
Mit „Lolita lesen in Teheran“ läuft ein bewegendes Biopic im Kino, das die befreiende Macht der Literatur in Zeiten tiefster Repression spürbar macht.
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Lasst uns gemeinsam herausfinden, ob unser Glaube an die Literatur die düstere Realität dieser Revolution verändern kann. Lasst uns herausfinden, ob die Lektüre von ,Lolita‘ hier in Teheran dabei hilft, uns zu wehren“, sagt die iranische Literaturprofessorin Azar Nafisi (gespielt von Golshifteh Farahani) zu ihren Student:innen. Im postrevolutionären Iran der 1990er wagt Nafisi in einem von radikaler Unterdrückung geprägten Alltag ihre eigene Form des Widerstands: Jede Woche lädt sie sechs ihrer Studentinnen zu einem privaten Lesekreis in ihre Wohnung. Gemeinsam diskutieren sie Werke verbotener westlicher Literatur – von Vladimir Nabokovs „Lolita“ über F. Scott Fitzgeralds „Great Gatsby“ bis hin zu Jane Austens „Stolz und Vorurteil“. Sie sprechen über Menschenrechte und reflektieren Themen wie Freiheit, Liebe und Identität. Was hierzulande vielleicht banal klingt, könnte die Frauen ihr Leben kosten: Die Sittenwächter der radikalislamistischen Mullahs kennen kein Pardon. Bis heute nicht – Szenen aus dem Film „Lolita lesen in Teheran“, der aktuell im Kino läuft, erinnern an die jüngsten landesweiten Proteste im Iran. Menschenrechtsorganisationen sprechen nach wie vor von einem Krieg gegen Frauen und Mädchen, die sich den strengen Kleidungsvorschriften widersetzen.
Wahre Begebenheit
Basierend auf dem gleichnamigen Buch von Azar Nafisi erzählt das berührende Drama die wahre Geschichte der Professorin und Aktivistin, die sich im Stillen gegen die radikale Unterdrückung wehrte und nicht aufhörte, von einer besseren Zukunft für sich und alle anderen Iranerinnen zu träumen. „Ich will nur in Frieden leben. Dann frage ich mich aber, was das eigentlich bedeutet? Was, wenn wir uns an dieses Leben gewöhnen?“ Nafisi konfrontiert ihre Student:innen mit ihren Ängsten. Und hat für sich auch im echten Leben beschlossen, einen anderen Weg zu gehen: Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern floh die iranische Aktivistin, die in den USA bereits englische und amerikanische Literatur studierte, 1997 nach Washington. Bis heute setzt sie sich dort für Menschenrechte im Iran ein – und zeigt in ihren Werken, wie selbstermächtigend Literatur sein kann.



