
In jeder WOMAN-Ausgabe geben unsere Redakteurinnen Antworten auf drei (un)wichtige Fragen, dieses Mal: Wie, du trinkst nichts?
Die Stimmung auf der Geburtstagsparty ist ausgelassen. Happiest happy Birthday! Man prostet einander fröhlich zu. Und da ist sie auch schon wieder, diese eine Frage: "Und du? Trinkst du nichts?" Selbst wenn sie noch so beiläufig gestellt wird, mein Gute-Laune-Pegel sinkt in der Sekunde gegen null. Ich habe sie zu oft gehört. Nein, ich trinke nicht. Warum sollte ich? Und warum muss ich darauf überhaupt antworten?, denke ich und sage stattdessen ein simples: "Nö." Damit gibt sich mein Gegenüber natürlich nicht zufrieden: "Warum? Nur ein Sekt-Orange. Da ist doch nichts dabei. Oder hast du einen Grund?" Ob der etwas an den Ohren hat? Oder was stimmt sonst nicht mit ihm? Dieses Insistieren ist einfach nur nervig. Wer in unserer Gesellschaft steigende Promille verweigert, fällt auf und wird kritisch begutachtet. Paradox: Wer aufhört, zu rauchen, wird gefeiert. Wer aufhört, zu trinken, wird verdächtigt, ein Problem mit Alkohol zu haben. Wie muss sich erst ein trockener Alkoholiker fühlen, wenn er sich ständig für sein Glas Fruchtsaft rechtfertigen muss? Oder Schwangere, die ihren Zustand noch nicht kommunizieren möchten und bei jedem Schlückchen Wasser neugierig beäugt werden.
Klare Sache
Ich selbst habe nie Alkohol getrunken. Nicht, weil eine dogmatische Haltung dahintersteckt oder ich ein Statement setzen möchte. Er schmeckt mir einfach nicht. Punkt. Mehr gibt’s dazu nicht zu sagen. Zum Glück brauche ich keinen Alkohol, um mir Mut anzutrinken, lustig zu sein, Stress abzubauen oder Unsicherheit zu überwinden. Ich will mich jederzeit spüren, ohne jegliche Beeinträchtigung. Nicht falsch verstehen, ich bin alles andere als verkniffen. Und auf Partys die Erste, die am Dancefloor alles gibt. Das funktioniert auch im völlig trockenen Zustand.
Nüchtern betrachtet
Fest steht, Alkohol ist ein beliebtes soziales Schmiermittel und die am häufigsten konsumierte psychoaktive Substanz in Österreich. In einem gewissen Rahmen ist das auch völlig okay. Muss ja wirklich nicht sein, dass alle Hochprozentiges aus ihrem Leben eliminieren und nur noch am Früchtetee nippen. Jedoch übertreiben es damit laut einer Studie etwa 15 Prozent. Sie kippen Bier, Wein und Co. in einem gesundheitsgefährdenden Ausmaß in sich rein. Davon knapp doppelt so viele Männer als Frauen. Interessant und erfreulich ist hingegen, dass der Alk-Konsum bei Jugendlichen weltweit zurückgeht. Expert:innen finden für diesen Trend einen originellen Grund. So würde bei den Youngsters die hohe Bedeutung von Social Media die Angst schüren, im nebulosen Zustand irgendeinen Schwachsinn online zu stellen oder zu kommentieren. Wenn das als Anreiz genügt, ein Prösterchen auf die sozialen Medien. Natürlich mit Wasser oder Kindersekt.
Das Ideal wäre eine Co-Existenz zwischen jenen, die sich ab und zu einen Schluck Alkohol gönnen, und jenen, die, warum auch immer, darauf verzichten. Bei mir knallen zu Silvester auch die Korken von Null-Promille-Sekt, auf dem Weihnachtsmarkt gibt es Kinderpunsch statt Glühwein, und abends genießt der Beste ab und zu ein Glas Wein, während ich ein Häferl Milch schlürfe. Ich möchte Alk-Abstinenz leben können, ohne mich für meine Nüchternheit rechtfertigen zu müssen. Der wahre Genuss ist doch, wie und mit wem man Zeit verbringt, und nicht, was man dabei trinkt.