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Gemma Styles über ADHS bei Frauen, Ängste und Mode-Vorlieben

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Aktualisiert
Lesezeit
12 min
Gemma Styles vor einer hohen Hecke

©Gemma Styles X Kenmark Eyewear & Aimee Kritikos
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Die britische Influencerin und „Mental Health“ Botschafterin ist weit mehr als die ältere Schwester von Popstar Harry Styles: Im Herbst kommt Gemma Styles nach Kärnten. Mit WOMAN Balance sprach sie vorab über ihre späte ADHS-Diagnose, Ängste und die Kraft der Natur.

Ihr Nachname lässt viele aufhorchen – und tatsächlich: Gemma Styles ist die ältere Schwester von Pop-Superstar Harry Styles. Doch sie ist längst mehr als „nur“ ein Promi-Geschwisterteil. Gemma Styles ist Autorin, Influencerin und „Mental Health“-Botschafterin. Mit ihrem preisgekrönten Podcast Good Influence gibt die 34-jährige Londonerin Denkanstöße zu Themen wie psychisches Wohlbefinden, Umweltbewusstsein oder soziale Gerechtigkeit.

Sie selbst leidet an der Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung, besser bekannt als ADHS. Die Erkrankung ist nicht vollständig heilbar, mit entsprechenden Therapien jedoch gut behandelbar. Darüber möchte Gemma Styles aufklären: ADHS wird gerade bei Frauen immer noch zu wenig erkannt. Auch in ihrem 2024 erschienenen Buch „Why Am I Like This?“ (Piper) erzählt sie über Symptome, Diagnostik und Therapie von ADHS bei Erwachsenen. Der Ratgeber trägt aber auch generell dazu bei, uns besser zu verstehen und die Herausforderungen des modernen Lebens zu meistern.

Im Herbst kommt Gemma Styles zum Event „Kunst der Balance“ nach Kärnten. Dort wird sie im Stift Ossiach neben weiteren hochkarätigen Speaker:innen auf der Bühne Fragen zu mentaler Gesundheit, female Empowerment und Nachhaltigkeit beantworten. Mit WOMAN Balance sprach sie vorab über ihre späte ADHS-Diagnose, die Vor- und Nachteile von sozialen Medien (sie hat über zehn Millionen Follower auf Instagram), über die Kraft der Natur und Modesünden.

WOMAN

Was motiviert Sie, morgens aufzustehen?

Gemma Styles

Ich war noch nie ein Morgenmensch. Aber wenn man Mutter eines Kleinkindes ist (Anm.: Gemma Styles brachte im Februar 2024 ein Mädchen zur Welt), fühlt sich Aufstehen nach 06:30 wie der reinste Luxus an. Zeit mit Menschen zu verbringen, die ich mag, war für mich immer schon der beste Grund, um aus dem Bett zu kommen.

WOMAN

Sie litten jahrelang an Gefühlen der Unzulänglichkeit und Überforderung. War Ihre späte ADHS-Diagnose ein Fluch oder ein Segen?

Gemma Styles

Die Diagnose selbst war definitiv ein Segen – ganz egal, ob man zu den Menschen gehört, die ihr ADHS als verkapptes Superkraft-Potenzial sehen (ich persönlich eher nicht) oder nicht: Es ist einfach viel schwieriger, mit etwas umzugehen, von dem man gar nicht weiß, dass es da ist.

WOMAN

Warum wird ADHS bei Frauen so oft übersehen?

Gemma Styles

Lange Zeit basierten die Informationen über ADHS auf einem Bild, das sich vor allem an Burschen orientierte – laut, unruhig, auffällig. Dass sich ADHS bei Mädchen und Frauen ganz anders äußern kann, wurde schlicht nicht erkannt oder ernst genommen. Entsprechend fehlte auch der diagnostische Rahmen, um diese Unterschiede zu erfassen.

WOMAN

Gibt es Symptome, auf die man stärker achten sollte?

Gemma Styles

Das Problem ist: Viele der Symptome – von Erschöpfung bis erhöhte Ablenkbarkeit oder Verletzlichkeit – wirken auf den ersten Blick völlig alltäglich. Wer kennt es zum Beispiel nicht, sich mit dem Anfangen von Aufgaben schwerzutun? Doch wenn diese Schwierigkeiten jeden Tag auftreten, bei jeder Aufgabe – selbst bei grundlegenden Dingen wie Essen, Duschen oder Aufräumen – dann wird aus dem „normalen“ Struggle ein unsichtbares Hindernis, das das ganze Leben beeinflusst. Ich habe einmal einen passenden Vergleich gelesen: Jeder geht auf die Toilette. Aber wenn man hundert Mal am Tag muss, ist das ein klares Zeichen, dass etwas nicht stimmt.

WOMAN

Auf Instagram folgen Ihnen über zehn Millionen Menschen. Wie schaffen Sie es, Ihre mentale Gesundheit trotz des Drucks durch soziale Medien zu schützen?

Gemma Styles

Durch klare Grenzen. Manchmal bedeutet das, sich für eine längere Zeit ganz zurückzuziehen – was ich besonders seit meiner Elternzeit immer wieder getan habe. Aber auch im Alltag achte ich sehr darauf, wie viel ich online teile – und wie viel von mir ich dabei preisgebe.
Das mag auf den ersten Blick widersprüchlich klingen, weil ich offen über Themen wie psychische Probleme spreche. Aber mir ist es wichtig, nicht mein gesamtes Leben öffentlich zu machen. Ich möchte mir nicht in dem Moment, in dem ich gerade echte Nähe erlebe – mit Freunden, mit der Familie oder auch mit mir selbst – schon überlegen, wie ich das in Content verwandeln könnte. Manchmal darf ein Moment einfach nur für mich da sein.

WOMAN

Ihr 2024 erschienenes Buch „Why Am I Like This?“ wurde ein New-York-Times- Bestseller. Wer sollte es lesen?

Gemma Styles

Jede*r natürlich! (lacht) Aber im Ernst – vieles von dem, worum es in dem Buch geht, ist universell und betrifft uns alle. Es geht um die Art, wie unser Gehirn funktioniert, wie wir auf Stress, Vergleiche oder soziale Situationen reagieren. Wenn Sie sich jemals gefragt haben, ob Ihre Gedanken „normal“ sind, dann ist dieses Buch definitiv etwas für Sie. Beim Schreiben war es mir wichtig, Menschen ein besseres Verständnis für sich selbst zu vermitteln – und wissenschaftlich fundierte, beruhigende Erklärungen anzubieten, die Mut machen und das Gefühl geben: Du bist nicht allein!

WOMAN

Sie kämpfen seit Jahren mit Angstzuständen und Depressionen. Was hat Ihnen am meisten geholfen?

Gemma Styles

Über die Jahre haben mir verschiedene Dinge geholfen – etwa Medikamente und Therapie. Alles, was dazu beigetragen hat, dass ich nicht mehr gegen mich selbst ankämpfen muss, war sehr wertvoll. Auch die ADHS-Diagnose gehört dazu. Viele Menschen mit neurodivergenten Eigenschaften leiden zusätzlich an Depressionen oder Ängsten. Oft liegt das daran, dass sie sich selbst ständig unter Druck setzen – vor allem, wenn sie gar nicht verstehen, warum sie sich so schwertun. Das Unwissen darüber, warum etwas schwierig ist, macht alles noch belastender.

WOMAN

Am 11. Oktober 2025 sind Sie bei der Veranstaltung „Kunst der Balance“ am Ossiacher See in Kärnten zu Gast. Das Motto des Events lautet „A Breath of Nature“: Was verbinden Sie mit der Natur?

Gemma Styles

Für mich persönlich spielt die Natur eine riesige Rolle, wenn es darum geht, wie ich mich fühle. In Why Am I Like This? spreche ich auch darüber, wie sich Zeit in der Natur ganz konkret auf unser Gehirn auswirkt – und damit direkt auf unsere Psyche. Natürlich ist jeder Mensch unterschiedlich, und was unserem jeweiligen Geist guttut, kann sehr individuell sein. Aber die positiven Effekte von Natur auf unsere mentale und körperliche Gesundheit sind genau erforscht – und sie sind real. Wir bilden uns das nicht ein: Natur tut uns nachweislich gut.

WOMAN

Sie haben ein Faible für Mode und auch Nachhaltigkeit ist Ihnen wichtig. Verraten Sie uns doch Ihren persönlichen Stil!

Gemma Styles

Ich würde sagen, ich entscheide mich oft für eher klassische Stücke, kombiniere sie aber sehr gern mit einem interessanten Element – sei es etwas mehr Farbe oder ein lässiger Schuh, der das Ganze ein wenig auflockert. Wenn ein Outfit zu „durchgestylt“ aussieht, fühle ich mich schnell unwohl – deshalb brauche ich immer etwas, das den Look ein bisschen bricht.

WOMAN

Ihr Lieblingsstück?

Gemma Styles

Ein großer Teil meines Kleiderschranks begleitet mich schon seit Jahren. Eines meiner Lieblingsteile ist ein Vintage-Hemd, das mit handgestickten Details upgecycelt wurde – Kleidung mit einer Geschichte hat für mich einen ganz besonderen Wert.

WOMAN

Gibt es eine Mode-Regel, die Sie gerne brechen?

Gemma Styles

Ich glaube, eine, die ich regelmäßig breche, ist die Vorstellung, dass immer alles „schmeichelhaft“ sein muss. Ich liebe weite, oversized Outfits. Ich wähle diese oft ganz bewusst, denn ehrlich gesagt tut mir das auch mental gut. Anstatt mich jeden Tag mit Körperakzeptanz zu beschäftigen, fühlt es sich für mich manchmal viel gesünder an, meinen Körper einfach nicht ständig zu thematisieren – weder im Denken noch im Styling.

Über die Autor:innen

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