Logo

Mentale Gesundheit als Erfolgsfaktor

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
6 min
Frau mit geschlossenen Augen, angelehnt an ein Gebüsch
  1. home
  2. Elevate
  3. Karriere

Es ist ein Tabuthema und gleichzeitig in aller Munde: Burnout. Warum Unternehmer:innen endlich die mentale Gesundheit ihrer Mitarbeiter:innen ernst nehmen müssen – und wie sie davon profitieren.

Die Zahlen sprechen für sich: Etwa zehn Prozent der erwerbstätigen Österreicher:innen sind von Burnout betroffen, jede:r Fünfte ist gefährdet. Wie konnte es so weit kommen – trotz Trendthemen wie Selfcare und Mindfulness? "Wir haben gelernt, erste Signale unseres Körpers wie Rückenschmerzen oder Müdigkeit sehr lange zu ignorieren", kennt Psychologin und Autorin Eva Elisa Schneider die Hintergründe. Die meisten handeln erst, wenn es schon zu spät ist, sie wirklich nicht mehr produktiv sein können, denn "gesellschaftlich ist es nach wie vor wenig anerkannt, sich erschöpft zu zeigen".

Zeit, umzudenken: Schneider will das Thema Mental Health endlich aus der Tabuzone holen – und als fixen Bestandteil in Unternehmenskulturen verankern. In ihrem Buch "Mental Health matters" (Haufe, € 22,70) zeigt sie auf, warum mentale Gesundheit keine Privatsache ist und mit welchen Ansätzen Arbeitgeber:innen ihre Mitarbeiter:innen langfristig unterstützen können – um beidseitig davon zu profitieren.

Symptome ernst nehmen – und neue Bedingungen schaffen

"Ich werde den Ansprüchen einfach nicht gerecht, wie kann ich so andere führen?!", offenbarte einer von Schneiders Klient:innen in einer Therapiestunde verzweifelt. Der Mann, der vor Kurzem zur Führungskraft befördert worden war, zerbrach unter dem Druck. Stressige Arbeitswochen mit mindestens 60 Stunden erschöpften ihn völlig. Hinzu kamen hohe innere Ansprüche und Scham. Eine sehr giftige Mischung, weiß die Psychologin: "Einerseits macht man sich selbst Vorwürfe, andererseits kommt die Stigmatisierung von außen, es hätte etwas mit Schwäche zu tun, hinzu."

Um diese Muster aufzubrechen, ist es wichtig, im Unternehmen eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen, in der Belastungsgrenzen und Bedürfnisse offen thematisiert werden können. Nachdem Schneiders Klient das getan hatte, fand er heraus, dass auch sein Chef zuvor von einem Burnout betroffen war. Statt auf Unverständnis stieß er auf Empathie und konnte neue Bedingungen verhandeln, die es ihm ermöglichten, in seiner Funktion zu bleiben. Für die Therapeutin ist es eine von zahlreichen Geschichten, "die erzählt, wie viel möglich wird, wenn wir mentale Gesundheit normalisieren, als Organisationen kreative Rahmenbedingungen schaffen und vertrauensvolle Beziehungen bauen, die uns wirklich unterstützen".

Individuelle Work-Life-Balance erkennen

"Der größte Trugschluss ist, dass es eine strikte Trennung von Arbeit und Privatleben gäbe", ist Schneider überzeugt. Vielmehr treffe für die meisten die Bezeichnung Work-Life-Blending zu. Denn mit der zunehmenden Digitalisierung nehmen viele die Arbeit mit nach Hause – Mails werden noch schnell in der U-Bahn gecheckt, nach dem Aufstehen wirft man schon mal einen Blick in den Business-Kalender. Dabei müssen Führungskräfte verstehen, dass Mitarbeiter:innen das unterschiedlich belastend wahrnehmen können. "Jede:r muss hier das für sich passende Modell finden. Ich persönlich brauche zum Beispiel einen klaren Cut zwischen Arbeitstag und Feierabend." Wichtig sei jedenfalls, dass Manager:innen ihr eigenes Ideal nicht auf andere übertragen, merkt Schneider an. Plus: Je nach Lebensphase können sich Bedürfnisse dahingehend verändern, gibt Schneider zu bedenken. "Das sagt aber nichts über die Kompetenz aus."

Gesundheit ist nicht nur Selfcare, sondern Common Care.

Eva Elisa SchneiderAutorin & Psychologin
Autorin und Psychologin Eva Elisa Schneider
 © Coba Uys

Unternehmenswerte festlegen

"Es nützt nichts, wenn wir ein ganz tolles Yoga-Angebot haben und alle achtsam atmen können, aber die Workloads so astronomisch hoch sind, dass wir die auch nicht mehr wegatmen können", weiß Schneider. Arbeitgeber:innen haben eine Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter:innen. Deshalb sei der erste Schritt, den jedes Unternehmen machen sollte: Awareness schaffen und die eigenen Werte und Angebote in Bezug auf Mental Health niederschreiben.

Maßnahmen umsetzen, die Sinn machen

"Es ist wichtig, Kompetenzen zu entwickeln, um Belastungen frühzeitig zu erkennen", ist Schneider überzeugt. Das heiße aber nicht, dass Chef:innen, wie oft befürchtet, dieses Thema allein stemmen müssen. Vielmehr gehe es darum, sich zu fragen: Wie kann ich an die richtigen Anlaufstellen verweisen, wie etwa an Arbeitspsycholog:innen? Auch neue Tools können helfen: "Es gibt Programme, sogenannte EAPs, dort sind externe und unabhängige Berater:innen angegliedert, mit denen man vertraulich Gespräche führen kann. Sie unterstützen Mitarbeitende bei persönlichen Belastungen." Darüber hinaus gibt es beispielsweise "Mental Health First Aid"-Kurse, mit denen Mitarbeiter:innen sozusagen zu Ersthelfer:innen ausgebildet werden können. Wichtig ist aber vor allem, anzusetzen, bevor es zu spät ist. Letztlich müsse jede:r verstehen: "Gesundheit ist nicht nur Selfcare, sondern Common Care."

*Dieser Beitrag enthält Produkte, die uns zum Testen zur Verfügung gestellt wurden, oder Affiliate-Links. Wenn du über den Link etwas einkaufst, bekommen wir von dem betreffenden Shop eine Provision.

Gesellschaftsphänomene

Über die Autor:innen

Logo
-20% auf das WOMAN-Abo

Hol' dir WOMAN im Jahresabo und spare -20%