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Einvernehmliche Scheidung: Wie läuft sie in Österreich ab?

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8 min
Einvernehmliche Scheidung - die Scheidungspapiere

Wie funktioniert eine einvernehmliche Scheidung?

©Elke Mayr
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Wann macht eine einvernehmliche Scheidung Sinn, was ist dafür notwendig und wie ist der Ablauf? Wir haben die wichtigsten Infos hier im Überblick!

Eine Scheidung ist immer das Ende von etwas Großem. Ein Ende bedeutet auch, dass es einen neuen Anfang gibt. Dennoch stellt für die meisten Menschen eine Scheidung eine Ausnahmesituation dar. Zusätzlich zu allen emotionalen Themen kommen noch die rechtlichen hinzu.

Es stellen sich Fragen, wie alles weitergehen soll und wie man trotz der eigenen Betroffenheit seine Interessen und vielleicht die der Kinder bestmöglich wahren kann. Gerade im Hinblick auf eine Scheidung gibt es in Österreich unterschiedliche Möglichkeiten. Die häufigste Variante ist die der einvernehmlichen Scheidung. 2021 wurden ca. 85,8 Prozent aller durchgeführten Scheidungen in Österreich einvernehmlich abgewickelt (Quelle: Statistik Austria).

Was ist eine einvernehmliche Scheidung?

Einvernehmlich bedeutet nicht immer friedlich. Teilweise gehen einer einvernehmlichen Scheidung monate-, wenn nicht jahrelange Verfahren voraus. Oft braucht es im Vorfeld einige Verhandlungen entweder zwischen den Eheleuten selbst oder auch mit Rechtsanwälten oder Rechtsanwältinnen, um zu einer Einigung zu gelangen.

Um eine einvernehmliche Scheidung durchführen zu können, muss man gemeinsam den Wunsch haben, sich scheiden zu lassen. Daran kann es bereits scheitern, wenn zum Beispiel eine Person weiter an der Beziehung festhalten möchte. Außerdem muss man sich in den wesentlichen Scheidungsfolgen einig sein. Das bedeutet, dass man eine Einigung finden muss, wie das gemeinsame Vermögen oder die gemeinsamen Schulden aufgeteilt werden sollen und wie es um den nachehelichen Unterhalt bestellt ist.

Wenn es Kinder gibt, muss auch noch eine Einigung über den Kindesunterhalt, über die Obsorge und die Kontakte zu den Kindern eine Regelung gefunden werden. Nur wenn man über alle diese Punkte eine Einigung mit der vormals besseren Hälfte erzielen kann, ist eine einvernehmliche Scheidung möglich.

Weiter muss die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens sechs Monaten aufgehoben sein, das heißt, dass man seit mindestens sechs Monaten getrennt sein muss. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass auch eine häusliche beziehungsweise räumliche Trennung von sechs Monaten erforderlich ist. Das ist aber nicht der Fall. Im Gegenteil: Ein voreiliger Auszug kann eine schwere Eheverfehlung darstellen. Aus taktischen Gründen sollte der Wohnungsauszug daher auf keinen Fall erfolgen.

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Viele Paare trennen sich im Laufe der Jahre.

© Elke Mayr

So läuft eine einvernehmlichen Scheidung ab

Möchten sich zwei Eheleute scheiden lassen, können sie gemeinsam bei ihrem Wohnort-Bezirksgericht einen Antrag auf Scheidung stellen. Man kann sowohl mündlich beim Bezirksgericht, z. B. am Amtstag, einen Antrag auf Scheidung zu Protokoll geben oder schriftlich einen Antrag stellen. Es gibt auch ein Formular, das man dafür verwenden kann: Hier geht es zum Download des pdf-Formulars.

Eine einvernehmliche Scheidung wird vom Bezirksgericht als Außerstreitverfahren geführt. Das zuständige Bezirksgericht wird nach einem Antrag auf eine einvernehmliche Scheidung eine Verhandlung anberaumen. Zu dieser Verhandlung müssen beide Eheleute persönlich erscheinen. Die Vereinbarung, die zwei Eheleute über die wesentlichen Scheidungsfolgen treffen müssen, damit eine einvernehmliche Scheidung möglich ist, kann entweder mündlich vor Gericht geschlossen werden oder bereits schriftlich mitgenommen werden und bei Gericht vorgelegt werden. Es empfiehlt sich in jedem Fall, auch bei einer einvernehmlichen Scheidung, eine Rechtsberatung vorab in Anspruch zu nehmen.

Hat ein Ehepaar minderjährige Kinder, ist es notwendig, dass vor der einvernehmlichen Scheidung eine Elternberatung bei einer geeigneten Person absolviert wird Liste der anerkannten Berater:innen gemäß § 95 Abs. 1a AußStrG – Elternberatung vor Scheidung. Das Gericht entscheidet schließlich über den Antrag auf eine einvernehmliche Scheidung mit Beschluss. Gegen diesen Beschluss kann noch ein Rechtsmittel erhoben werden. Es ist aber auch möglich, in der Verhandlung auf ein Rechtsmittel zu verzichten, dann wird die Scheidung direkt rechtskräftig.

Achtung – gut zu wissen: Jeder der zwei Eheleute, kann den Scheidungsantrag bis zur Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses noch zurückziehen.

Kosten der Scheidung im Einvernehmen

Eine einvernehmliche Scheidung hat den Vorteil, dass man sich im besten Fall ein langwieriges, teures und emotional aufwendiges Verfahren erspart. Hat man gemeinsame Kinder, ist ein streitiges Scheidungsverfahren auch für die Kinder eine immense Belastung. Außerdem ist eine einvernehmliche Scheidung wesentlich kostengünstiger. Anwält:innen arbeiten gerade im Familienrecht oft auf Stundensatzbasis und Stundensätze rund um 300 Euro sind keine Seltenheit. Kommt es zu mehreren Verhandlungen oder gibt es umfangreiche Korrespondenz, braucht man vielleicht Sachverständige.

Ein Verfahren kann schnell sehr teuer werden. Im Vergleich dazu sind die Kosten für eine einvernehmliche Scheidung überschaubar: Für den Scheidungsantrag müssen 312 Euro bezahlt werden, für den notwendigen Vergleich in der Verhandlung ebenfalls 312 Euro. Soll Eigentum übertragen werden, kommt noch etwas dazu. Es hängt davon ab, wann man einen Termin beim Bezirksgericht ergattern kann, aber üblicherweise kann eine einvernehmliche Scheidung, bei der alle offenen Punkte bereits geklärt sind, innerhalb von wenigen Wochen bis Monate abgewickelt werden.

Wann ist eine einvernehmliche Scheidung keine gute Idee?

Im Familienrecht macht es oft Sinn, eine Einigung anzustreben, aber nicht zu jedem Preis ist das eine gute Sache. In Österreich ist es so, dass nach wie vor Frauen den Löwenanteil an unbezahlter Care-Arbeit übernehmen, denn Frauen betreuen häufig überwiegend die Kinder. Viele Frauen arbeiten nach der Geburt der Kinder einige Zeit nicht und kehren dann in Teilzeit zurück. Das bringt Einkommensnachteile mit sich. Hat die Frau für die Familie zurückgesteckt, sollte das bei einer Scheidung, wenn es vielleicht um nachehelichen Unterhalt geht, berücksichtigt werden.

Gerade Frauen sollten sich unbedingt beraten lassen, bevor sie Zugeständnisse bezüglich einer Scheidung machen. Ist der Ehemann möglicherweise fremdgegangen und hat bereits eine neue Freundin, ist einfach aus der Ehewohnung ausgezogen oder hatte sich sonst nicht ausgezeichnet, kann das die eigene Position im Scheidungsverfahren massiv verbessern. Auch wenn das Ziel vielleicht eine einvernehmliche Scheidung ist, ist es sinnvoll, die eigenen Chancen in einem hypothetischen Verfahren abzuwägen. Hätte man nämlich in einem allenfalls möglichen strittigen Scheidungsverfahren gute Karten, wird das auch bei den Verhandlungen und einer einvernehmlichen Scheidung einzupreisen sein.

Kann man sich im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung auf das einigen, was einem auch in einem Scheidungsverfahren möglicherweise zustehen würde, ist es eine gute Sache. Aber: Nur um ein Scheidungsverfahren auf jeden Fall zu verhindern, sollte man nicht auf alles verzichten.

Familienrecht

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