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"Essen ist politisch": Köchin Asma Khan im Talk

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9 min

©Patricia Niven
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Spitzenköchin, Autorin, Aktivistin, Brückenbauerin: Asma Khan kocht und kämpft – für Gleichberechtigung. Ihre Wurzeln sind dabei stets präsent.

Als König Charles und seine Frau Camilla Ende Februar vor Asma Khans „Darjeeling Express“ im Londoner Covent Garden vorfuhren, waren der Andrang und das mediale Interesse groß. Für die 55-jährige britisch-indische Köchin ist das aber längst keine Besonderheit, beinahe regelmäßig empfängt sie im 2017 eröffneten Restaurant, was (royalen) Rang und (prominente) Namen hat. Khan ist eine kulinarische Senkrechtstarterin. Ihr Auftritt 2019 bei „Chef ’s Table“, der Emmy-nominierten Dokuserie von Netflix, katapultierte sie noch zügiger vom Herd in den Gourmethimmel. Die Köchin, die gerade ihr drittes Kochbuch veröffentlicht hat, wurde zum Star und „Darjeeling Express“ endgültig zum meistgehypten Inder der Stadt.

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EHRENGÄSTE. Über royale helfende Hände freute man sich am 26. Februar in Khans Londoner Restaurant „Darjeeling Express“: Das britische Königspaar Charles und Camilla kam und verpackte Datteln für den Fastenmonat Ramadan und Khans berühmtes Reisgericht „Biryani“ für die Hilfsorganisation „Doorstep“.

 © Eddie Mulholland / PA / picturedesk.com

Heute weiß Khan ihre Bekanntheit – 2024 zählte sie das „Time Magazine“ zu den „100 Most Influential People“ – für viel Dringenderes einzusetzen. Mit Leib und Seele widmet sich die gelernte Juristin ihrer sozialen Mission. Sie möchte „weibliche Stimmen stärken“, auch weil sie in einer Kultur aufwuchs, in der Buben traditionell mehr wertgeschätzt wurden, und sich für ethnische Minderheiten und Migrant:innen, besonders in der Gastronomie, starkmachen. Menschen, die ihrer Meinung nach zu lange unbeachtet blieben. Essen, so sagt sie WOMAN, habe die Macht, diese Ungerechtigkeiten zu thematisieren.

WOMAN

Sie beschäftigen nur Frauen ohne formale Ausbildung und schaffen so ein stützendes Arbeitsumfeld. Warum ist Ihnen dieses Anliegen so wichtig, und spielt Ihre Herkunft dabei eine Rolle? Sie emigrierten 1991 nach Großbritannien ...

Asma Khan

Als zweitgeborene Tochter in Indien wurde mir stets das Gefühl vermittelt, eine Last für alle zu sein. Diese Narben trage ich bis heute mit mir – eine Erfahrung, die Frauen über kulturelle Grenzen hinweg teilen. Ich bin davon überzeugt, dass es unsere Pflicht ist, anderen die Hand zu rei- chen und sie mit nach oben zu ziehen, wenn wir als Frauen in Führungspositionen gelangen. Für mich bedeutet das, lautstark auf die Missstände in der Gastronomie aufmerksam zu machen und weibliche Stimmen zu stärken. Wir dürfen keine von uns zurücklassen. Das ist mein Antrieb.

WOMAN

Finden Sie, dass Essen mehr ist als nur ein Aus- druck kultureller Identität und Tradition?

Asma Khan

Essen ist hochpolitisch und betrifft nicht nur Nahrung, sondern auch Macht, Ungleichheit und Gerechtigkeit. Wer isst und wer nicht, ist politisch. Im Globalen Süden bekommen Mädchen oft zuletzt und am wenigsten zu essen. Historisch gesehen haben Hungersnöte Frauen unverhältnismäßig stark getroffen. Noch heute sind patriarchale Strukturen in der Küche präsent – Frauen kochen meist unsichtbar und ohne Anerkennung, während die professionelle Küche von Männern dominiert wird. Für mich ist Essen das perfekte Medium, um diese politischen und kulturellen Missstände zu thematisieren.

WOMAN

Vor diesem Hintergrund: Welche Herausforderungen haben Sie als Frau erlebt?

Asma Khan

Als ich vor etwa zehn Jahren auf der Suche nach einer Finanzierung für mein erstes Projekt war – damals noch ein Supper Club (Anm., kleines Privatrestaurant) –, wandte ich mich an eine Bank. Die Männer im Raum lachten mich aus und bezeichneten meine Idee als „süßes Hobby“, das keine ernsthafte Zukunft habe. Sie winkten ab und nahmen mich nicht ernst, weil ich eine ältere Frau war, die versuchte, in einer Branche Fuß zu fassen, in der Menschen wie ich kaum vertreten waren. Und auch heute noch bleibt die Gastronomie eine Herausforderung, doch ich habe Verbündete gefunden – darunter auch empathische Männer, die meine Botschaft verstehen und unterstützen. Der Wandel in der Branche geht langsam vonstatten, aber jeder Schritt zählt.

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Bild erstellt mit Color Factory 8.1

Buchtipp. Authentische indische Küche, gepaart mit persönlichen Geschichten: Asma Khan nimmt uns in ihrer dritten Rezeptsammlung „Monsoon“ mit in ihre Heimat. DK Verlag, um € 29,95.

WOMAN

Sie fanden Ihren Platz in der Gastronomie erst spät. 2012 begannen Sie während Ihres Jurastudiums in Supper Clubs zu kochen, 2017 eröffneten Sie Ihr weltbekanntes Darjeeling Express. Was raten Sie Frauen, die eine Karriere in der Gastronomie anstreben? Viele sehen Sie heute als Vorbild.

Asma Khan

Hört niemals auf, für das Richtige zu kämpfen. Ganz gleich, wie weit ihr kommt, ebnet den Weg für die, die nach euch kommen. Mentor:innen sind entscheidend – unterstützt und fördert einander. Sucht eine Gemeinschaft, die sich gegenseitig stärkt: Frauen, die sich erheben, und Männer, die empathische Verbündete sind.

WOMAN

Sie haben von Vorangehen gesprochen. Wie sieht Ihre Idealvorstellung für die Zukunft aus?

Asma Khan

Ich wünsche mir mehr Frauen in Führungspositionen, nicht nur innerhalb der Gastronomie. Und eine Welt, in der die Talente von Frauen und ihre harte Arbeit als selbstverständlich anerkannt werden, ohne dass sie so hart um ihren Platz am Tisch kämpfen müssen!

WOMAN

Neben Ihrer Arbeit im Restaurant und Ihrem unermüdlichen Einsatz für Gleichberechtigung schreiben Sie auch Kochbücher. Kürzlich erschien Ihr drittes Werk: „Monsoon“. Was unterscheidet es von den vorherigen?

Asma Khan

„Monsoon“ ist eine Liebeserklärung an die indische Küche. Besonders bei den Rezepten ist diesmal, dass sie entlang der sechs Jahreszeiten Bengalens (Anm., Region im Nordosten Indiens) strukturiert sind. Es geht mehr um Techniken – etwa das Rösten von Gewürzen – und das Verständnis für Aromen. Die sechs ayurvedischen Geschmacksrichtungen – süß, sauer, salzig, bitter, scharf und herb – sind essenziell für das Gleichgewicht von Geschmäckern in der indischen Küche. Sie prägen jedes Gericht! Ich hoffe, das Buch hilft den Menschen, eine tiefere Verbindung zur indischen Küche zu entwickeln, weit über das Kochen hinaus ...

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Klassiker. Asma Khan präsentiert in ihrem neuen Rezeptbuch 80 authentische und aromatische Rezepte – darunter auch die vegetarische Alternative zu „Chicken Tikka“, „Paneer Tikka“ – mit indischem Frischkäse.

 © Issy Crocke

Paneer Tikka

Zutaten (für 4 bis 5 Portionen)

  • 4 EL Senföl (oder Pflanzenöl)

  • 500 g Paneer (4 cm große Würfel)

  • 1 mittelgroße Zwiebel (2,5 cm große Würfel)

  • 1 grüne Paprika

  • (2,5 cm große Würfel)

Für die Marinade:

  • 400 g Joghurt (über 5 % Fett)

  • 3 EL Zitronensaft

  • 2 EL Kichererbsenmehl

  • 1 EL Chilipulver

  • 1 1/2 TL Kasuri Methi

  • 1 1/2 TL Salz

  • 1 TL Ingwerpaste

  • 1 TL Knoblauchpaste

  • 1 TL frisch gemahlener schwarzer Pfeffer

  • 1 TL gemahlene Kurkuma

  • 1 TL gemahlener Koriander

  • 1 TL geröstetes Kreuzkümmelpulver

  • 1 TL Ajowan (zerstoßen)

Plus:

  • 4-5 dicke Metallspieße

Zubereitung

Zutaten für die Marinade in einer großen Schüssel gut verrühren. 2 EL Senföl dazugeben. Paneerwürfel vorsichtig unterheben, bis sie rundum überzogen sind. Zwiebel-, Paprikawürfel einrühren, bis sie rundum überzogen sind. Die Schüssel mit Frischhaltefolie abdecken, für mind. 2 Std. einkühlen. Für die Spieße nacheinander je ein Stück Zwiebel, Paprika, Paneer aufstecken. Wiederholen, bis alle Zutaten aufgebraucht sind. Es eignen sich zwei Arten der Zubereitung. (1) Im Backofen: Ofen auf 220° (200° Umluft) vorheizen. Spieße auf einen Gitterrost legen, 15 bis 20 Min. unter mehrmaligem Wenden rösten. Oder die Spieße aus dem Ofen nehmen und für einen rauchigen Geschmack mit einem Flambierbrenner oder über der Flamme des Gasherds rösten. (2) Grillen: Den Grill auf mittlere Hitze anheizen, Spieße unter Wenden grillen, bis sie rundum gold- braun sind. Dies sorgt ebenfalls für einen rauchigen Geschmack!

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