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Gemma Styles: "Verstehe mich jetzt besser!"

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Gemma Styles

©Aimee Kritikos
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Gemma Styles ist Autorin, Podcast-Host – und die Schwester eines Weltstars. Doch hinter dem Glamour kämpfte sie jahrelang mit innerer Unruhe und Selbstzweifeln. Hier spricht sie über ihre späte ADHS-Diagnose – und warum sie im Herbst nach Kärnten kommt.

Sanftes Londoner Morgenlicht fällt in ihr Schlafzimmer. An den zeitigen Tagesbeginn musste sich Gemma Styles, 34, jedoch erst gewöhnen: „Ich bin kein Morgenmensch. Mit einem Baby fühlt sich Aufstehen nach 6:30 Uhr wie der reinste Luxus an“, sagt sie im Gespräch mit WOMAN Balance. An ihren Wänden finden sich gerahmte Drucke mit feministischen Zitaten in leuchtenden Farben – Hinweise auf eine Persönlichkeit, die zwischen kreativer Leichtigkeit und tiefer Reflexion pendelt. Mit zartem Timbre, aber klaren Worten spricht sie über etwas, das lange unbenannt geblieben war: ihre Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung – besser bekannt als ADHS.

Späte Diagnose

„Ich habe mich jahrelang gefragt, was mit mir nicht stimmt“, erzählt die junge Mutter. „Warum ich nie zur Ruhe komme, warum mein Kopf so laut ist, selbst wenn alles still ist.“ Gemma Styles, Autorin, Influencerin und ältere Schwester von Pop-Superstar Harry Styles, ist längst mehr als „nur“ ein Promi-Geschwisterteil. Mit ihrem preisgekrönten Podcast Good Influence gibt sie Denkanstöße zu Themen wie mentale Gesundheit, Umweltbewusstsein oder soziale Gerechtigkeit. In ihrem 2024 erschienenen Buch „Why am I like this?“ (Piper) erklärt sie, wie „unser Gehirn funktioniert, wie wir auf Stress, Vergleiche oder soziale Situationen reagieren“. Wer es lesen sollte? „Wenn Sie sich jemals gefragt haben, ob Ihre Gedanken ‚normal‘ sind, dann ist dieses Buch das richtige für Sie.“ Es ist zugleich ein ehrlicher, kluger und humorvoller Bericht über ihr Leben mit ADHS – und ein Aufruf zu mehr Verständnis für eine unsichtbare Störung, die bei Frauen viel zu selten erkannt wird.

ADHS galt lange als „Bubenkrankheit“: Laute, zappelige Kinder, die den Unterricht stören, so lautet das Klischee. Doch bei Frauen, insbesondere Erwachsenen, zeigt sich die Erkrankung oft anders: weniger impulsiv, eher nach innen gerichtet. Und wird dadurch oft übersehen. „Für mich war die Diagnose ein Segen“, sagt Gemma, obwohl sie persönlich „eher nicht“ zu jenen Menschen gehört, die „ihr ADHS als verkapptes Superkraft-Potenzial sehen“. Denn neben Reizüberflutung, emotionaler Überforderung und chronischer Erschöpfung zählen auch Kreativität, Begeisterungsfähigkeit oder ein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn zu den typischen Merkmalen. Die Diagnose war für Gemma insofern eine Erleichterung, als sie nun eine Erklärung für ihre unermüdlichen Gedankenkarusselle, Depressionen und Angststörungen hatte: „Es war, als würde plötzlich jemand das Licht anschalten. Alles, was dazu beigetragen hat, dass ich nicht mehr gegen mich selbst kämpfen muss, war sehr wertvoll. Früher hielt ich mich für unfähig, mein Leben zu organisieren. Jetzt verstehe ich mich viel besser.“

Nach derzeitigem Erkenntnisstand ist die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung eine chronische Erkrankung und nicht heilbar.

Ich will nicht mein ganzes Leben öffentlich machen. Manches gehört nur mir.

Gemma Styles

Ehrlich

Achtsamkeitsübungen, Meditation, Verhaltenstherapien, Coaching, aber auch Medikamente helfen Frauen, mit den Symptomen besser umzugehen und das Selbstmanagement zu verbessern. Viele Frauen, bedauert Gemma, werden mit ihren Symptomen jedoch immer noch nicht ernst genommen. Zum einen, weil Mädchen diese oft durch überangepasstes Verhalten kompensieren – sie sind „Tagträumerinnen“, keine „Störenfriede“. Später erklärt man ihre Erschöpfung dann mit Stress. Die medizinische Forschung hinkt hinterher: Noch heute basieren viele Diagnostikmodelle auf männlichen Fallstudien. „Hinzu kommt, dass viele der Symptome zunächst völlig alltäglich wirken. Wer etwa kennt es nicht, Dinge aufzuschieben und sich mit dem Anfangen schwerzutun?“, fragt die „Mental Health“-Aktivistin. Sie habe einmal einen sehr passenden Vergleich gelesen: „Jeder geht auf die Toilette. Aber wenn man 100 Mal am Tag muss, ist das ein klares Zeichen, dass etwas nicht stimmt.“

Gemma Styles hat gelernt, dass sie sich abgrenzen muss: „Manchmal ziehe ich mich für längere Zeit ganz zurück. Besonders seit meiner Elternzeit habe ich das immer wieder getan.“ Und obwohl ihr auf Instagram über zehn Millionen Menschen folgen und sie die sozialen Medien nutzt, um öffentlich und auch sehr persönlich über psychische Gesundheit zu sprechen, achtet sie genau darauf, was und wie viel sie von sich preisgibt: „Das mag auf den ersten Blick widersprüchlich klingen. Aber ich mag nicht in den schönen Momenten, die ich mit Freunden, meiner Familie oder auch allein genieße, schon überlegen, wie ich das in Content verwandeln könnte.“

Neben der Familie ist die Natur eine große Kraftquelle für die Londonerin: „Zeit in der Natur zu verbringen, wirkt heilend. Die positiven Effekte auf unser mentales und körperliches Wohlbefinden sind gut erforscht.“ Ein Ausflug ins Naturparadies Kärnten im Oktober kommt da wohl gerade recht.

Lesen Sie hier das Interview in voller Länge.

Gemma Styles kommt zur Kunst der Balance nach Kärnten

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