
Zwischen Stall und Stadion: 2021 zog Reality-TV-Star Cheyenne Ochsenknecht nach Graz und wurde Landwirtin. Jetzt macht sie sich als Clubchefin des USV Neulengbach für Frauen im Fußball stark. Wie das zusammenpasst? Gar nicht. Genau das ist ihre Erfolgsdevise: Einfach tun.
Die Nacht war kurz. Bis zwei in der Früh war Cheyenne Ochsenknecht im Stall, um ihren Schafmamas beim Gebären zu helfen. Während wir telefonieren, macht ihr Mann Nino Sifkovits bereits die Weide fertig für die Tiere, die jetzt noch im Stall auf ihrem Chianinahof in der Steiermark sind. Dort lebt die 24-jährige Influencerin aus Berlin seit vier Jahren mit ihren Kindern (4 und 2 Jahre) und rund 500 Stück Vieh, hauptsächlich Rinder. Gute Tierhaltung und ein wertschätzender Umgang sind den Jungbauern wichtig. Neben ihrer Arbeit am Hof engagiert sich das Model nun auch noch für Frauenfußball. Seit Kurzem ist sie Präsidentin des USV Neulengbach und setzt sich dafür ein, dass die Kickerinnen auf dem Spielfeld Fairness erfahren und in der Gesellschaft mehr Aufmerksamkeit bekommen. Wir sprachen mit der Zweifach-Mom über ihre neue Rolle, Ungerechtigkeiten und persönliche Grenzen.
Wie wird man eigentlich Präsidentin eines Frauenfußballvereins?
Ach, das hat sich ziemlich spontan ergeben. Als ich von dem Projekt in Neulengbach gehört habe, wollte ich mir selbst ein Bild machen. Ich habe die Spielerinnen kennengelernt, die Menschen dahinter – und gesehen, wie viel Herz, Einsatz und Vision hier drinnen steckt. Es kam dann heraus, dass die Position der Präsidentin noch offen ist. Und ja, was soll ich sagen – jetzt bin ich es! (lacht)
Glückwunsch! Was ist Ihre Mission?
Ich finde, Frauen im Sport brauchen viel mehr Aufmerksamkeit. Sie leisten genauso starke Arbeit und werden ungleich behandelt und schlechter bezahlt. Das ist nicht fair! Eine Geschichte ist mir besonders in Erinnerung geblieben: Beim Skisprung-Weltcup hat sich letztes Jahr eine Sportlerin beschwert, dass sie für ihren Qualifikationssieg Kosmetikgeschenke bekommen hat, Männern hingegen wurden 3.000 Franken bezahlt. Ich möchte meinen Beitrag leisten, damit sich hier etwas ändert, und die Fußballerinnen in Neulengbach motivieren, dass sie sich nicht unterkriegen lassen. Dafür gebe ich ihnen meine Stimme. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich eine starke Meinung habe, die ich vertrete, egal wer was sagt.
Auch auf Ihrem Bauernhof engagieren Sie sich für einen wertschätzenden Umgang mit Tieren und ein Umdenken in der Landwirtschaft. Was wollen Sie anders machen?
Wir vermarkten zwar Fleisch, aber wir sind ganz klar gegen Massentierhaltung. Lieber exzellente Fleischqualität konsumieren und dafür halt weniger. Wir möchten vermitteln, dass das Bauersein ein cooler Job ist – dafür würde ich mir etwas mehr Respekt und Anerkennung wünschen.


Ehrliche Einblicke in ihr Leben auf dem steirischen Chianinahof geben der Rinderzüchter Nino Sifkovits und Schauspielerin Cheyenne Ochsenknecht in der Reality-Serie „Unser Hof“, die auf Sky ausgestrahlt wird.
© Hitradio Ö3/ Tom Wunderlich für zu Gast bei Ö3- "Frühstück bei mir" bei Claudia StöcklWie wollen Sie Menschen, die keine tierischen Produkte konsumieren, überzeugen?
Ich liebe es, Menschen vom Gegenteil zu überzeugen, und fände es schön, mit Vegetarier:innen und Veganer:innen zusammenzuarbeiten. Letztendlich sind wir ja auch gegen Billigfleisch und Höfe, auf denen Tiere schlecht behandelt werden. Wir möchten das besser machen. Es wird immer Menschen geben, die Fleisch essen, und wenn, dann sollten sie es sich von so einem nachhaltigen Hof holen, wie wir einer sind.
Sie sind mit 21 hochschwanger von Berlin in die Steiermark gezogen, damit Ihre Kinder auf dem Land aufwachsen können. Ist Ihr Leben jetzt so, wie Sie es sich damals vorgestellt haben?
Das war schon eine große Herausforderung. Ich hatte ja keine Vorstellung davon, wie das Landleben wirklich ist. Mein Mann und meine Tiere haben mir da am meisten geholfen. Auch heute noch erdet es mich, wenn ich sehe,dass es meinen Tieren gut geht. Ich bin zu 100 Prozent bei mir angekommen. Das Schönste ist, meine Kinder hier in der Natur aufwachsen zu sehen.
Ihre Kids sind jetzt vier und zwei Jahre alt. Wie teilen Sie die Arbeit am Hof und die Care-Arbeit auf?
Jeder macht bei uns alles. Gestern war ich Hebamme, heute Weidezaunmechanikerin, morgen helfe ich am Schlachthof. Es gibt nichts, worauf ich keine Lust habe. Wobei: Auf Haushalt habe ich eigentlich keinen Bock, aber wir haben halt keine Hilfe. Einer muss es machen, und das bin meistens dann doch ich. (lacht)
Warum? Ihr Mann fühlt sich da nicht auch verantwortlich?
Wir putzen beide – aber ich putze besser, das muss man leider auch sagen. Er kann zwar gut den Müll rausbringen, aber um den Rest kümmere dann doch lieber ich mich.
Sie haben mal gesagt, dass Sie trotz Kinder Ihre Träume und Ziele nicht hintanstellen wollen. Wie gelingt Ihnen das?
Ich bin eine sehr gute Mama und sorge mich um das Wohl meiner Kinder. Trotzdem müssen sie sich nach uns richten. Nino und ich hatten schon immer bestimmte Ziele mit dem Chianinahof, und die möchten wir nicht aufgeben, nur weil wir Eltern geworden sind. Was wir hier machen, ist auch für die Zukunft unserer Kinder wertvoll. Vielleicht möchten sie unsere Arbeit ja mal übernehmen.


Als neue Präsidentin des USV Neulengbach will sich Cheyenne Ochsenknecht konsequent für Gleichberechtigung auf dem Fußballplatz engagieren.
© USV NeulengbachJede fünfte Frau möchte der Umwelt zuliebe keine Kinder mehr in diese Welt setzen. Können Sie das Anliegen der Birthstrike-Bewegung nachvollziehen?
Ja, aber für mich gehört ein Leben mit Kindern und Heiraten einfach dazu. Ich finde, dass Kinder in der Stadt verboten werden müssten, dort ist es nicht lebenswert, sie gehören aufs Land. Aber ich kann nachvollziehen, dass es sich nicht alle Familien leisten können, in die Natur zu ziehen. Ich bin ja selber in der Stadt aufgewachsen, wo ich nur in der Wohnung gehockt bin.
Sie sind mit 21 Jahren Mama geworden. Wie hat sich Ihr Blick auf die Welt dadurch verändert?
Früher war ich ein kleiner Rowdy und nächtelang unterwegs. Die Geburt meiner Tochter holte mich aus meiner Partyzeit raus. Das hat mich komplett verändert, auch meinen Blick darauf, was im Leben wichtig ist. Es hat mich gefühlt auf einen Schlag um zehn Jahre erwachsener gemacht. Ich bin zufrieden mit mir, mein Leben ist erfüllt mit Liebe.
Was würden Sie Ihrem Teenager-Ich heute raten?
Ich würde ihr sagen: „Geh weiter nicht in die Schule und vertraue auf dich.“ Ich wurde stark gemobbt, deswegen war ich so selten in der Schule. Trotzdem ist etwas aus mir geworden. Außerdem würde ich sie noch bitten: „Sei nicht so frech zu deiner alleinerziehenden Mama.“
Es wirkt, als würden Sie Ihre Ziele mutig anpacken, ohne viel zu hadern: Was brauchen junge Frauen heute am dringendsten?
Selbstbewusstsein und eine laute Stimme. Viele lassen sich durch Vergleiche mit anderen – vor allem auf Instagram – einschüchtern. Dort wird ein unerreichbares Körperideal propagiert, das nicht der Realität entspricht. Ich finde die Social-Media-Märchenwelt einfach falsch.
Sie sind ja auch Influencerin mit 646.000 Follower:innen. Was machen Sie anders?
Ich möchte zeigen, dass man sich nicht operieren lassen, jeden Tag Proteinshakes trinken oder rund um die Uhr ins Fitnessstudio laufen muss. Aber vielleicht verändert sich das noch, wenn ich älter werde. Zurzeit habe ich noch einen guten Stoffwechsel. (lacht)
Mir ist letztens auch wieder die WDR-Talkshow vom Oktober 2024 untergekommen, in der Sie von Thomas Gottschalk ungefragt und mehrmals an der Hand betatscht wurden – was medial für Aufregung sorgte. Wie denken Sie heute darüber?
Ich kenne Thomas ja ewig, er ist ein Freund von meinem Vater. Dass er mich angegriffen hat, war wirklich dumm von ihm, weil er genau das wiederholt hat, wofür er öffentlich kritisiert wurde. Er konnte froh sein, dass ich neben ihm gesessen bin und keine andere. Er gehört zu dieser Generation alter weißer Männer, die sich nicht anpassen möchte.
Fällt es Ihnen immer leicht, Ihre persönlichen Grenzen zu verteidigen?
Ich habe genug Männer erlebt, die zu weit in meine Comfort Zone vorgedrungen sind. Wenn mich jemand ungefragt anfasst, kriegt er das lautstark mit. Da habe ich keine Angst und fühle mich auch stark genug, um mich zu verteidigen. Das möchte ich auch meinen Mädels am Spielfeld mitgeben: dass sie laut und stark sind und für sich einstehen.


USV Neulenbach: Fairness im Rampenlicht.



