Wie ich das Comeback des Jahres feiere
An sich bin ich ein vernünftiger Mensch. Ich gehe vor Mitternacht schlafen, putze davor die Zähne, bezahle Rechnungen sofort und halte mich im Straßenverkehr an Tempolimits. Ich ernähre mich gesund, rauche nicht und benutze im Sommer Sonnencreme.
Wer tagtäglich Vernunft hart an der Grenze zur Langeweile praktiziert, muss sich zum Ausgleich ab und zu in ein Abenteuer stürzen. Und so kommt es, dass der Beste und ich an einem heißen Samstag-Nachmittag im FKK-Bereich am Gänsehäufel liegen und das Display unserer Handys nicht aus den Augen lassen.
Wir wollen zu Oasis. Am liebsten nach Manchester, und deshalb haben wir Flug und Quartier gleich in dem Moment gebucht, als die frisch versöhnten Gallagher-Brüder die Termine für ihre Comeback-Tournee verkündeten.
Fast geschafft: Nur noch 269.789 vor uns
Leider wollen gerade alle zu Oasis. Außer jene, die sie "immer schon schlecht" gefunden haben, wie etwa eine Redakteurin der ZEIT. Der Beste, ich und 14 Millionen andere aber versuchen, Tickets für eines der insgesamt 17 Konzerte zu ergattern. Die Chancen dafür stehen nicht rasend gut. Doch siehe da, nach drei Stunden im digitalen Warteraum sind wir fast am Ziel. Nur 269.789 sind noch vor uns.
Zeit genug also für ein Schnitzerl und einen Radler unter den Sonnenschirmen. Wir werden müde. Kurz nicken wir auf unseren Liegen ein. Dann reißt es mich aus dem Schlaf und ich traue meinen Augen nicht: "It's almost your turn" steht da auf meinem Handy. Unglaublich! Leider bricht in diesem Augenblick die Verbindung zum Server ab. Shit!
Der Beste will die Niederlage nicht hinnehmen. Er kommt jetzt erst richtig in Fahrt, loggt sich immer wieder ein – und wie durch ein Wunder klappt es auf einmal tatsächlich. Kurz vor 17.30 kaufen wir zwei überteuerte "In Demand"-Tickets, schreien laut "Juhuu!!" und sind die glücklichsten Nackerten am Gänsehäufel. Manchester, wir kommen!
Musik unserer Generation
Freitag, 13. Juli 2025, Heaton Park: Gemeinsam mit 80.000 Fans werden wir den Soundtrack zu unserem Erwachsen-Werden noch einmal live erleben. Wie war das damals, Mitte der Neunziger? Die erste Wohnung, das erste Gehalt als Journalistin, das erste Auto, zu kurze Röcke und lange Nächte. In dieser Zeit habe ich mich in den Besten verliebt.
Und ja, wir werden uns einen Abend lang wieder jung fühlen oder vielleicht auch alt. Wir werden Gin Tonic trinken oder Bier aus Plastikbechern, heiser "Live Forever" mitgrölen und das für den Bruchteil einer Sekunde sogar glauben, maybe. Nein, vernünftig ist das nicht. Es ist unbezahlbar.