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Kasia Lenhardt: Hass im Netz und Cybermobbing, die tragische Geschichte der ehemaligen "Germany's Next Topmodel"-Kandidatin

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Kasia Lenhardt portrait

©imago images/Eventpress
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Warum wollte Kasia Lenhardt sterben? Nach der Trennung von Jérôme Boateng stand sie im Zentrum eines medialen Sturms. Beleidigungen, Anschuldigungen und Hass im Netz. All das wurde Kasia zu viel. So scheint es zumindest.

Jung, wunderschön, erfolgreich als Model und in einer Beziehung mit einem ehemaligen Fußballnationalspieler. Das Leben von Kasia Lenhardt schien von außen perfekt zu sein. Doch dann kam die Trennung. Gefolgt von einer Boulevardberichterstattung, in der jedes kleinste Beziehungsdetail öffentlich diskutiert wurde. Lügen und Hass verbreiteten sich im Netz. Alle gegen Kasia. Am Ende konnte sie nicht mehr und hat beschlossen ihr Leben zu beenden. Warum wollte eine so junge Frau sterben?

Darüber möchten wir nicht spekulieren, vielmehr wollen wir aufmerksam machen. Aufmerksam auf eine Frau und ihre traurige Geschichte. Eine Frau, deren Sorgen und Ängste neben einem berühmten Fußballspieler nicht wirklich ernst genommen wurden. Aufklären darüber, wie gefährlich Hass im Netz und Cybermobbing ist.

5 spannende Fakten über Kasia Lenhardt

  1. Von Polen nach Deutschland. Kasia wurde in Polen geboren, zog aber später nach Deutschland und baute sich dort ein neues Leben auf.

  2. "Germany's Next Topmodel". Kasia nahm an der zwölften Staffel von "Germany's Next Topmodel" teil und belegte den 4. Platz.

  3. Auf und ab. Die Beziehung zu Jérôme Boateng: Kasia Lenhardt gelang auch durch ihre Beziehung zu Jerome Boateng in die Öffentlichkeit. Genau das wurde ihr leider später zum Verhängnis.

  4. Öffentliche Trennung, gefolgt von Cybermobbing und Anschuldigungen. Kasia war nach der Trennung zahlreichen Hassnachrichten ausgesetzt.

  5. Tragischer Tod. Im Februar 2021 wurde Kasia Lenhardt tot in ihrer Wohnung aufgefunden. Ihr plötzlicher Tod löste in den Medien und in der Öffentlichkeit eine breite Diskussion aus. Die genauen Umstände ihres Todes wurden bis heute nicht offiziell bekannt gegeben.

Kasias Karriere beginnt mit ihrer Teilnahme bei Germany's Next Topmodel

Kasia Lenhardt wurde am 7. Dezember 1995 in Polen geboren und zog später nach Deutschland. Sie modelte schon seit ihrem 12. Lebensjahr und nahm mit grade mal 16 Jahren an Heidi Klums Castingshow "Germany's Next Topmodel" im Jahr 2012 teil.

Sie belegte den vierten Platz, wodurch sie schnell bekannt wurde und einige Jobs im Model-Business ergatterte. Anfang 2015 wurde sie Mutter ihres Sohnes und begann im selben Jahr in Berlin ein BWL Studium. Von dem Vater ihres Sohnes trennte sie sich aber kurze Zeit später wieder.

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© imago images/Future Image

Die schwierige Beziehung zu Fußballspieler Jérôme Boateng

Die Beziehung zwischen Jérôme Boateng und Kasia Lenhardt begann 2019 und fand schnell den Weg in die Schlagzeilen. Als ein bekannter Fußballspieler und ein aufstrebendes Model standen beide im Rampenlicht der Medien. Eine unbeschwerte Beziehung hatten die beiden aber nicht. Immer wieder gab es negative Schlagzeilen.

Im Oktober 2019 kommt es zu einem Ermittlungsverfahren "wegen einer vorsätzlichen Körperverletzung" gegen den Fußballweltmeister. Kasia hatte sich entschieden, "keine belastenden Angaben mehr zu machen", ihr Fall wurde somit zu den Akten gelegt.

Podcast "NDA: Die Akte Kasia Lenhardt"

Die neue Podcastreihe "NDA" vom "Spiegel" rollt die Akte Kasia Lenhardt 2024 noch einmal auf. In diesem sechsteiligen Podcast sollen Geschichten erzählt werden, die eigentlich nicht erzählt werden. So kommt auch Kasia selbst zu Wort - in Form von alten Sprachnachrichten. Die "Spiegel"-Reporterin Nora Gantenbrink und der Investigativjournalistin Maike Backhaus rekonstruieren die Geschichte zwischen den beiden Hauptpersonen Kasia Lenhardt und Jérôme Boateng vom ersten Kennenlernen bis zu ihrem Tod.

Der Titel "NDA" ist natürlich nicht willkürlich gewählt. NDA bedeutet Non-Disclosure-Agreement, also eine Verschwiegenheitsvereinbarungen, die Kasia kurz vor ihrem Tod unterschrieben hatte. Somit war es ihr verboten, öffentlich über die Beziehung zu Jérôme Boateng zu sprechen.

Trennung über Instagram: Boateng gibt über einen Post die Trennung bekannt

Nach 15 Monaten ist die Beziehung der beiden schon wieder beendet. Die Trennung gab Boateng in seiner Instagram Story bekannt. Darin schrieb er: "Wie aus den Medien bekannt ist, habe ich die Beziehung mit Kasia Lenhardt beendet. Wir werden ab sofort getrennte Wege gehen".

Kasia teilte den Beitrag von Jérôme Boateng in ihrer Story und kommentierte ihn mit: "Die Beziehung habe ich beendet – aufgrund all deiner Lügen und dauernden Untreue, aber gut, das passt ja wieder ins Bild. Alles Gute!"

Die Beziehung habe ich beendet – aufgrund all deiner Lügen und dauernden Untreue

Boateng gab daraufhin der BILD-Zeitung ein Interview. Ein großer Fehler. Er sprach sehr schlecht über Kasia, sie sei eine Lügnerin und hätte zudem seine Beziehung zu seiner Ex-Freundin sabotiert. In dem Interview sagte er: "Kasia wurde meine Ex-Freundin, indem sie die Beziehung zu meiner Ex-Freundin Rebecca und meiner Familie zerstörte und mich erpresste."

Hass im Netz und Cybermbobbing-Attacken: "Ich kann nicht mehr wirklich."

Nach diesem Interview war Kasia zahlreichen Hassnachrichten im Netz ausgeliefert. Als Influencerin war sie das vielleicht zu einem gewissen Grad gewohnt, doch mit dem, was ihr nach Boatengs-Interview mit der "Bild" und den harten Anschuldigungen gegen sie entgegenschlug, kam sie offenbar nicht mehr klar. "Ich bin im Arsch. Ich kann nicht mehr wirklich", schrieb Kasia in einer Nachricht, die ihrer Mutter vorlag.

Boulevardzeitungen, aber auch Privatpersonen, bedienten sich einer massiv verletzenden Sprache, ganz öffentlich. Kasia habe nichts mehr gegessen, nicht mehr geschlafen, sondern "hat nur noch auf ihr Handy gestarrt, Tag und Nacht", sagte ihre Mutter in einem Interview.

Die psychischen Folgen von Cybermobbing reichen von gestörtem Selbstbewusstsein über Angst und Hilflosigkeit bis zu Rückzug und sozialer Isolation. Kasia erlebte eine hohe Anzahl von Hassnachrichten, Beleidigungen und Verleumdungen in den sozialen Medien. Solche Angriffe können schwerwiegende psychische und emotionale Auswirkungen haben, darunter Depressionen, Angstzustände und in einigen tragischen Fällen, wie dem von Kasia, sogar Suizid.

Kasia wird tot in ihrer Berliner Wohnung gefunden

Kasia war 25 Jahre alt, als sie am 9. Februar 2021 tot in einem Apartment im Berliner Stadtteil Charlottenburg, das Jérôme Boateng für die beiden gemietet hatte, gefunden wurde. Es seien "keinerlei Anhaltspunkte für ein Fremdverschulden" gefunden worden, erklärt damals der Gerichtsmediziner.

Sie starb am sechsten Geburtstag ihres Sohnes. Aus diesem Grund vermuteten einige, dass es sich nicht um einen Suizid handeln könne. Auch veröffentlichte Sprachnachrichten von ihr kurz vor ihrem Tod, schienen keinerlei Hinweis auf suizidale Gedanke zu geben. Was genau passiert, das wissen auch wir nicht ...

Der Tod von Kasia hat viele alarmiert und ein gewaltiges Machtgefälle offengelegt

Der öffentliche Hass, die Erpressung, das Interview von Jérôme Boateng – womöglich war das alles zu viel

Öffentliche Bloßstellung. Die Berichterstattung in den Medien über Prominente kann das Machtgefälle verstärken. Kritik, Klatsch und Kontroversen können die Situation verschärfen. Aber auch das Machtgefälle zwischen einem beliebten, erfolgreichen deutschen Fußballnationalspieler und einer Frau, die vielleicht durch ihre Teilnahme an einer Casting Show weniger ernst genommen wurde, wird deutlich. Wieso waren alle gegen Kasia und nicht gegen Boateng?

Eine zentrale Rolle spielen auch sogenannten Verschwiegenheitsverpflichtungen bei Spielerfrauen. In mehreren Fällen haben die Frauen Schweigeklauseln unterzeichnet. Sie nehmen ihnen das Recht, ihre eigene Geschichte zu erzählen.

Am 2. November 2022 wurde Boateng vor dem Landgericht München verurteilt. Er darf keine kritischen Äußerungen mehr über Kasia verbreiten. Seiner Karriere schadeten die Prozesse offenbar nicht. Kurz vor dem Gerichtstermin wechselte er von Bayern München und unterschrieb einen Vertrag bei Olympique Lyon.

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