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Transgender: Wenn Geschlechtsidentität und Sex nicht übereinstimmen

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Transgender: Wenn Geschlechtsidentität und Sex nicht übereinstimmen

Was bedeutet es, trans* zu sein?

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Im 21. Jahrhundert darf es keinen Platz für Diskriminierung und Hass geben - eigentlich. Dennoch werden Menschen weltweit dafür angegriffen, wen sie mögen, wie sie sich anziehen und schließlich dafür, wer sie sind. Dies trifft auch auf Transgender-Personen zu, die neben Liebe und Support viel Transphobie erfahren müssen.

Innerhalb der letzten Jahre wurde unser Wortschatz eventuell um ein paar wichtige Worte ergänzt: Transgender, Trans-Mann, Trans-Frau, Transsexualität, Transidentität & Co. Das kann erst einmal überfordern - vor allem, wenn man nicht genau weiß, worum es sich dabei handelt und wo der Unterschied liegt.

Um einen möglichst neutralen Begriff zu verwenden, wurde schließlich trans* eingeführt. Das Sternchen dient als Platzhalter und zeigt auf, dass es eine geschlechtliche Vielfalt mit verschiedenen Identitäten gibt! Wer trans* ist, identifiziert sich nicht mit dem zugeschriebenen, biologischen Geschlecht. Wir finden: Gender ist das, was man fühlt - und das weiß letztendlich nur jede:r für sich.

Wir haben Gynäkologin Dr. Ulrike Kaufmann vom Institut für Frauengesundheit "Sante Femmé" in Wien getroffen. Diese ist Expertin für Transgender-Themen und hat sich dazu bereit erklärt, ihr Wissen mit uns zu teilen. "Das Schöne an der Arbeit ist, dass man mit Menschen gemeinsam arbeitet. Jede:r ist individuell und braucht eine andere Therapie", so die Ärztin über ihre Beweggründe.

Egal, in welche Richtung man die Flagge hält, das Muster ist immer richtig. Das bedeutet, dass auch wir den richtigen Weg in unserem Leben gefunden haben.

Monica HelmsDesignerin der Trans*-Flagge

Was versteht man unter Transgender?

Identität - ein vergleichsweise kurzes Wort mit viel Nachklang. Nicht immer ist sofort klar, warum wir so sind, wie wir sind ... oder auch, wer wir sind. Wichtig ist, zu verstehen, dass man dies nicht von einem Moment auf den anderen herausfinden muss, kann und wird. Dies trifft auch auf das Thema Transgender zu. Für manche gibt es bereits im Jugendalter einen Moment der Realisation, andere hingegen - darunter auch Caitlyn Jenner, Mutter von Kylie Jenner und Kendall Jenner - brauchen mehrere Jahrzehnte.

Der Begriff "Gender" kommt aus dem Englischen und bezeichnet das sozial selbst zugewiesene Geschlecht. "Trans" ist Latein und bedeutet "hin zu", "hinüber" oder "jenseits" - zusammengesetzt heißt "Transgender" also, dass das eigene Geschlecht unabhängig von körperlichen Merkmalen (aus)gelebt wird, wie man möchte.

Man muss es sich so vorstellen: Es kann vorkommen, dass das biologische, bei der Geburt eingetragene Geschlecht (und dessen Merkmale) zeitweise oder dauerhaft nicht mit dem gefühlten Geschlecht übereinstimmt. Körper und Seele sind getrennt! Natürlich wird versucht, beides wieder in Einklang zu bringen. Trifft dies auf dich zu, bist du trans* - egal, ob Maßnahmen herangezogen werden oder welchem Geschlecht du dich zuordnest.

  • Transmann: Männer mit angeborenen weiblichen Geschlechtsmerkmalen und männlicher Geschlechtsidentität.

  • Transfrau: Frauen mit angeborenen männlichen Geschlechtsmerkmalen und weiblicher Geschlechtsidentität.

Transgender zu sein, ist keine Krankheit, kein Lebensstil und keine Phase. Wer trans* ist, hat sich dies ganz sicher nicht ausgesucht - denn es kommen sehr viele negative Erlebnisse vor. Auch gibt es keine bestimmten Anzeichen, um im Voraus sagen zu können, dass jemand später mal trans* sein wird. Wie viele Menschen wirklich betroffen sind, ist schwer zu sagen, da die Definitionen unklar sind: Manche Quellen berücksichtigen nur Personen mit Geschlechtsangleichung, andere wiederum auch diese, die ihren Körper (bisher) nicht verändert haben.

Sind Begriffe wie Transsexuell, Transidentität und Transgender dasselbe?

Um der queeren Community eine Stimme zu geben und Klarheit zu schaffen, wurde mit LGBTQIA+ eine klare Bezeichnung für alle Orientierungen sowie Identitäten geschafft. Einerseits hilft dies, das Thema zu normalisieren, andererseits erhöht sich dadurch die Entstehung von Vorurteilen, Klischees und Schubladendenken.

Wer sich unsicher ist, sollte sein Gegenüber als erstes immer nach der eigenen Selbstbezeichnung fragen - und diese auch respektieren. Richtiger Sprachgebrauch ist die Basis für alles Weitere! Damit ihr in keine brenzlige Situation kommt, erklären wir euch den Unterschied zwischen transsexuell, transident und trans*(gender).

Wichtig: Transvestit, Drag oder Transe haben - trotz eventuell ähnlichem Wortklang - nichts mit Transgender zu tun.

Transsexualität

Dieser Begriff stammt aus der Wissenschaftssprache und wird oft von cis-Personen genutzt. Obwohl er eigentlich beschreiben soll, sich nicht mit dem bei der Geburt zugeschriebenen Geschlecht zu identifizieren, gibt es mehrere Probleme: Die Endung "-sexualität" stellt vor allem die körperliche Komponente in den Vordergrund und lässt das Wort fälschlich wie eine sexuelle Orientierung wirken.

Hinzukommt, dass Transsexualität auf dem binären Geschlechtssystem basiert und "transsexuell" früher in der Medizin sowie Psychoanalyse als Krankheitsbild bzw. Störung der Geschlechtsidentität definiert wurde - dies wurde so auch in der internationalen Klassifikation von Krankheiten (ICD) gelistet. Transsexualität ist daher kein Synonym für Transgender und ein diskriminierender Begriff.

Transidentität

Im Gegensatz zu Transsexualität liegt der Fokus bei Transidentität nicht auf dem Körperlichen. Auch hier stimmen per Definition die Geschlechtsidentität und Sex nicht miteinander überein. Ein Minuspunkt des Wortes ist, dass es teils so klingt, als hätte man sich ausgesucht, transident zu sein. Im Grund genommen ist es aber eine akzeptable (Selbst-)Bezeichnung.

Transgender

Wer sich unsicher ist, kann und sollte Transgender oder trans* benutzen. Bei diesem Wort werden alle und keine Geschlechter - also auch nicht-binäre Identitäten, die sich weder als männlich noch weiblich sehen - miteinbezogen. Ursprünglich wurde der Begriff in den 1970er-Jahren populär, als sich vermehrt trans*-Personen in der Öffentlichkeit outeten.

Gender, biologisches Geschlecht und sexuelle Orientierung: Wo liegt der Unterschied?

Wie schon zuvor erwähnt, glauben viele aufgrund des Wortes "transsexuell", dass es sich bei trans* um eine sexuelle Orientierung handelt. Beim "T" in LGBTQIA+ geht es jedoch - im Gegensatz zu den vorherigen Buchstaben - zum ersten Mal um Gender, also Geschlechtsidentität. Wer Transgender ist, kann nämlich straight oder queer sein! Sexuelle Orientierung beschreibt ... Trommelwirbel ... sowohl sexuelles als auch romantisches Verlangen wie Fantasien, Attraktivität und Präferenzen.

Gender bezieht sich darauf, wie man sich selbst als Person sieht. Bei der Geburt haben wir logischerweise kein Mitspracherecht und nicht jede:r weist sofort die finanziellen Mittel oder überhaupt Lust auf, geschlechtsangleichende Maßnahmen zu veranlassen. Daher stimmt das biologische Geschlecht (vorübergehend) nicht mit dem sozialen Geschlecht überein. Ersteres - im Englischen als "Sex" bezeichnet - fokussiert sich auf sichtbare, messbare Faktoren und körperliche Merkmale wie Genitalien, Brüste und Chromosomensätze.

Voraussetzungen für eine Transition in Österreich

"Ach, da hilft dir Therapie!" - ein Satz, den vermutlich schon viele Transgender gehört haben. Dem Wunsch einer Transition wird mit Therapie allerdings nicht nachgegangen. Um eine Hormonbehandlung und/oder geschlechtsangleichende Operation zu machen, müssen innerhalb Österreichs verschiedene Prozesse durchlaufen werden.

Diagnostischer Prozess

Hier dreht sich alles um die dreifache Diagnostik: die psychotherapeutische Diagnostik, die klinik-psychologische Diagnostik und die psychiatrische Diagnostik. Die Ergebnisse dieser werden durch eine:n Fallführer:in in einem Konsensbeschluss in Form einer Stellungnahme zusammengefasst. Dabei handelt es sich um eine:n von dem:der Patient:in selbst bestimmte:n Vertreter:in der bereits eingebundenen Fachkräfte.

Kurz gesagt: Es geht darum, zu schauen, ob der:die Patient:in psychisch stabil ist und versteht, was auf ihn:sie zukommen wird. "Die Voraussetzung ist eine sichere Diagnose und kann schon in jungen Jahren in einer Kinderklinik festgestellt werden", erklärt Dr. Ulrike Kaufmann.

Therapeutischer Prozess

Ist die psychotherapeutische Behandlung abgeschlossen oder gar nicht erst indiziert worden, sind vor Beginn der Hormonbehandlung urologisch-gynäkologische Untersuchungen, Risiko-Screenings hinsichtlich Kontraindikationen und bei Bedarf auch zytogenetische Untersuchungen erforderlich. Auch hierauf folgt wieder eine Stellungnahme. Bestehen keine Bedenken, folgt die Freigabe für jeden somatischen Behandlungsschritt, der trotzdem ärztlich begleitet werden muss.

Übrigens: Eine geschlechtsanpassende Operation in Form genitalchirurgischer Eingriffe ist nach etwa einem Jahr Hormontherapie möglich.

Alles zur Namens- und Personenstandsänderung

Durch die Änderung des Personenstandes - früher "Geburtenbuch" - wird man offiziell vor Ämtern, Behörden, am Arbeitsplatz sowie bei der Sozialversicherung im gelebten Geschlecht anerkannt und kann passende Dokumente erhalten. Auch die soziale Akzeptanz profitiert von einer Personenstandsänderung.

In Österreich ist ein solcher juristischer Geschlechtswechsel seit 1983 möglich und erfolgt nach § 41 Personenstandsgesetz. Voraussetzung für die Bewilligung sind die oben angeführten Konsensbeschlüsse - die Diagnose "Transsexualität" muss seit 2020 nicht mehr enthalten sein und auch geschlechtsangleichende Maßnahmen sind kein Muss.

Abschließend wird vom Standesamt eine neue Geburtsurkunde ausgestellt, mit der alle weiteren relevanten Dokumente wie Meldezettel, Reisepass oder Führerschein beantragt werden können. In Dänemark, Malta, Irland und Norwegen ist übrigens kein psychologisches Gutachten notwendig, wenn es um die rechtliche Anerkennung der geschlechtlichen Identität in Form von Personenstands- und Namensänderungen geht.

Wie funktioniert eine Hormonbehandlung und geschlechtsangleichende Operation?

Um sich körperlich dem sozialen Geschlecht anzupassen, gibt es verschiedene - teilweise sehr radikale und aufwendige - Möglichkeiten. Denkt dran: Wer trans* ist, ändert das Geschlecht nicht! Es erfolgt eine Geschlechtsangleichung, um Diskrepanz aufzulösen. Dafür gibt es mit Hormonbehandlungen und Operationen zwei Möglichkeiten, wobei jede:r Betroffene selbst darüber entscheidet, wie weit er:sie geht.

Gut zu wissen: Da geschlechtsangleichenden Maßnahmen innerhalb Österreichs als Heilbehandlung gelten, werden diese von der Krankenkasse bezahlt.

Hormontherapie mit Testosteron, Gestagen und Östrogen

Mithilfe Hormonen, welche in Form von Tabletten, Pflastern oder Depotspritzen verabreicht werden, können die Hormone des körperlichen Geschlechts unterdrückt und die des Identitätsgeschlechts zugeführt werden. Dadurch verändert sich das äußere Erscheinungsbild - beispielsweise Brüste, Bartwuchs und Stimme. Es kann außerdem vorkommen, dass ein sogenannter "Micro Dick" entsteht - dabei vergrößert sich die Klitoris.

"Die Hormone haben einen großen Einfluss auf unsere Psyche. Frauen, die Testosteron nehmen, weinen beispielsweise weniger häufig als Männer, die eine Hormontherapie zur Frau machen. Man kann das mit dem Östrogenspiegel der Frau während der Zyklustage vergleichen - es ist ein Auf und Ab. Diese ungewohnten Stimmungsschwankungen können für die Patient:innen belastend und unangenehm sein. Auch hier gibt es psychotherapeutische Unterstützung", so Dr. Ulrike Kaufmann über Hormonbehandlungen.

Es ist unglaublich wichtig, auf die ärztlich verordnete Dosierung zu achten! Durch eine Dosissteigerung kann die Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale nicht erhöht werden, da diese genetisch bedingt ist. Stattdessen kommt es zu gefährlichen Nebenwirkungen.

Transgender-Operation von Mann zu Frau

Nicht alle, die Transgender sind, möchten chirurgische Eingriffe machen lassen. Ist dies jedoch der Fall, so können die Geschlechtsorgane angepasst werden. Bei der Genitalangleichung ist es möglich, aus dem Penis nach innen gestülpt eine Vagina zu schaffen. Im ersten Schritt werden die Penisschwellkörper, Hoden und Samenstränge entfernt. Zusätzlich erfolgt der vaginale Aufbau:

  • Vagina: Neovaginahöhle wird zwischen Blase und Enddarm geschaffen, wofür beispielhaft die Penisschafthaut und Haut vom Hodensack verwendet werden

  • Vulva: Vorhaut wird erhalten, um mit der Penisschafthaut die kleinen Vulvalippen zu formen

  • Klitoris: Erogenes Gewebe der Peniseichel wird für Nachbildung der Klitoris erhalten

Daraufhin erfolgt eine Optimierung der Funktion und - je nach Bedürfnissen der Patient:innen - die Berücksichtigung ästhetischer Aspekte. Dazu zählt auch ein Aufbau der Brüste.

Transgender-Operation von Frau zu Mann

Auch hier erfolgt eine Anpassung der äußeren sowie inneren Geschlechtsmerkmale. Bei der Operationen von Frau zu Mann sind folgende Maßnahmen möglich:

  • Maskulinisierende Brust-Operation (Masektomie)

  • Total laparoskopische Hysterektomie und Adnektomie: Entfernung der Gebärmutter, Eileiter und Eierstöcke

  • Kolpektomie: Entfernung der vaginalen Schleimhaut und Verschluss der Vagina

  • Klitorispenoid (Klitpen, Metaidoioplastik): Streckung der Klitoris und Verlängerung der Harnröhre

  • Penoidaufbau (Phalloplastik): Bildung entweder aus dem Unterarmlappen, Vollhauttransplant des Unterbauchs oder mithilfe der Oberschenkellappen-Technik

  • Sulcus-Coronarius-Plastik (Glans-Plastik): Eichelnachbildung

  • Skrotumkonstruktion: Aufbau des Hodensacks

Zusätzlich kann eine Erektionsprothese implantiert werden, um das Glied beim penetrierenden Geschlechtsverkehr versteifen zu können. Dafür wird eine Pumpe eingesetzt, die nach dem Eingriff vorerst sechs bis acht Wochen abheilen muss, bis eine Benutzung - natürlich nach Einweisung - möglich ist.

Kann man als Transmann noch schwanger werden?

Klare Antwort: Ja! Beispiel sind auch das damals sehr bekannte Paar Esteban Landrau und Danna Sultana. Sofern die dafür vorgesehenen Geschlechtsorgane - in dem Fall Gebärmutter und Vagina - noch vorhanden sind, ist dies kein Probem. Umgekehrt können auch Transfrauen vor einer geschlechtsangleichenden Operation mit ihrem Penis und Hoden zeugungsfähig sein. Dies ist ebenso während einer Hormontherapie möglich.

Bis 2011 mussten sich Transgender in Deutschland sterilisieren lassen, wenn eine Geschlechtsanpassung vorgenommen und das Geschlecht im Pass geändert werden sollte. In Belgien, Finnland, Litauen, Lettland, Tschechien, Slowakei, Slowenien, Luxemburg, Frankreich, Rumänien, Kroatien, Bulgarien und Griechenland ist eine Sterilisation immer noch Bedingung für eine offizielle Geschlechtsumwandlung.

Ist es möglich, eine Detransition durchzuführen?

Wie der Begriff bereist ahnen lässt, ist eine Detransition - auch unter Retransition bekannt - das Rückgängigmachen der geschlechtlichen Umwandlung. Um ein bis zwei Prozent aller Menschen wollen nach hormonellen und chirurgischen Maßnahmen zur Anpassung an das Gegengeschlecht wieder zurück in ihren ursprünglichen Körper. Gründe kann es viele geben: Diskriminierung, Transphobie oder schlichtweg ein großer Irrtum.

"Bei der Detransation ist es möglich, die Umwandlung mit einer Hormonsubstitution rückgängig zu machen, auch, wenn die hormonbildenden Geschlechtsorgane operativ entfernt wurden", vertieft Dr. Ulrike Kaufmann die Thematik. Der ursprüngliche Geburtsname - welcher vorher noch als sogenannter "Deadname" galt - und alte Pronomen können ebenso wieder angenommen werden. Sollte eine Frau, die zeitweise als Transmann gelebt hat, Gesichtsbehaarung bekommen haben, kann dies nicht rückgängig gemacht werden.

Auch die durch Testosteron ausgelöste Vertiefung der Stimme bleibt. Die Menstruation kann allerdings zurückkommen - Fertilität hingegen ist nicht garantiert. Geschlechtsangleichende Operationen an den Genitalien können in der Regel nicht rückgängig gemacht werden.

Transgender im Alltag: Wie ist das?

Es ist ziemlich eindeutig, dass wir in einer sehr binär-denkenden Gesellschaft leben. Was ist typisch Frau? Was ist typisch Mann? Dieser Aspekt ist gerade während der Transition schwierig, da eine Person hier eventuell "männliche" und "weibliche" Merkmale aufweist - und das Aussehen, unser Geschlechtsausdruck, nun einmal das ist, was zuerst wahrgenommen wird.

Dementsprechend kommt es häufig vor, dass Transgender in einem Geschlecht wahrgenommen werden, dem sie sich selbst nicht zuordnen. Stichwort: Toiletten. Da es viel zu wenig Unisex-Toiletten gibt, bekommt man hier gerne den einen oder anderen bösen Blick zugeworfen und wird ausgegrenzt. Ein Leiden unter einer falsch angenommenen Geschlechtsidentität wird übrigens Geschlechtsdysphorie genannt.

Wann werden welche Pronomen benutzt?

Vor allem zu Beginn der Transition werden trans*-Menschen häufig mit den falschen Pronomen angesprochen. Ein solches Missgendern kann eine starke emotionale Belastung für die Betroffenen sein, Traumata auslösen und hindert die freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit. Falls du die Pronomen deines Gegenübers nicht kennst, frag lieber einmal mehr nach, ob jemand mit she/her bzw. sie (weiblich gelesen) oder he/him bzw. er (männlich gelesen) angesprochen werden möchte. Gender-Pronomen können auch wechseln!

  • er/ihm (he/him): männliche Geschlechtsidentität

  • sie/ihr (she/her): weibliche Geschlechtsidentität

  • xier, die oder em (they/them): nicht-binäre, neutrale oder unbekannte Geschlechtsidentität

  • she/they: sowohl weibliche als auch nicht-binäre Geschlechtsidentität

  • he/they: sowohl männliche als auch nicht-binäre Geschlechtsidentität

Auch die allgemeine Wortwahl ist wichtig. Sätze, die du bitte nicht benutzen solltest:

  • "XY war früher ein Junge/Mädchen,"

  • "XY wurde im falschen Körper geboren."

  • "Wie lautet dein richtiger, alter Name?"

Tipp: Stattdessen kannst du beispielsweise sagen: "xy wurde als Junge/Mädchen großgezogen" - denn Transfrauen und Transmänner waren schon immer Frau und Mann, wenn auch nicht biologisch gesehen.

Diskriminierung und Transphobie: Transgender wird nicht überall anerkannt

Obwohl der Schritt, sich zu outen, erleichternd sein sollte, ist er gleichzeitig auch nervenaufreibend und oft mit negativen Erfahrungen verbunden. Fehlendes Wissen - nicht jede:r profitiert von ausreichend Aufklärung - ist eine Sache, zu Gewalt und bewusster Diskriminierung sollte es aber niemals kommen. In der Realität sieht das leider anders aus: Transphobie existiert.

Transphobie ist die Angst oder Abneigung gegenüber trans*-Personen und Ablehnung derer Geschlechtsidentität. Die World Health Organization (WHO) hat ironischerweise sogar dazu beigetragen: Transidentität galt bis 2019 als psychische Störung. Daraus resultier(t)e beispielsweise Mobbing am Arbeitsplatz und eine unzureichende medizinische Versorgung.

Es liegt in unseren Händen, immer und überall Aufklärungsarbeit zu leisten, damit wir ohne Angst in einer toleranten und diversen Welt leben können. Ein Anfang wäre eine Beteiligung am "International Transgender Day of Visibility", welcher jährlich am 31. März stattfindet. Wenn deine Großmutter aufgrund ihres Alters uninformiert ist, ist es deine Verantwortung, ihr Ungerechtigkeiten aufzuzeigen. Wenn nicht wir, wer dann?

5 geoutete Prominente wie Kim Petras, die als Vorbilder gelten

Heutzutage ist man vergleichsweise offener bezüglich LGBTQIA+ relevanten Themen - mehr und mehr (prominente) Personen wie Caitlyn Jenner oder Elliot Page sprechen auf ihren sozialen Kanälen über ihre eigenen Erfahrungen. Dieser "plötzliche" Schwall an Coming Outs wirkt für viele leider wie eine nicht ernstzunehmende Phase.

Es stimmt zwar, dass sich vermehrt Leute zu ihrer Geschlechtsidentität äußern - das liegt aber an der voranschreitenden Inklusion und modernen Maßnahmen. Denkt dran, Transgender sind keine Modeerscheinung der Neuzeit. Der Unterschied zu heute: Unsere Generation darf sich trauen, das Leben zu leben, welches sie verdient.

Caitlyn Jenner

Caitlyn Jenner hat sich im April 2015 als Transfrau geoutet. Was viele nicht wissen: Die Jenner-Mutter wollte bereits in den 1980ern eine Geschlechtsangleichung machen lassen, lernte dann jedoch Kris Jenner (damals Kardashian) kennen. Das Paar heiratete 1991.

Im Juni 2015 wurde Caitlyn von der Starfotografin Annie Leibovitz für die Titelseite der Zeitschrift Vanity Fair abgelichtet - und das als Frau. Gleichzeitig gab sie ihren jetzigen Vornamen bekannt. Zu ihren Operationen zählen Nasenoperation, Brustvergrößerung, Luftröhrenrasur, Kieferumformung, Bartentfernung und eine Geschlechtsangleichung.

Alex Mariah Peter

Die Show "Germany's Next Topmodel" setzt seit einigen Staffeln stark auf Diversität, was 2021 durch die Siegerin der 16. Staffel verstärkt wurde: Influencerin Alex Mariah Peter war zwar nicht die erste Transgender-Kandidation - man denke an Giuliana Farfalla oder Pari Roehi - dafür aber die erste Transgender-Gewinnerin.

Es war auch ein Zeichen an mich selber, dass ich kein anderer Mensch bin. Nur mein Äußeres hat sich meinem Inneren angepasst.

Alex Mariah PeterModel & Influencerin

Im April 2022 zeigte Alex erstmals ein Foto von vor ihrer Transition. Zwischen damals und jetzt liegt - das ist zumindest bestätigt - eine Hormontherapie, Brust-OP und Body-Feminization-OP. Für einen neuen Namen hätte sich das Transgender-Model damals bewusst nicht entschieden, sondern zu ihrem bisherigen nur den Zweitnamen Mariah hinzugefügt.

Elliot Page

Im Dezember 2020 gab der Schauspieler Elliot Page über seinen Instagram-Account bekannt, Transgender zu sein und männliche Pronomen zu verwenden. "They", wie es oft im Englischen heißt, wäre ebenso in Ordnung.

In der Hitserie "Umbrella Academy" spielte Elliot ursprünglich Vanya Hargreeves. Um seine Transition auch in die Sendung zu integrieren, entschied sich Showrunner Steve Blackman dazu, seinen Charakter zu Viktor Hargreeves umzubenennen.

Laverne Cox

Mit ihrer Rolle als trans*-Gefangene Sophia Burset in der Serie "Orange Is the New Black" war Schauspielerin Laverne Cox die erste Transgender-Person, die für einen Primetime Emmy Award in einer Schauspielkategorie nominiert wurde. 2015 gewann sie einen Daytime Emmy Award. Noch im selben Jahr wurde bei Madame Tussauds in San Francisco eine Wachsfigur von ihr aufgestellt - die allererste Transfrau des beliebten Museums.

Kim Petras

Kim Petras ist Sängerin und sowohl national als auch international bekannt. Dass sie Transgender ist, wissen viele nicht. Mit fünf Jahren äußerte Kim den Wunsch, ein Mädchen sein zu wollen - sieben Jahre später startete sie eine Hormontherapie, die zuerst die mit der Pubertät verbundene Mannwerdung stoppte und die Entwicklung zur Frau einleitete.

2006 war sie Gast in der VOX-Fernsehsendung "Mann oder Frau?" und bat öffentlich um eine vorgezogene Operation zur Geschlechtsangleichung. 2008 wurde diese durchgeführt, was Kim zur jüngsten trans*-Person mit einem solchen Eingriff machte. Heute verzaubert uns die Grammy-Gewinnerin mit ihrer Musik - darunter auch der bekannte Song "Unholy" im Feature mit Sam Smith.

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