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Natürlich schön – das kann Naturkosmetik

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Natürliches Model vor beigem Hintergrund und mit großen grünen Blättern und

©Getty images

Eine Branche im Umbruch – wie sich Naturkosmetik zwischen Social Media-Hypes und Greenwashing neu erfindet. Dazu: die spannendsten Marken und innovativsten Wirkstoffe.

Wie wird Naturkosmetik definiert?

Das große Problem, vor dem die Naturkosmetikbranche steht: Der Begriff ist weder rechtlich definiert noch eine geschützte Bezeichnung. „Grundsätzlich verstehen wir unter Naturkosmetik Produkte, deren Inhaltsstoffe zu 100 Prozent natürlichen Ursprungs sind, ob pflanzlich, tierisch, mineralisch oder biotechnologisch“, erklärt Alexander Hartan, Gründer der deutschen Naturbeauty-Brand Studio Botanic. Bio-Kosmetik geht dabei noch einen Schritt weiter und garantiert, dass die Inhaltsstoffe auch aus biologischem Anbau stammen. Im Gegensatz dazu werden mit „naturnaher“ Kosmetik Produkte und Brands beschrieben, die überwiegend natürliche Wirkstoffe verwenden, einen geringen Teil aber künstlich erzeugen – mal mehr unter strengen ökologischen Bedingungen und mal weniger.

Wie wirkt sich Greenwashing auf den Markt aus?

Greenwashing (also die nicht realitätsgetreue Vermarktung von Brands und Produkten als „nachhaltig“) ist nicht nur für Kund:innen ein Problem, auch Unternehmen leiden enorm darunter. Experte Hartan weiß: „Im Einzelhandel hat man es als kleine Marke schwer, sich gegen das mittlerweile sehr breite ‚Clean Beauty‘-Segment durchzusetzen.“ Oft stünden synthetische „Dr. Brands“ oder naturnahe „Greenwasher“ mit massentauglichen Trendinhaltsstoffen und oft sogar höheren Preisen im Vordergrund, und weit effizientere Naturkosmetik rutsche in den Hintergrund. Anthony Merßing, Beauty-Experte und Head of Training bei Santaverde, ergänzt: „Marken müssen daher noch mehr Kraft, Ressourcen und Geld in ihre Kommunikation stecken, um zu informieren, was echte Nachhaltigkeit bedeutet.“

Wie erkenne ich „echte Natur“ im Kosmetikregal?

Die beiden Experten stimmen überein: Am zuverlässigsten lassen sich Naturkosmetikprodukte über Zertifizierungen und Siegel identifizieren. Die bekanntesten sind „NATRUE“ und „COSMOS“. Ersteres ist ein internationaler Standard, bei dem nicht einzelne Produkte zertifiziert werden, stattdessen müssen mindestens 75 Prozent einer Produktserie die „NATRUE“-Standards erfüllen, damit das Siegel auf einem Produkt platziert werden kann. Und auch „COSMOS“ zertifiziert – neben echter Natur- und Biokosmetik – umweltfreundliche Produktions- und Verarbeitungsprozesse, die auch die menschliche Gesundheit respektieren. Wer bereits über umfassendes Wissen auf diesem Gebiet verfügt, findet auf der Liste der Inhaltsstoffe zusätzliche interessante Informationen.

Warum springen Marken auf den Naturboom auf?

Naturkosmetik liegt im Trend – allein in Österreich soll das Marktvolumen laut Statista bis 2030 jährlich um etwa 6,82 Prozent wachsen. Das wissen auch klassische Kosmetikunternehmen: Vermehrt lancieren diese deshalb spezielle Produktlinien, die etwa mit 100 Prozent natürlichen Inhaltsstoffen formuliert sind oder ausschließlich Verpackungen aus recycelten Materialien verwenden. Doch leider: Statt ernst gemeinter Sorge um das Wohl von Mensch und Natur stehen für viele Hersteller wirtschaftliche Aspekte im Vordergrund. Beauty-Experte Anthony Merßing fordert: „Wer nur punktuell ‚grüne‘ Produkte auf den Markt bringt, sollte genau und transparent kommunizieren, wie sich jene Produkte vom herkömmlichen Sortiment unterscheiden.“

Hat Naturkosmetik ein Image-Problem?

In Zeiten von perfekt inszenierten Promis, bekannten Ärzte-Marken und viralen TikTok-Trends wird es für Naturkosmetikmarken immer schwieriger, aufzufallen. Dazu kommt, dass gerade junge Menschen die Produkte manchmal als „uncool“ wahrnehmen. „Es braucht zeitgemäßes Design, moderne Texturen und eine authentische Kommunikation, die nicht belehrt, sondern inspiriert“, findet Merßing. Viele Traditionsmarken wagen deshalb aktuell einen Designrelaunch – cleanes Packaging, Markengesichter und peppiger Social Media-Auftritt inklusive. Aber auch an den Formulierungen wird geschraubt. Hartan ergänzt: „Naturkosmetik ist oft durchdrungen von starken Gerüchen, zu vielen ätherischen Ölen und sehr einfachen, sehr reichhaltigen Formulierungen“. Seine Devise lautet deshalb: „Less is more.“

Ist natürlich der neue Luxus?

„Luxus bedeutet heute nicht mehr nur materielle Dinge, sondern ganzheitliches Wohlbefinden“, sagt Anthony Merßing. Sich bewusst Zeit zu nehmen, Geld in Qualität zu investieren und die eigene Gesundheit in den Vordergrund zu stellen, gilt immer mehr als moderner Luxus. Das Prinzip der Nachhaltigkeit fügt sich sehr schön in diese neue Prämisse: „Sei gut zu dir, sei gut zur Umwelt.“ Das bedeutet auch: lieber wenige, auf den eigenen Hauttyp abgestimmte Produkte verwenden, als auf ein Übermaß an Pflege zu setzen.„Eine Routine mit einer Vielzahl an verschiedenen Reinigungs- und Pflege-Schritten ist zudem nicht für jeden Hauttyp geeignet“, meint Hartan. Darüber hinaus sorgen auch Refills und wiederverwendbare Tools (wie etwa waschbare Abschmink-Pads) für einen umweltschonenden Fokus im Badezimmer.

Heimische Naturkosmetik-Pionier:innen

Susanne Kaufmann

Die Marke der gleichnamigen Gründerin basiert auf einem Mix aus heimischen Alpenkräutern, fortschrittlicher Biotechnologie und jahrzehntelanger Spa-Erfahrung. Die Produkte – vom Badesalz bis zum Face Serum – wirken entspannend.

Ringana

Was die Produkte der steirischen Frischekosmetik-Brand so besonders macht? Sie enthalten rein natürliche und unverarbeitete Inhaltsstoffe, verzichten auf synthetische Konservierungsstoffe und haben dadurch eine besonders hohe Wirksamkeit.

Kami

Entstanden aus dem Wunsch, die Neurodermitis ihres Sohnes zu behandeln, entwickelte Dr. Kerstin Schallaböck eine pflanzliche Alternative zu hautverdünnenden Kortison-Cremes – mit Linol- und Linolensäuren und pflegenden Ölen.

Less is More

Schönheit durch Gesundheit: Die Wiener Haar- und Hautpflege-Brand produziert zertifizierte Biokosmetik. Besonderes Highlight: die Haircare-Produkte, die u. a. speziell für eine professionelle Salonpflege entwickelt wurden.

Saint Charles

Die Naturkosmetikprodukte der Wiener Marke sind tief in der Apothekerkunst verwurzelt. Besonders beliebt: die „Herbal Apothecary Facecare“, die Wirkstoffe wie Lindenblüte, Stiefmütterchen oder Schafgarbe enthält.

Grünes Wirkstofflexikon

Bakuchiol

Als natürliche Alternative zu Retinol gefeiert, wird der Wirkstoff aus den Samen und Blättern der Babchipflanze (Psoralea corylifolia) gewonnen. Seine Wurzeln hat er in der traditionellen indischen und chinesischen Medizin, wo er besonders für seine beruhigenden Eigenschaften geschätzt wird. In Mitteleuropa wird Bakuchiol vor allem aufgrund seiner Anti-Aging-Wirkung eingesetzt: Als starkes Antioxidans reduziert und verhindert der Powerstoff Hautschäden durch Umwelteinflüsse. Darüber hinaus hilft Bakuchiol, ersten Zeichen der Hautalterung wie etwa feinen Linien und Festigkeitsverlusten entgegenzuwirken.

Algen

Algen sind wahre Überlebenskünstler: Sie können in Süß- und Salzwasser genauso leben wie auf feuchten Böden oder in der Luft. Da Algen keine Wurzeln haben, nehmen sie Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine direkt über ihre gesamte Oberfläche auf – und das in hoher Konzentration. Für unsere Haut sind sie demnach nicht nur großartige Nährstofflieferanten, sondern wirken auch feuchtigkeitsspendend, entschlackend, barrierestärkend, zellerneuernd und beruhigend. Und: Da der pH-Wert von Algen jenem der menschlichen Haut gleicht, können wir ihre Wirkstoffe besonders gut aufnehmen.

Phyto-Kollagen

Kollagen ist ein Strukturprotein, das als Hauptbestandteil des Bindegewebes für die Elastizität und Festigkeit unserer Haut verantwortlich ist. Da die körpereigene Produktion mit dem Alter jedoch abnimmt, ist es auch als Nahrungsergänzungsmittel oder Pflegewirkstoffenorm beliebt. Da die meisten Kollagen-Präparate vorwiegend aus Schweine- oder Rindfleisch hergestellt werden, haben Hersteller pflanzliche Alternativen entwickelt – oft aus Mais-, Soja- oder Weizenprotein oder dem Harz des Akazienbaums. Diese minimieren ebenfalls Feuchtigkeitsverluste, stärken die Hautbarriere und fördern die hauteigene Regeneration.

Prinz Ginseng

Eine spannende Alternative zu Retinol- und Retinalseren sind auch pflanzliche Peptide aus Prinz Ginseng. Beauty-Experte Alexander Hartan: „Vor einigen Jahren haben wir ein Gesichtsöl mit Bakuchiol lanciert. Eine wasserbasierte Serum-Formulierung mit ähnlicher Wirkung fehlte aber noch. Dank des Ginseng-Wirkstoffs gelang es uns dieses Jahr erstmals, eine schonende und stabile, nicht ölbasierte Alternative zu entwickeln. In Kombination mit einem Resveratrol-Ferment wirkt es als Booster für Kollagenbildung, Zellerneuerung sowie zur Stärkung der Hautstruktur. Und das ohne Hautirritationen, Lichtempfindlichkeit oder komplizierte Pflegeroutinen!“

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