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FOMO: Die ständige Angst, etwas zu verpassen

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6 min
FOMO

FOMO

©Elke Mayr
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Hindert die Angst, etwas zu verpassen, unser Glück den Moment zu genießen? Geschaffen und gesteigert durch die sozialen Medien oder gab es dieses Phänomen schon immer? Eine Psychologin teilt mit uns die besten Tipps gegen FOMO.

Endlich Freitagabend. Die ganze Woche freue ich mich auf meine heiß ersehnte ME-TIME mit Gesichtsmaske, Essen bestellen, Netflix und Entspannung. Dann öffne ich Instagram. Achtung: Fehler, und sehe was die anderen so machen.

Die anderen sind auf Partys, Konzerten, im Urlaub oder beim After-Work Spritzer. Toll, alle haben Spaß und das ohne mich. Das Leben der Anderen erscheint mir in dem Moment (neben mir in meinem Pyjama), viel glamouröser.

Damit wäre die FOMO (FEAR OF MISSING OUT) auch schon ausgelöst. Aber woher kommt das Phänomen und die Angst, ständig etwas zu verpassen? Wir wollten es genau wissen und haben mit Dr. Laura Stoiber, Psychologin und Leitung des Praxiszentrums Praxis 1010, über FOMO gesprochen. Sie verrät die besten Tipps, was wir gegen die ständige Angst einmalige Chancen zu verpassen, tun können.

FOMO: Was ist das?

FOMO, Fear of missing out, bezieht sich auf die Angst, soziale, real stattfindende Ereignisse zu verpassen und das eigene Erleben zu hinterfragen. "Ich gehe besser hin, ich könnte ja den Abend meines Lebens verpassen..." Durch Social Media haben wir ständig Zugang zum Leben anderer Menschen.

Ständig bekommen wir vor Augen geführt, was wir alles erleben könnten und was wir verpassen, wenn wir zuhause bleiben. Diese Angst bezeichnet man als FOMO.

Die FOMO geht mit dem Bedürfnis nach sozialer Verbundenheit einher

Dr. Laura StoiberPsychologin und Coach in Wien

Woher kommt das Phänomen?

Obwohl der Begriff relativ neu ist, ist das Gefühl, etwas zu verpassen, ein universelles menschliches Phänomen, das es wahrscheinlich schon seitdem gibt, seit wir uns dazu entschlossen haben, in einer Gemeinschaft mit anderen zu leben.

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© Dr. Laura Stoiber

Die Urangst: Angst vor sozialer Zurückweisung

Dr. Laura StoiberPsychologin und Coach in Wien

Der soziale Vergleich in den sozialen Medien

Gesteigert wurde diese Angst sicherlich durch Instagram & Co. Viele Zwänge und Ängste lassen sich mit dem Aufkommen der sozialen Medien erklären. Dr. Stoiber erklärt, dass 70 % der Millenials FOMO schon einmal erlebt haben.

Wir neigen dazu, nur die besten Aspekte des Lebens anderer Menschen zu sehen und vergessen dabei, dass auch sie Herausforderungen und Rückschläge erleben. Durch den ständigen Zugang zu den Highlights des Lebens anderer Menschen kann es schwierig sein, die Realität von der inszenierten Online-Präsenz zu unterscheiden.

Unruhig und gestresst: Anzeichen, dass du an FOMO leidest

  • Konzentrationsbeschwerden. Greifst du permanent zum Smartphone, weil du sonst unruhig wirst?

  • Traurigkeit und Frustration.

  • Innere Unruhe bis hin zu Schlafstörungen. Dir lässt es keine Ruhe, wenn du nicht weißt, was deine Freunde grade machen.

  • Du hast den Zwang, ständig Meldungen in bestimmten sozialen Medien zu überprüfen und verfolgen zu müssen.

  • Du vergleichst dich mit anderen und fühlst dich minderwertig, wenn andere dir aus ihrem Leben berichten.

  • Neid. So richtig freuen kannst dich über die Erlebnisse deiner Freund:innen nicht, denn du wünschst dir selber ein Teil davon zu sein.

Welche Menschen sind besonders gefährdet?

Das ist abhängig von deinem Persönlichkeitstyp. "Menschen, die ein geringes Selbstbewusstsein oder Selbstwertgefühl besitzen, neigen eher dazu, an FOMO zu leiden, erklärt Dr. Stoiber. Aber auch introvertierte Personen, denen es schwerfällt nach draußen zu gehen und an sozialen Situationen teilzunehmen. Sie fühlen sich unter Druck gesetzt, da sie sonst etwas verpassen könnten.

"Auch Menschen, die zum Perfektionismus neigen" sind laut Dr. Stoiber betroffen. Perfektionist:innen haben oft hohe Ansprüche an sich selbst und streben nach ständiger Verbesserung und Optimierung. Dieser Drang nach Perfektion kann dazu führen, dass sie sich dauerhaft mit anderen vergleichen und befürchten, dass sie wichtige Chancen verpassen könnten.

Diese 5 Tipps helfen gegen FOMO

Wir haben unsere Expertin Dr. Stoiber gefragt. Sie hat folgende Tipps mit uns geteilt:

  • 1.

    Stell dir einmal bewusst die Frage: "Warum bin ich wertvoll"? Warum mögen dich deine Mitmenschen? Vielleicht bist du besonders hilfsbereit, du kannst gut zuhören oder bringst andere schnell zum Lachen. Menschen mögen dich nicht mehr, weil du auf jeder Party dabei bist und tolle Dinge erlebst.

  • 2.

    Vergleich dich nicht mit anderen. Du bist nicht spannender oder wertvoller, nur weil du so viel machst oder überall dabei bist. Du bist spannend, weil du nachfragst, weil du dir Zeit für andere nimmst und weil du DU bist. Dr. Stoiber hat die Erfahrung gemacht, dass die Menschen, die zuhause ein schönes Leben haben und entspannt sind, die glücklichsten sind. Diese Menschen leben im Moment.

  • 3.

    Hör auf damit andere zu idealisieren. Stell dir vor, du siehst andere auf einem Konzert. Eine tolle Stimmung und der Wunsch, man selbst wäre auch ein Teil davon. ABER: Mach dir bewusst, du siehst hier nur die ausgewählten Highlights. Der beste Song und die einzigartige Stimmung. Was man nicht sieht: Das lange Anstehen davor, Gedrängel, nervige Menschen, die einem die Sicht nehmen und überteuerte Getränke. Diese "Lowlights" werden aber natürlich nicht gepostet. Das gleiche bei den Influencer:innen: Wir sehen 10% ihres Lebens, die restlichen 90 % (die eigentliche Realität) nicht wirklich.

  • 4.

    Balance is key. "Wir brauchen Regen und wir brauchen Sonne", erklärt Dr. Stoiber. Du kannst nicht auf jeder Party dabei sein. Ein ruhiger Freitag Abend ist genauso schön und wichtig, wie eine wilde Party. Ein gutes Leben ist ein entspanntes und ausgeglichenes Leben.

  • 5.

    Digital Detox & Handy weg. Genieß dein eigenes Leben und schau nicht was die anderen machen. Eine Social Media Pause tut manchmal wirklich gut. Praktiziere Dankbarkeit. Wenn du dich mal wieder "nicht genug" fühlst, schau was du schon alles erreicht hast und welche tollen Menschen, dich in deinem Leben begleiten. Oder folge Menschen auf Social Media, die ihr wahres Selbst posten.

Wir brauchen Regen und wir brauchen Sonne.

Dr. Laura StoiberPsychologin und Coach in Wien

Genieß also dein eigenes Leben und schau nicht was die anderen machen. FOMO überwinden: Die Freude im gegenwärtigen Moment wiederentdecken. Der Augenblick zählt: Erfreue dich an dem, was du jetzt gerade erlebst, selbst wenn es nur scheinbare Kleinigkeiten sind. Ein leckerer Kaffee, eine Yoga Session oder ME-Time sind Gold wert!

Was ist JOMO (Joy of missing out)?

Natürlich gibt es auch das Gegenteil: JOMO, die Joy of missing out. Etwas, von dem ich persönlich ein sehr großer Fan bin. Ob ihr es glaubt oder nicht, aber ich verbringe sehr gerne Zeit mit mir allein. Ob allein aufs Konzert oder in den Urlaub. Es geht darum, die eigenen Bedürfnisse und Grenzen zu respektieren, Ruhe und Auszeit zu genießen und sich nicht ständig von externen Einflüssen und sozialem Druck beeinflussen zu lassen.

JOMO ist eine Art des Selbstschutzes und der Fokus auf das, was wirklich wichtig und erfüllend ist, ohne sich von dem ständigen Verlangen nach Teilhabe und ständiger Erreichbarkeit beeinflussen zu lassen. Für mich ist JOMO ein gutes Buch, mein Café und ein Gespräch mit einer guten Freundin. Und bei dir?

Unsere Expertin

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Unsere Expertin

Dr. Laura Stoiber | Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin, Arbeits- und Wirtschaftspsychologin, Sportpsychologin, Systemischer Coach.

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