
Lara Sophie Bothur. Die Deutsche war Europas erste Corporate Influencerin bei Deloitte und machte mit Posts über KI und Zukunftstrends Karriere. Auf LinkedIn zählt sie mit über 370.000 Follower:innen zu den führenden Stimmen im DACH-Raum und erreicht jährlich über 400 Millionen Menschen. Nun baut sie als Selbstständige ihre Marke weiter auf.
©Tina LutherGlaubwürdigkeit statt Marketing-Sprech: Corporate-Influencer:innen wie Lara Sophie Bothur und Céline Flores Willers revolutionieren, wie Firmen kommunizieren.
"Menschen folgen Menschen – nicht Logos", sagt Selena Gabat, Director Consumer Marketing und Karriere-Expertin bei LinkedIn. Die Aussage bringt auf den Punkt, was derzeit die Welt der Unternehmenskommunikation revolutioniert: Mitarbeitende werden zu Botschafter:innen, die für ihre Firma sprechen, posten und schreiben. Corporate Influencer:innen heißen sie in der Fachsprache und sind längst kein Nischenphänomen mehr, sondern strategisches Instrument im Employer Branding. Der Mechanismus dahinter: Wer auf Social Media echte Einblicke in den Arbeitsalltag gibt, wirkt glaubwürdiger als jede Kampagne. „Corporate Influencer:innen repräsentieren das Unternehmen, indem sie es durch eigene Erfahrungen greifbar machen“, erklärt Yenia Zaba, VP Global Communications & Brand bei kununu. „Es geht nicht um geschönte Darstellungen, sondern um unverfälschte Perspektiven, die Vertrauen schaffen.“ Dieses Vertrauen ist zum Kapital geworden – und LinkedIn zur zentralen Bühne. Mit über 1,2 Milliarden Mitgliedern weltweit ist das Business-Netzwerk im Moment das wichtigste Schaufenster für Beruf, Expertise und Unternehmenskultur. „Beiträge von CEOs erzielen bis zu viermal mehr Engagement als Inhalte von Unternehmensseiten“, so Gabat. „Und die Netzwerke der Mitarbeitenden sind im Schnitt zwölfmal größer als die Reichweite der Corporate Accounts.“
Neue Markenbotschafter:innen
Eine, die vorgemacht hat, wie groß der Hebel sein kann, ist Lara Sophie Bothur. Die Deutsche machte als „Europas erste Corporate Influencerin“ für Deloitte Karriere. Ihre Beiträge über KI und New Work verfolgen auf LinkedIn mehr als 370.000 Menschen, und sie hält Key Notes und Masterclasses zu diesen Themen. Als kürzlich bekannt wurde, dass sie das Unternehmen verlassen hat, um sich als Tech-Influencerin selbstständig zu machen, stellte sich die Frage, wem die Follower:innen gehören: ihr oder dem Unternehmen? Rechtlich ist die Antwort nicht eindeutig, aber Bothur postet weiter auf dem Account. „Eine gewisse Abhängigkeit besteht immer“, sagt Zaba. „Aber Unternehmen sollten das nicht als Risiko sehen, sondern als Ansporn, eine breitere Basis an Corporate Influencer:innen aufzubauen.“ So werde die Kommunikationsmacht nicht an einzelne Personen gebunden.
Céline Flores Willers, ehemals Miss Universe Germany, ist ein weiteres Beispiel für die Professionalisierung des Phänomens. Die Unternehmerin und Moderatorin gilt mit über 210.000 Follower:innen als eine der bekanntesten LinkedIn-Influencer:innen Deutschlands. Sie und ihr etwa 20-köpfiges Team beraten Firmen in Personal Branding und helfen CEOs, ihre Sichtbarkeit auf der Plattform zu steigern.
Céline Flores Willers. Die ehemalige Miss Universe Germany leitet heute ihre 2020 gegründete Beratung „The People Branding Company“ mit rund 20 Mitarbeitenden. Mit über 210.000 Follower:innen wurde sie für ihre Beiträge zu Innovation, Zukunftstrends und Unternehmertum bereits mehrmals als LinkedIn Top Voice ausgezeichnet.
Intrinsische Motivation
Was Stimmen aus dem Unternehmen heute erfolgreich macht, ist ihre Authentizität, ist Gabat überzeugt: „Sie entsteht nicht durch Titel, sondern durch Haltung. Die besten Corporate Influencer:innen sind nicht die lautesten, sondern die, die wirklich etwas zu sagen haben.“ Auch Zaba betont, dass Glaubwürdigkeit nicht strategisch „erfunden“ werden kann: „Unternehmen sollten ihre tatsächlichen Stärken und Alleinstellungsmerkmale analysieren – und diese ehrlich kommunizieren. Nur so gelingt es, Talente anzuziehen, die wirklich zur Unternehmenskultur passen.“ Gleichzeitig gilt: Wer Mitarbeitende ermutigt, öffentlich für das Unternehmen zu sprechen, muss ihnen Sicherheit geben. „Corporate Influencer:innen brauchen klare Leitlinien und Trainings, um sich selbstbewusst und professionell zu bewegen“, so Gabat. Immer mehr Unternehmen investieren aus diesem Grund in Schulungen und Coachingprogramme. „Solche Coachings sollten Mitarbeitende befähigen, sicher und professionell aufzutreten – nicht vorschreiben, was sie sagen sollen“, sagt Zaba. „Empowerment bedeutet, Menschen das Rüstzeug zu geben, ihre eigene Stimme zu finden. Instrumentalisierung wäre es, Inhalte und Meinungen zentral zu steuern.“ Das funktioniert nur, wenn ein Team intrinsisch motiviert ist. „Zwang ist der größte Fehler, den man machen kann“, warnt Gabat. „Wenn jemand postet, weil er muss, spürt das die Community sofort.“
Menschen wie Bothur und Willers zeigen jedenfalls, dass die Grenzen zwischen Person und Marke verschwimmen – mit allen Vor- und Nachteilen. Und dass Glaubwürdigkeit zur wertvollsten Ressource geworden ist. „Wenn Menschen aus echter Erfahrung heraus sprechen, entsteht Nähe“, unterstreicht Gabat. „Ihre Beiträge erzielen nicht nur mehr Reichweite, sondern sie berühren. Unternehmen profitieren davon, weil ihre Botschaften lebendiger und glaubwürdiger werden.“


