
Wer sich Geldreserven aufbaut und flexibel sowie vorausschauend plant, wird schwierigere Zeiten gut durchstehen. Und – im Best Case – sogar gestärkt aus ihnen hervorgehen.
Die Frage ist nicht, ob es Rückschläge gibt, sondern wie wir damit umgehen. Resilienz beschreibt die Fähigkeit, unerwartete Stresssituationen so zu bewältigen, dass man daran nicht zerbricht, sondern lernt, ihnen mit Kraft, Klarheit und Stabilität zu begegnen. Gerade in der aktuellen Zeit der multiplen Krisen drängt sich eine Frage auf: Wie schaffe ich es, auch meine Finanzen resilient zu gestalten? Die gute Nachricht: Finanzielle Resilienz lässt sich aufbauen. Es braucht nicht unbedingt ein großes Einkommen oder ein Erbe, sondern vor allem Klarheit, Struktur und ein paar praktische Tricks. Das ist nicht nur in wirtschaftlich herausfordernden Phasen relevant, sondern hilft auch bei persönlichen Krisen wie Jobverlust, Trennung oder Krankheit.
Einnahmen diversifizieren
Petia Niederländer, Hauptabteilungsleiterin für Zahlungsverkehr, Risikoüberwachung und Finanzbildung bei der Oesterreichischen Nationalbank, sieht einen gut geplanten Sicherheitspolster als ersten zentralen Baustein. „Dieser sollte so hoch sein, dass er drei bis sechs Monate die Lebenserhaltungskosten decken könnte, und muss liquide verfügbar sein.“ Dafür sei es notwendig, die eigenen monatlichen Fixkosten genau zu kennen, inklusive möglicher Einsparungspotenziale wie kündbare Abos oder unnötige Ausgaben. Viele Menschen überschätzen ihre finanzielle Leistungsfähigkeit oder verdrängen kritische Zahlen. Die Budgetinformation der Schuldenberatung des Fonds Soziales Wien (FSW) kann hier helfen, einen realistischen Überblick zu gewinnen. Niederländer betont: „Ein Notpolster lässt sich auch mit kleinen Beträgen monatlich aufbauen. Auch Weihnachts- oder Urlaubsgeld eignet sich gut dafür. Es braucht nicht viel, um sich ein erstes budgetäres Sicherheitsnetz zu schaffen.“
Ein weiterer Schlüssel zur finanziellen Resilienz liegt in der Vielfalt der Einkommensquellen. Niederländer empfiehlt, dass Haushalte nicht ausschließlich auf eine Einnahmequelle angewiesen sind. „Es zahlt sich aus, breiter aufgestellt zu sein. Dazu zählen Nebenjobs, aber auch Kapitalerträge wie Dividenden oder Renditen, etwa durch ETFs. Der Zinseszins spielt langfristig für uns.“ Auch Vermietung von Immobilien könne eine zusätzliche Einnahme darstellen. Frauen rät sie insbesondere, auf finanzielle Eigenständigkeit zu achten: „Ein eigenes Wertpapierdepot, ein eigenes Konto, klare Absprachen – gerade in Partnerschaften ist das essenziell. Je verliebter man ist, desto leichter fallen Gespräche über Finanzen. Man sollte sie führen, bevor es zu einer emotionalen Trennung kommt.“
Krisen benennen statt verdrängen
Katharina Zahradka, Leiterin der Finanzbildung in der FSW Schuldenberatung, plädiert dafür, jeden Monat zehn Prozent des Einkommens zur Seite zu legen. Sie betont: „Der wichtigste Schritt ist, sich der Realität zu stellen. Viele Menschen öffnen Briefe von der Bank nicht mehr, wenn sie eine Rate nicht zahlen können. Das verschärft die Lage nur.“ Stattdessen empfiehlt sie, frühzeitig das Gespräch mit der Bank zu suchen und in einem zweiten Schritt mit der Schuldenberatung. „Viele unserer Kund:innen berichten, dass sie nach dem ersten Beratungstermin wieder besser schlafen können. Der Druck wird weniger, wenn man weiß: Es gibt einen Plan.“ Zudem sei es sinnvoll, auf Konsumschulden zu verzichten und größere Anschaffungen erst zu tätigen, wenn die nötige Summe angespart ist. Kontoüberziehungen seien besonders gefährlich: „Das ist mit bis zu 13 Prozent Zinsen der teuerste Kredit, den man haben kann. Viele rutschen auch darüber in die Schuldenspirale.“ Bei größeren Finanzierungen wie einer Immobilie sollte man realistisch kalkulieren. Auch für unvorhergesehene Ereignisse wie Krankheit, Trennung, Jobverlust. Nur wer in solchen Fällen weiterzahlen kann, bleibt langfristig resilient.
Katharina Zahradka sieht in frühzeitiger und umfassender Finanzbildung wie dem FSW-Finanzführerschein für Schüler:innen in Wien einen der wirksamsten Wege, um Schuldenfallen zu vermeiden. „In Österreich wird über Geld kaum gesprochen. Besonders nicht, wenn es schiefläuft. Das wollen wir ändern. Gerade junge Menschen leiden unter enormem Konsumdruck und verschulden sich immer häufiger.“
Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen hat die Oesterreichische Nationalbank das Finanznavi entwickelt: Unter finanznavi.gv.at gibt es fundierte Informationen für verschiedene Lebensphasen – von der Schule über die Karenz bis zur Pension. Auch Tipps zur Vorbereitung auf den eigenen Todesfall oder für den Umgang mit monetären Veränderungen nach einem familiären Verlust sind Teil der Plattform. Zudem bieten auch viele Banken und Finanzdienstleister Weiterbildungsangebote an. „Wir wissen, dass Frauen besonders gut über Netzwerke lernen“, sagt Niederländer. „Deshalb ist der Austausch mit anderen so wichtig.“
Schritt für Schritt zum nachhaltigen Money Management
Wer eine gewisse Widerstandskraft aufgebaut hat, den können auch Krisenzeiten nicht so schnell aus der Bahn werfen.
Rücklage
Ein erster wichtiger Schritt ist der Notgroschen. Dieser kann auch bei geringem Einkommen aufgebaut werden, beispielsweise über das Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Im Idealfall sollte er die Höhe von drei bis sechs Monatsausgaben umfassen.
Überblick
Nur wer weiß, wohin das Geld jeden Monat fließt, kennt mögliche Sparmöglichkeiten. Deshalb ist es wichtig, einen genauen Überblick über die Fixkosten zu haben. Je besser man diese kennt, desto schneller kann man im Notfall reagieren.
Einkommensquellen
Je diverser diese sind, z. B. durch Nebenjobs, Kapitalanlagen oder Mieteinnahmen, desto weniger drastisch ist es, wenn eine davon wegbricht. Das sollte auch innerhalb der Beziehung abgeklärt werden: Offen über Geld sprechen und klare Fronten schaffen.
Sparen
Auch kleine Beträge summieren sich, wenn sie regelmäßig angespart werden. Zehn Prozent des Einkommens pro Monat sind ein guter Richtwert. Außerdem sollte man Konsumschulden so gut es geht vermeiden. Nach dem Motto: Spare zuerst, kaufe später.
Weiterbildung
Wissen ist Macht, auch in Bezug auf Finanzbildung. Es gibt viele Angebote und Ratgeber, durch die man sich weiterbilden kann. Zum Beispiel: Christine von Hardenberg informiert in ihrem Buch „Mach mehr aus deinem Geld!“ (Rowohlt Verlag) über alles, was man über den Vermögensaufbau wissen muss.

Petia Niederländer ist Hauptabteilungsleiterin für Zahlungsverkehr, Risikoüberwachung und FInanzbildung bei der Österreichischen Nationalbank.
© Evelyn Lynam
Katharina Zahradka ist die Leiterin der Finanzbildung bei der FSW Schuldenberatung und weiß, wie sehr Wissen und Weiterbildung die Resilienz verändern.
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