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Innovative Führung: Wie Frauen Unternehmen verändern

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Innovative Führung: wie Frauen Unternehmen ändern

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Unternehmen suchen ständig nach neuen Ansätzen, um ihre Unternehmenskultur zu stärken und nachhaltigen Erfolg zu sichern. Ein vielversprechender Weg: Frauen an der Spitze. Sie verändern Kommunikationsstile, Hierarchien und prägen die Zukunft der Arbeitswelt. Drei Expertinnen erzählen.

"Das Mindset ist das A und O. Die absolute Überzeugung, dass man gemeinsam mit dem Team erfolgreich sein kann. Der Glaube an die eigene Stärke und die des Teams. Der Fokus nach vorne auf das Ziel gerichtet. Daraus entsteht eine Energie, die Großen vollbringen lässt", so Annette Scheckmann, Unternehmensbereichsleitung Österreich und Vorstandsmitglied der STRABAG AG, über ihren Zugang zum Thema Führung. 2008 begann ihre Karriere beim Konzern. "Seither hat sie viele internationale Herausforderungen im Konzern erfolgreich gemeistert", heißt es auf der Unternehmenshomepage.

Dort schreibt man weiter über sie: "Bekannt für ihren Fokus auf 'People First' hat sie es sich zum Ziel gemacht, Mitarbeiterförderung weiter zu denken." Es geht für Scheckmann dabei um aktives Zuhören und darum, individuelle Lösungen zu finden. "Ich glaube nicht, dass zum Beispiel Home Office oder Teilzeit allein die Lösung unserer Probleme sind. Wenn Mitarbeiter:innen den Wunsch nach Teilzeit äußern, bespreche ich mich mit ihnen. Oft 'erkaufen' sich Mitarbeiter:innen durch Teilzeit die Flexibilität, um beispielsweise um 15 Uhr ohne schlechtes Gewissen aus dem Büro gehen zu können, um das Kind vom Kindergarten abzuholen. Sie arbeiten dann aber erst spätabends wieder, wenn das Kind schläft. De facto arbeiten sie dann meist deutlich mehr als ihr Teilzeitbeschäftigte hergibt. Und das ist aus vielen Gründen schlecht, aber auf eines weise ich immer besonders hin: Teilzeit bedeutet auch ein größeres Risiko für Altersarmut, meistens vor allem für Frauen."

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Annette Scheckmann, Unternehmensbereichsleitung Österreich und Vorstandsmitglied der STRABAG AG

© Sven Cichowicz

Frauen führen mit flachen Hierarchien und offener Kommunikation

Rechtsanwältin Julia Fritz sieht in einem starken und vor allem diversen Arbeitsumfeld die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Unternehmen. 2017 wurde sie mit 29, "in sehr jungen Jahren", zur Partnerin der Anwaltskanzlei PHH ernannt. "Ich war noch Konzipientin, als mir angeboten wurde, die Immobilienrechtsabteilung wieder neu aufzubauen, nachdem der Immobilienrechtspartner gegangen ist." Eine Chance, die genutzt werden will. 

"Es war nur noch ein Kunde da. Ich habe sehr viel Zeit und Energie in den Wiederaufbau investiert. Fast jeden Abend war ich auf Events, um mir ein Netzwerk aufzubauen." Mit Erfolg. Seit bald sechs Jahren ist sie nun in einer Führungsposition tätig. In ihrer Kanzlei sind auf Gesellschafterebene zu 50 % Frauen.

"Dies hat einen starken Einfluss auf die Unternehmenskultur. Frauen neigen meist zu einem kooperativeren Führungsstil. Dies hat bei uns auch zu einer offeneren Kommunikationskultur geführt. Es werden in Entscheidungsfindungen auch oft alternative Herangehensweisen und Perspektiven aufgezeigt."

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Rechtsanwältin Julia Fritz

© PHH

Innovative Führung bedeutet: Lösungen suchen - und finden

Für Fritz ist es ein besonders Anliegen, dass ihre Mitarbeiter:innen gerne für sie arbeiten. "Ich möchte, dass sie da sind, nicht weil sie es müssen, sondern weil sie es wollen." Dafür verfolgt sie, zusammen mit ihren Kanzleipartnern, möglichst mitarbeiterfreundliche Strategien: "Wir haben die Kleiderordnung abgeschafft, haben ein erweitertes Managementboard eingeführt mit Vertretern von Anwälten und Rechtsanwaltsanwärtern."

Konkret sieht das folgendermaßen aus: "Alle 2 Wochen machen mein Co-Managing-Partner und ich ein Meeting an welchen – neben unseren Abteilungsleiter:innen – auch jeweils ein Vertreter von den Anwält:innen und ein Vertreter der Rechtsanwaltsanwärter:innen anwesend ist. Damit wollen wir mehr Transparenz in unsere Entscheidungen bringen und auch deren Meinungen in den Entscheidungsprozess berücksichtigen."

Außerdem wird Wert auf eine sehr flache Hierarchie gelegt. "Wir frühstücken einmal im Monat alle miteinander und alle zwei Monate unternehmen wir etwas gemeinsam“, erzählt Fritz aus ihrem Arbeitsalltag. In ihrem Tun geht Juristin voll auf: "Ich liebe es, zu gestalten und Visionen umzusetzen. Und es gefällt mir, das Unternehmen voranzubringen und Lösungen für Probleme zu suchen – und zu finden."

Eine Lösung hat auch Katharina Miller gesucht. Beim ersten Wiedereinstieg nach Ende der Karenz verlor sie ihre damalige Führungsposition. "Nach der Geburt des zweiten Kindes wurde mir klar, dass ich das gewünschte Stundenpensum für meine Fachrolle nicht mehr schaffen konnte. Immer wieder sah ich großartige Jobangebote und hab sie stets verworfen, weil alle Stellen Vollzeit waren." Dann kam ihr die Idee: JobTwins. Eine Jobsharing-Plattform. Zwei Teilzeitarbeitskräfte, die sich einen Vollzeitjob teilen – klingt vielversprechend, aber wie funktioniert das Modell in der Praxis?

"Auf unserer Plattform sind überwiegend Frauen, die gut bis sehr gut ausgebildet sind, etliche Jahre Berufserfahrung haben und beruflich vorwärtskommen wollen, aber eben nicht mit der damit verbundenen typischen 60h Woche. Auf der Unternehmensseite waren es Unternehmen wie beispielsweise DM Drogeriemarkt, die auf uns aufmerksam wurden – schließlich gibt es dort einen sehr hohen Anteil von Frauen sowie eine ebenso hohe Teilzeitquote. Aber auch ein Industrie-Unternehmen im Innviertel, FACC AG, ist begeistert von dem Konzept. Denn in gewissen Gebieten sind die 'Teiche leergefischt'. Da muss man schon kreativ sein, wenn man noch Talente für sich gewinnen beziehungsweise an sich binden will. Frauen spielen da eine große Rolle, denn ihr Potential wurde auf Grund des typischen Vollzeitmarktes bis dato komplett liegen gelassen. Teilzeit ist gleichzeitig eine Lebensrealität von vielen Menschen. Das betrifft aber nicht nur Mütter, auch Menschen in Aus- oder Weiterbildung, die berühmte Gen Z, sowie viele Menschen, die vor der Pensionierung stehen und ihren enormen Erfahrungsschatz in dieser Arbeitsform 'on the job' weitergeben können", so Miller.

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Mag. Katharina Miller

© JobTwins

Herausforderung: Doppelbelastung als Mutter

Rechtsanwältin Fritz erzählt vom Zeitpunkt, als sie vor zwei Jahren zum ersten Mal Mutter wurde: "Bis dahin hatte ich mich nie in meinem Fortkommen gehindert gefühlt." Erst nach der Geburt ihrer Tochter habe sie erfahren, was eine Doppelbelastung wirklich bedeutet. "Auch wenn mich meine Familie, meine Kolleg:innen und auch meine Kund:innen immer stark unterstützt haben, bleibt ein Großteil der Care-Arbeit bei einer Mutter hängen. Auch vor der Gesellschaft musste ich mich immer wieder rechtfertigen, wie ich als Mutter so früh – ich war nicht in Karenz – wieder arbeiten konnte. Man bekommt das Gefühl, sich ständig rechtfertigen zu müssen und nie genug zu sein. Das hat mich stark belastet“, erinnert sie sich. Dennoch ging sie ihren persönlichen Weg immer weiter. Denn: "Erfolg bedeutet für mich, vor allem auch, nicht auf mich selbst zu vergessen. Nur eine glückliche Frau/Mutter/Unternehmerin, ist auch eine gute Frau/Mutter/Unternehmerin."

Fritz bildet in ihrer Position eher die Ausnahme, weiß Miller: "Noch immer sind die Führungsetagen vorwiegend männlich besetzt. Frauen sind eine Seltenheit, Mütter noch mehr. Flexible Arbeitsmodell wie Teilzeit oder Jobsharing sind eine exotische Minderheit." Aber es sind die Ausnahmen, auf die wir den Fokus legen sollten, denn es ist zumindest eine Entwicklung in die richtige Richtung, findet Miller: "Diese großartigen Role-Models schreiten mutig voran und tragen sehr viel dazu bei, dass die Arbeitswelt diverser, empathischer und weiblicher wird."

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Seine Treiber und Triggerpunkte kennen

Am Anfang ihrer Karriere war sie im Job sehr männlich geprägt. "Das habe ich abgelegt. Ich unterscheide auch nicht mehr zwischen Privat und Job. Seit ein paar Jahren gibt es nur noch eine Annette. Ich bin sehr stark in meinen Werten verankert. Jede:r sollte sich kennen, seine und ihre Treiber, aber auch Triggerpunkte: Wofür stehe ich? Was motiviert mich? Warum mache ich, was ich mache? Nur wenn ich weiß, was ich wirklich will, kann ich mein Potential auch richtig entfalten", so Scheckmann.

Das ist die Basis. Dann gilt es, nicht stehenzubleiben: "Du musst ständig an dir arbeiten, dich anpassen, verändern, neu ausrichten." Und den Mut haben, Fehler zuzulassen. "Ich werde nicht aggressiv oder schreie, wenn meinen Mitarbeiter:innen Fehler passieren", so Fritz. Auch ihre eigenen kann sie sich eingestehen: "Wir haben uns letztes Jahr etwa dazu entschieden, 100 % Remote Work einzuführen. Allerdings haben wir rasch erkannt, dass dies unserer Unternehmenskultur nicht guttut, wenn wir uns kaum mehr sehen. Daher sind wir nun auf zwei Tage Home Office zurückgerudert. In der Kommunikation war uns wichtig, hier auch einen Fehler einzugestehen."

Überhaupt stehen wir vor einem Paradigmenwechsel, so Miller: "Wir steuern auf ein Zeitalter zu, da werden wir bald alle wechselseitig voneinander lernen müssen. Das geht über die klassischen Hierarchieebenen hinaus. Auch hier kann Jobsharing sehr wertvoll sein, weil wir einander gut ergänzen können. Um Mutter Theresa zu zitieren: 'I can do things that you cannot do. You can do things, that I cannot do. Together we can do great things'."

Fazit: Drei Ansätze von innovativer Führung

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