Seitenweise Sommerfeeling: Buchtipps für heiße Tage

Über Liebe, Freundschaft, Familie und das Glück, das sich manchmal versteckt

• "Für Polina" – gelesen von Ulrike Schwab
  Der neue Roman von Takis Würger erzählt auf bemerkenswert einfühlsame Weise die Geschichte des wundersamen Musikgenies Hannes Prager. In einem kleinen Ort aufwachsend, findet Hannes Trost und Ausdruck in der Musik, denn Worte liegen ihm nicht. Als Teenager verliebt er sich in die lebhafte, direkte Polina; ein temperamentvolles Mädchen, das seine stille Art herausfordert und zugleich ergänzt. Während Hannes in Klangwelten versinkt, tanzt Polina durch ihr Leben. Bestsellerautor Takis Würger gelingt es in seinem dritten Roman mit klarer Sprache und leiser Intensität eine bewegende Coming-of-Age-Geschichte zu erzählen. "Für Polina" ist ein gefühlvolles, poetisches Buch, das ohne Kitsch auskommt, aber dennoch tief berührt. Es feiert die Kraft der Musik, die erste Liebe und die Schönheit der leisen Töne. Würgers Stil ist präzise und zärtlich – eine Liebeserklärung an das Anderssein und die Magie der Verbindung zweier ungleicher Seelen.
  Takis Würger, "Für Polina", Diogenes, € 27,50.

• "No Hard Feelings"
  Genevieve Novak Penny mäandert zwischen ihrer On-off-Liebe, Karrierefrust und Selbstzweifeln. Sie will ihr Leben ändern, doch schlechte Gewohnheiten fühlen sich einfach zu gut an.
  Genevieve Novak, "No Hard Feelings", pola, € 19,–.

• "Das Gefühl von Unendlichkeit"
  Als Zoe und Jack in Harvard aufeinandertreffen, verändert das alles. Eine Entdeckung macht die beiden berühmt, doch der Erfolg bedroht ihre Liebe.
  Austin Taylor, "Das Gefühl von Unendlichkeit", Heyne, € 23,50

• "Sommer ohne Plan"
  Die perfektionistische Cassi, die in Stockholm ein Restaurant führt, hat ein Burnout. Sie flieht aufs Land – und wird versehentlich zum Selbsthilfe-Guru.
  Johanna Swanberg, "Sommer ohne Plan", Hoffmann und Campe, € 26,50

Für Liebhaber:innen feiner Zwischengedanken

• "Die Tänzerin" – gelesen von Kerstin Gruber
  Patrick Modiano schreibt schlicht und unaufgeregt, aber zwischen den Zeilen passiert viel. Die Geschichte um eine Balletttänzerin und einen jungen Chansontexter, der eigentlich Schriftsteller werden will, spielt vor mehr als 50 Jahren in Paris. Sie lernen sich zufällig kennen, begleiten einander durch die Stadt, treffen auf skurrile Gestalten. Sie wirkt verloren, taucht auf, verschwindet wieder und lässt Fragen zurück. Vieles bleibt sehr vage. Wer ist sie wirklich? Was verbindet die beiden? Man muss sich darauf einlassen und akzeptieren, dass nicht alles erklärt wird. Am Ende ist es mehr ein Gefühl, das bleibt, als eine klare Geschichte im Kopf. Modiano, der 2014 den Literaturnobelpreis erhielt, erschafft in diesem Buch eine Atmosphäre, die einen sofort nach Paris versetzt. Nicht in das touristische Paris, sondern in ein stilles, fast menschenleeres Paris, voller schmaler Straßen, versteckter Hinterhöfe und verrauchter Cafés. Kleiner Wermutstropfen: Kaum hat man sich darauf eingelassen, ist es auch schon vorbei, denn das Buch hat nur 96 Seiten.
  Patrick Modiano, "Die Tänzerin", Dumont, € 25,50.

• "Strandgut"
  Earlon „Bucky“ Bronco, 70, verlorener Witwer und vergessener Soulsänger, findet am Meer und in Dinah neue Hoffnung. Ein bewegender Roman über Mut, Verlust und Neuanfänge.
  Benjamin Myers, "Strandgut", Dumont, € 25,50.

• "Zuhause ist das Wetter unzuverlässig"
  Eine Frau will aus alten Mustern ausbrechen und sucht am Meer nach Freiheit. Ein kluger, wütender Roman über weibliche Lebensmuster.
  Carolin Würfel , "Zuhause ist das Wetter unzuverlässig", Hanser Berlin, € 24,50

• "Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken"
  Elisa erzählt Dichterin Mascha Kaléko von Sehnsucht, Liebe und Überleben – eine zarte, schonungslose Hymne ans Leben.
  Sarah Lorenz, "Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken", Rowohlt, € 25,50.

Bücher, mit denen wir uns selbst und unsere Gesellschaft hinterfragen

• "Witches, Bitches, It-Girls" – gelesen von Daria Vogelberg
  "Die bekanntesten Erzählstränge unserer Menschheitsgeschichte triefen nur so von patriarchaler Prägung, während Bringschuld und Beweislast für Korrekturen immer bei uns liegen: den Feminist:innen." Das schreibt Rebekka Endler in „Witches, Bitches, It-Girls“ – und nimmt sich dieser Aufgabe an. In einem teils ernsten, teils humorvoll-sarkastischen Ton arbeitet sie sich durch verschiedene Themengebiete und Epochen. Ob die Rollenverteilung der Geschlechter in der Steinzeit oder der Umgang mit weiblichen Opfern von Gewalt in den Medien, überall spürt Endler den patriarchalen Mythen nach. Zudem geht sie auf moderne Phänomene wie Tradwives ein und erklärt, wie auch Frauen dazu beitragen, patriarchale Erzählungen aufrechtzuerhalten. Über allem steht die Frage, was eigentlich „normal“ ist und wer darüber bestimmt. Endler warnt davor, sich spalten zu lassen, und betont, dass wahre Stärke nicht nur in unseren Unterschieden liegt, sondern auch in der Gemeinschaft. Das Buch ist nicht unbedingt ein leichter Beach-Read, besticht aber durch eine differenzierte Auseinandersetzung mit relevanten Themen.
  Rebekka Endler, "Witches, Bitches, It-Girls", Rowohlt, € 26,50.

• "Die Unbehausten"
  Die Geschichten zweier Menschen, die 150 Jahre voneinander getrennt leben, sind durch ein Haus verbunden. Beide müssen sich auf ihre Weise in einer aus den Fugen geratenen Welt zurechtfinden.
  Barbara Kingsolver, "Die Unbehausten", dtv, € 27,50

• "Geht so"
  Marisa erträgt ihren öden Bürojob nur mit Beruhigungsmitteln und Trash-Videos. Ein Teambuilding- Wochenende mit Drogen droht ihr Leben endgültig ins Wanken zu bringen.
  Beatriz Serrano, "Geht so", Eichborn, € 23,50

• "Wir bleiben wir"
  Der Schweizer Dekorateur und Inneneinrichter Paul begibt sich von den Orkneys nach Norwegen – eine Reise, die seine Welt auf den Kopf stellt.
  Thekla Wilkening, "Wir bleiben wir", BoD –Book on Demand, € 25,50

Thriler und Krimis für schlaflose Sommernächte

• "Stammzellen" – gelesen von Elisabeth Mittendorfer
  Wie macht man die Größe der Klimakatastrophe begreifbar? Die in Wien lebende Villacherin Alina Lindermuth versucht das in ihrem dritten Roman, „Stammzellen“, mit einem radikalen Gedanken: Zumeist ältere Menschen verwandeln sich aus unerfindlichen Gründen recht plötzlich zu Bäumen, eine sogenannte Dendrose tritt ein. Wer kann, lässt sich verpflanzen. Wer nicht, bleibt im Topf. Was wie ein skurriler Sci-Fi-Einfall klingt, entpuppt sich als kluge Allegorie auf das Altern, die Pandemie und auf Krisen, die unser Zusammenleben auf die Probe stellen. Im Zentrum der Geschichte steht die Ärztin Ronja, Teil eines Dendro-Teams, das Menschen begleitet, die diese Verwandlung durchmachen. Zwischen Krankenhausnotstand, Verschwörungsmythen und ganz persönlichen Zweifeln erzählt Lindermuth von einer Welt, die unserer beängstigend ähnlich ist. Dabei reflektiert sie nicht nur über Umweltzerstörung, sondern erzählt auch eine zarte Liebesgeschichte. „Stammzellen“ ist ein Roman mit viel Feingefühl für all jene, die Literatur als Spiegel der Gesellschaft begreifen und auf der Suche nach Büchern sind, die klug unterhalten und lange nachwirken.
  Alina Lindermuth, "Stammzellen", Kremayr & Scheriau, € 26,–

• "Miss Vergnügen"
  Vom Ehemann in Wien ausgesetzt, findet sich Miss Brooks als Beauty-Beraterin in einem Luxuskosmetikkonzern wieder. Und wird ungewollt zur Neo-Ermittlerin.
  Martina Parker, "Miss Vergnügen", Gmeiner, € 20,–

• "John"
  Aus der Rache-Serie, Band 2: Yoko, gesuchte Mörderin, lebt als John auf einer griechischen Insel. Doch die Vergangenheit holt sie ein, als neue Beweise die Jagd auf sie entfachen.
  Bernhard Aichner, "John", Wunderlich, € 25,50

• "Das Beste sind die Augen"
  Feministischer Horror vom Feinsten: Jiwon erlebt Rassismus in ihrem engsten Umfeld, bis ihre Wut zur tödlichen Rache wird.
  Monika Kim, "Das Beste sind die Augen", Kiepenheuer & Witsch, € 24,50