.

Dabei wird ab der sechsten Schulstufe in den Pflichtfächern eine dauerhafte Förderung durch die Bildung von Schülergruppen ermöglicht. So soll ein differenzierter Unterricht und eine individuellere Förderung der Schüler:innen ermöglicht werden. Auch die Leistungsbeurteilung wird mit der 6. Schulstufe angepasst.

Denn bei der Beurteilung der Leistungen der Schüler:innen in den Unterrichtsgegenständen Deutsch, Mathematik und Lebende Fremdsprache wird ab diesem Punkt zwischen zwei Leistungsniveaus, mit den Bezeichnungen "Standard" und "Standard AHS", unterschieden. Dabei sind in beiden Standards Leistungsniveaus Noten von 1-5 möglich. Auch in den Schulzeugnissen der Schüler:innen werden die jeweiligen Standards dann ausgewiesen.

Dabei soll das System allerdings durchlässig sein: Die Zuordnung der Schüler:innen zum jeweils anderen Leistungsniveau ist jederzeit möglich. An diesem Punkt kann sich die Frage stellen, ob dies allerdings nicht zu einer Stigmatisierung der "Standard"-Schüler:innen führen kann.

Formen und Schwerpunktbereiche

Interesse sind unterschiedlich, Begabungen auch. So ist es sicherlich eine wichtige Überlegung, welche Schwerpunkte die Mittelschule der Wahl zu bieten hat. Neben den Sonderformen der Musik-Mittelschulen und der Sport-Mittelschulen, kann es noch vier weitere mögliche Schwerpunktbereiche geben:

  • Sprachlich-humanistisch-geisteswissenschaftlich

  • Naturwissenschaftlich-mathematisch

  • Ökonomisch-lebenskundlich

  • Musisch-kreativ

Darüber hinaus können weitere autonome Schwerpunktsetzungen an den jeweiligen Schulstandorten vorgenommen werden. So können z.B. Ökologie, Informatik, Gesundheit und Ernährung oder auch Fremdsprachen Schwerpunkte in Mittelschulen sein.

Wiener Mittelschule (WMS)

Hier wollen wir noch kurz die Wiener Mittelschule erwähnen. Diese stellt eine besondere Form der Mittelschule da. Denn sie bieten zusätzliche Elemente wie den Einsatz von Native Speaker Lehrer:innen oder auch den Unterrichtsgegenstand Lerncoaching.

Darüber hinaus erfolgt der Unterricht nach einem Kurssystem, das bedeutet, dass verschiedenen Lernangebote mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad beziehungsweise mit unterschiedlicher Zielsetzung angeboten werden.

Dabei kann die Wiener Mittelschulen sowohl an ehemaligen Hauptschulen als auch an AHS-Standorten geführt werden. Hier wird auch besonders darauf geachtet, dass die Plätze für Schüler:innen an Wiener Mittelschulen rund zur Hälfte an jeweils einer ehemaligen Hauptschule oder an einer AHS angeboten werden.

Was kann man nach der Mittelschule machen?

Nach erfolgreichem Abschluss der 4-jährigen Mittelschule können Schüler:innen ihre weitere Schullaufbahn auf unterschiedliche Weise begehen:

  • Besuch der Oberstufe der allgemeinbildenden höheren Schule (AHS-Oberstufe)

  • Besuch einer berufsbildenden mittleren oder höheren Schule (BMS oder BHS)

  • Besuch einer Polytechnischen Schule (PTS)

  • Wollen Schüler:innen einen Lehrberuf erlernen, muss zunächst aufgrund der Schulpflicht das 9. Schuljahr in einer der oben genannten Schulen absolviert werden bzw. wurde ein Vorschuljahr absolviert oder sind Schüler:innen einmal sitzen geblieben, kann sofort ein Ausbildung in der Lehre begonnen werden

  • Für Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf gibt es die Möglichkeit zum Besuch eines Polytechnikums oder die Absolvierung einer Individuellen Berufsausbildung (Teilqualifikation/Lehre in verlängerter Lehrzeit)

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Schule Stadt Wien

© Elke Mayr

Mittelschulen, besser als ihr Ruf?

Ob Mittelschule oder AHS, diese Frage ist so individuell wie die Schulkinder es selbst sind. Tatsächlich spiegelt vor allem in Großstädten wie z.B. Wien die Wahl der Schule auch den sozioökonomischen Hintergrund und den Bildungsstandard der Eltern wider. Dies wirkt sich dann wiederum auf den Ruf von Mittelschulen aus.

Schnell wird abgestempelt. Denn kluge Kinder gehen in die AHS, der Rest in die Mittelschule, so das gängige Vorurteil. Doch eben dieses Vorurteil erschwert auch den Schuleintritt für Schüler:innen, denn dieses frühe "abgestempelt" werden kann sich auch auf den Selbstwert der Kinder auswirken.

Daniela L., eine Lehrerin, die seit über 25 Jahren in einer Mittelschule ist, hat in einem Online-Medium etwas wichtiges und aus dem Alltag einer Lehrerin gegriffenes niedergeschrieben:

"Zum einem ist es unsere Verantwortung Kindern und Jugendlichen klar zu machen, in Worten und mit Hilfe unserer Haltung, dass sie eben nicht der Rest sind. Dass ihre vermeintliche Dummheit Schwächen in Bezug auf Mathematik, Deutsch und andere Fächer sind. Dass es kein Makel ist, eine NMS zu besuchen. Und das müssen wir ehrlich meinen."

Lehrer:innen in der Verantwortung

Dies liegt laut Daniela L. auch in der Verantwortung der Lehrer:innen: "… Die Kinder müssen das spüren. Das heißt, dass ich als Lehrerin nicht davon ausgehe den Rest zu unterrichten, sondern jene Kinder, die eben noch Zeit brauchen."

Lehrer:inenn, Unterricht, Unterrichtsmaterialen, Schwerpunktsetzungen, die Direktion, all das wirkt sich auch auf den Ruf einer Schule aus. Dieser Ruf ist natürlich ebenso wichtig bei der Schulwahl: "Der Ruf einer Schule ist ganz wichtig. Und der ist sehr langanhaltend.", Corinna Geppert, Bildungswissenschaftlerin.

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© Elke Mayr

Wechsel von der Mittelschule ins Gymnasium

Zu bedenken gilt auch, dass ein Schulstart in einer Mittelschule nicht heißt, dass das Kind nicht in eine AHS wechseln kann. Denn laut Rechtslage dürfen jene Kinder aus der Mittelschule in ein Gymnasium wechseln, die in den Hauptfächern Deutsch, Mathematik und Englisch einen Einser oder einen Zweier im Zeugnis haben.

Doch Achtung, bei einem Dreier wird das Wechseln schwierig und ist nur in Ausnahmefällen möglich. Dabei ist ein so genannter Bildungsübergang, also der Wechsel von einer Mittelschule in eine AHS nicht einfach.

"… Sie haben ganz neue Lehrende, ganz neue Fächer, und sie sind noch dazu mit der Situation konfrontiert, dass sie sich in einen quasi bestehenden Klassenverband einordnen müssen.", Corinna Geppert, Bildungswissenschaftlerin.

Hier gilt es also gut zu überlegen, ob ein Kind diesem Übergang gewachsen ist. Die Unterstützung der Eltern ist dabei sicherlich wesentlich.

Für welche Kinder eignet sich die Schule besonders gut?

Eine Mittelschule bietet individuelle Fördermöglichkeiten und eine gute Allgemeinbildung. Darüber hinaus ist die Berufsorientierung ein ganz wichtiger Punkt auf dem Lehrplan. So gibt es die sogenannten berufspraktischen Tage. Diese ermöglichen es den Schüler:innen Berufe kennenzulernen.

Dabei besuchen Schüler:innen Betriebe und lernen den Arbeitsalltag in diesen Unternehmen kennen. Hier gilt dann nicht nur zuschauen, sondern auch selbst kleine Tätigkeiten auszuführen. Kinder, die diesen berufsbezogene Zugang bevorzugen, sind sicher gut in einer Mittelschule aufgehoben.

Dieser sehr praktische Bezug im Mix mit einer guten Allgemeinbildung ermöglicht es Schüler:innen dann nicht nur eine berufsbildende höhere Schule zu besuchen, sondern auch nach dem Absolvieren der 9. Schulstufe eine Lehre zu beginnen.

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