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Elke Kahr: Die Grazer Bürgermeisterin der KPÖ im Portrait

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Aktualisiert
Lesezeit
10 min

Politikerin Elke Kahr im Porträt!

©IMAGO
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Als Gewinnerin der Gemeinderatswahl am 26. September 2021 hat Elke Kahr - Parteichefin der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) - ein Ergebnis geschafft, mit dem niemand gerechnet hat. Die Politikerin vertritt seit 2021 als erste kommunistische Bürgermeisterin die Stadt Graz. Wer ist die Frau hinter dem unerwarteten Erfolg?

"Jetzt gehe ich einmal eine rauchen", sagte sie zu den Journalist:innen bei der Pressekonferenz 2021 nach dem Sieg ihrer Partei. Er kam unerwartet, wenngleich sich die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) seit 2012 zur zweitstärksten Partei in Graz etabliert hat! Sie lag mit 29,3 Prozent vor der ÖVP (25,8 %) und den Grünen (17 %).

Daraufhin trat Langzeitbürgermeister Siegfried Nagl - der 18 Jahre lang im Amt war - zurück. Seine Nachfolge ist KPÖ-Vorsitzende Elke Kahr! Fun Fact: Nach der Wahlsieg-Party, die bis 1 Uhr morgens ging, hat die Politikerin zusammen Kolleg:innen noch dreckige Gläser selbst abgewaschen. "Damit es keine schlechte Nachrede gibt." Queen!

Steckbrief: Elke Kahr

  • Name: Elke Kahr

  • Geburtstag: 2. November 1961

  • Geburtsort: Graz

  • Wohnort: Graz

  • Sternzeichen: Skorpion

  • Beruf: Politikerin

  • Partner: Franz Stephan Parteder (seit 1988)

  • Kinder: Franz, Maria

Elke Kahrs Kindheit in bescheidenen Verhältnissen

Ihre Ideologie liegt vielleicht auch ihrer eigenen Geschichte zugrunde. Als Dreijährige wurde Elke Kahr von Edith Kahr, einer Verkäuferin, und Otto Kahr, einem Schlosser adoptiert. Aufgewachsen ist sie mit ihrer neuen Familie im Bezirk Gries - in bescheidenen Verhältnissen, wo viele Ärmere und Migrant:innen wohnen. Später machte sie ihre Abendmatura und studierte acht Monate "Lenismus und Marxismus" in Moskau.

Ich bin aus einer Bewegung heraus, die alles hinterfragt.

Elke KahrPolitikerin

In Interviews wird Elke Kahr oft gefragt, ob die beiden ihre Vorbilder sind. Ihre Antwort: "Ich bin ein 68er Kind. Ich bin überhaupt kein autoritätshöriger Mensch oder jemand, der Idole hat. Menschen, die ich bewundere und schätze, gibt es Tausende. Die finde ich tagtäglich im Leben! Ob es großartige Leute waren, die im Widerstand waren wie Maria Cäsar und Franz Leitner aus meiner Bewegung. Ob es meine Enkelin ist … oder mein Partner, den ich total gerne habe und immens schätze."

Alle Positionen der KPÖ-Politikerin im Überblick

KPÖ-Mitglied wurde die Steirerin 1983, zwei Jahre später engagierte sie sich in der Bezirksleitung der Partei. Einen weiteren politischen Sprung machte sie im Jahr 1993: Da wurde sie Gemeinderätin mit dem Fokus auf Wohnen, Soziales, Frauenrechte, Kinderrechte und Jugendliche. Seit 1998 ist Kahr die Klubobfrau der Grazer KPÖ. 2003 und 2004 war sie stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei, 2005 übernahm sie als Stadträtin für Wohnungsangelegenheiten – und hatte das Amt bis 2017 über.

Im Juni 2016 wurde sie zur Bürgermeisterstellvertreterin gewählt. 2017 wechselte sie als Stadträtin ihr Aufgabengebiet und kümmerte sich um Verkehrsangelegenheiten. Sie ist außerdem Vorstandsmitglied im Grazer Büro für Frieden und Entwicklung. Was für eine Karriere!

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2021 wurde Elke Kahr zur Bürgermeisterin von Graz gewählt

Am 17. November 2021 war es soweit und Elke Kahr wurde für den Bürgermeisterinnen-Posten in der steirischen Landeshauptstadt Graz gewählt. Was allein schon ein großes Event ist, wird durch folgende Fakten verstärkt: Elke Kahr ist Graz' erste weibliche Bürgermeisterin. Vorher wurde das Amt nur von Männern ausgeführt. Ein Zeichen, dass Female Leadership auch hier final angekommen ist. Gleichzeitig ist in gesamt Österreich zum ersten Mal eine Kommunistin zur Bürgermeisterin ernannt worden.

Mit der "Robin-Hood-Politik" zum Erfolg

Viele Sozialsprechstunden, bei denen sie bis zu 150 Menschen pro Woche empfängt, unbürokratische Hilfe bei Problemen - Elke Kahr ist für ihre "Robin-Hood-Politik" bekannt. Sie spendet etwa zwei Drittel ihres monatlichen Nettogehalts für Karitatives. Das sind rund 4.000 Euro, die sie an Menschen überweist, die es dringender brauchen – um kaputte Haushaltsgeräte zu ersetzen, Mieten, Kautionen, Lebensmittel und Begräbnisse zu bezahlen. Sie selbst behält sich 1.900 Euro - auch weiterhin.

Ich mag Menschen einfach gerne.

Elke KahrPolitikerin

Einige verbuchen ihr Vorgehen als "Bestechung", Kahr sieht dies anders: "Es rufen Menschen an, Sozialarbeiter:innen, NGOs, Spitäler, die dankbar sind, dass ich und mein Stadtratskollege Robert Krotzer Menschen unbürokratisch und rasch in Notlagen helfen [...] Da geht es nicht um Bestechungsgelder [...] Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie jemanden gefragt, wen er wählt und wie er denkt. Ausschließend entscheidend ist, wie es ihm geht und was er braucht."

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Ihre Nummer (+43 316 872-2000) findet man online und teilweise auf Wahlplakaten – um für alle möglichen Anliegen der Bevölkerung direkt da zu sein. Erreichbar ist sie auf einem alten Nokia. "Wenn ich abheben kann, hebe ich hab." Ihre politische Botschaft, so steht es auf der offiziellen Homepage: "Auf keinen Menschen vergessen." Wofür sie außerdem geschätzt wird, ist ihre Handschlagqualität. "Sie hält definitiv, was sie verspricht. Das sagen wirklich alle", wissen Insider:innen.

Franz Stephan Parteder und Elke Kahr haben zwei gemeinsame Kinder

Zusammen mit ihrem Ehemann - welcher nicht nur Lebensgefährte ist, wie man bisher dachte -dem ehemaligen KPÖ-Landesparteivorsitzenden Franz Stephan Parteder lebt sie in der steirischen Landeshauptstadt. Seit mehr als 30 Jahren ist das Paar liiert und seit Kurzem auch verheiratet. "Offiziell ist es damals nach einem Konzert der Rolling Stones geworden", erzählt Kahr in einem Interview. Mit ihren zwei Kindern, Franz und Maria, und Enkelkind namens Lea hat die Politikerin eine gute Work-Life-Balance gefunden.

Kahr und Parteder wohnen bescheiden. In einer "Der Standard"-Homestory im Jahr 2015 zeigte die Politikerin ihr Daheim: Eine 85 Quadratmeter große Wohnung, Altbau, mit einer Miete von 807 Euro, inklusive Betriebskosten, ohne Heizung. Damals standen Umzugspläne im Raum, weil "unsere Kinder, Maria und Franz, sind zwar schon erwachsen, brauchen das eine oder andere Mal aber trotzdem noch eine finanzielle Hilfe [...] Daher wird in den nächsten Jahren eine Wohnung gefragt sein, die günstiger und kleiner ist." Ein ebenfalls großes, politisches Anliegen von ihr ist leistbares Wohnen mittels einer Mietzinsobergrenze.

Die Grazer Bürgermeisterin ganz privat

Viel wichtiger als ein pompöses Zuhause sind Kahr selbst ihre Hobbys: Pflanzen und Reisen, besonders gern Roadtrips nach Skandinavien. Für Urlaube hat sie seit der gewonnen Wahl aber eher weniger Zeit. Ihr Ziel ist es nach wie vor, das Soziale mit Prestigeprojekten in den Vordergrund zu stellen. Andere Parteien hingegen nennen es "Populismus" - Elke Kahr lässt sich davon allerdings nicht beirren. "Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der man a bisserl mehr aufeinander schaut, Gemeinschaft lebt, Zivilcourage zeigt. Dein Daheim ist so, wie du deine Nachbarschaft pflegst."

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